Kinder müssen stark sein

Das vierte Jahr „Kita 2020“: Kinder können gewaltfrei durchs Leben gehen, wenn sie ohne Schaden Verletzungen durchstehen

Kinder müssen stark sein

Christiane Vetter (rechts) im Gespräch mit Katja Döz von der Murrhardter Kita Hörschbach über die Erfahrungen bei Kita 2020. Foto: A. Palmizi

Von Pia Eckstein

WAIBLINGEN. Das vierte Jahr läuft es jetzt, das viel gelobte Projekt „Kita 2020“ der Initiative Sicherer Landkreis. Elf Kitas und Kindergärten aus dem Rems-Murr-Kreis waren in diesem Kindergartenjahr mit dabei. Um Gewaltprävention geht es. Und beim Fachtag im Zeitungshaus um die Frage: Wie kann ich Kinder so stark machen, dass sie im Konflikt nicht zu Gewalt greifen müssen?

In diesem Kindergartenjahr – es startete nach den Sommerferien 2017 und geht bis zum Ferienbeginn 2018 – wurden insgesamt elf Kitas oder Kindergärten aus dem gesamten Rems-Murr-Kreis begleitet. Ein ganzes Jahr lang war dort jeweils eine Fachkraft mit im Team, die ihr Hauptaugenmerk auf eine ganz spezielle Sache legte: In welchen Situationen entsteht Gewalt, was liegt ihr zugrunde und wie müssen sich Kinder und Erzieherinnen verhalten, damit die kritische Situation das nächste Mal ohne Gewalt über die Bühne geht?

Beim Fachtag im Zeitungshaus Waiblingen, der schon das Ende des Projekts für die beteiligten Kitas einläutete, sprach Projektbegleiterin Bettina Frey von „Resilienz“. Was aber soll das sein, dieses Fremdwort, dieser Fachbegriff? In ihm steckt letztlich ein Paradoxon: Resilienz meint die Fähigkeit, unverwundbar zu sein, obwohl jedes Kind im Leben viele Verletzungen wegstecken muss. Das, sagte Bettina Frey, könne man die Kinder lehren. Kinder können lernen, mit belastenden Erfahrungen fertigzuwerden, Erkenntnisse daraus zu ziehen und sogar daran zu wachsen. Die wichtigste Voraussetzung, damit ein Kind eine solche Kraft entwickeln kann, ist die viel beschworene Bindung. Ein Kind braucht jemanden, der da ist, der unterstützt. Dann kann ein Kind alles durchstehen. Das müssen im Übrigen nicht die Eltern sein. Fallen diese aus welchen Gründen auch immer aus, können auch Freunde, Nachbarn, Erzieherinnen, Lehrer oder Verwandte helfen. Resilienz entsteht durch Vorbilder: Kinder lernen von anderen, mit Stress, mit Streit, mit Problemen umzugehen. Haben sie jemanden, der es gut vormacht, dann entwickeln sie positive Handlungs- und Orientierungsmuster. Das heißt: Kinder brauchen einen Beziehungsalltag. Und das heißt auch: Das Leben in der Kita ist sehr wichtig. Bettina Frey verglich den Begriff „Resilienz“ mit einem Schwamm. Er ist in seiner Form perfekt. Doch manchmal wird er ganz fürchterlich zusammengedrückt, gequetscht, verdreht, malträtiert. Lässt der Druck aber nach, sieht der Schwamm wieder aus wie zuvor. Er ist widerstandsfähig, hat Spannkraft, ist elastisch und belastbar. Damit Kinder, auch wenn sie nicht nur Sonnentage durchleben, auch so unverletzt durchs Leben gehen, müssen sie diese Fähigkeiten auch haben. Das Gute ist: Sie können sie lernen.