Die Befestigung der Zwischendecke aus Holz der katholischen Kirche am Ebersberg ist es, die Pfarrer Thomas Müller (links) sowie den beiden Kirchengemeinderäten Regine Pscheidl und Dieter Hindl derzeit großes Kopfzerbrechen bereitet. Fotos: A. Becher
Von Florian Muhl
AUENWALD. Die Nachricht, mit der niemand in der katholischen Kirchengemeinde Auenwald-Althütte gerechnet hat, ist noch frisch. Um genau zu sein: sechs Tage jung. Der Schock bei Pfarrer Thomas Müller und der gewählten Vorsitzenden des Kirchengemeinderats Regine Pscheidl sowie Dieter Hindl, ebenfalls Kirchengemeinderat und Mitglied des Bauausschusses, ist noch nicht überwunden. Mehr oder weniger durch Zufall ist entdeckt worden, dass die Befestigung der Zwischendecke fehlerhaft ist und deswegen Teile davon herabfallen könnten. Die Konsequenz: Die Kirche wurde umgehend geschlossen und die Kirchengemeinde hat Kirchgänger und Medien informiert (siehe Kasten). Noch wissen die Verantwortlichen nicht genau, wie es mit der Kirche weitergeht. Nur eines kann Pfarrer Müller schon sagen: „Es wird bis weit ins Jahr 2022 dauern, bis unsere Kirche wieder öffnen kann.“
Was war geschehen? Der Reihe nach. Schon seit vielen Jahren ist die Bewahrung der Schöpfung für die Kirchengemeinde Auenwald-Althütte ein christliches Leitmotiv. „Innerhalb der Kirche ein wichtiges Thema“, sagt Pscheidl. Der Umweltschutzgedanke spielt eine große Rolle. So habe die Kirche am Ebersberg eine Art Vorreiterrolle übernommen, denn sie war eine der ersten im Kreis, als vor genau 20 Jahren auf dem Dach eine Fotovoltaikanlage zur Stromerzeugung installiert wurde. Sieben Jahre später kam eine zweite und wesentlich leistungsstärkere hinzu. Eine Tafel vor der Kirche zeigt in Echtzeit, wie viel Strom gerade erzeugt und wie viel CO2 am Ende dadurch eingespart wird.
„Wir gehen mit unserer Umwelt verantwortungsvoll um.“
„Wir haben für uns gesagt: Wir gehen mit unserer Umwelt verantwortungsvoll um“, sagt Hindl. „Und die Ölheizung, die jetzt gerade ihren Dienst verrichtet, ist für unseren Gebrauch alles andere als verantwortungsvoll. Da wird halt die Hälfte sinnlos verheizt, weil die Anlage veraltet und die Leitungsführung schlecht ist und zudem die Dämmung höchst unzureichend ist.“ Da sei es höchste Zeit gewesen, dass die Kirchengemeinde einigermaßen zeitgemäß investiert. Hindl formuliert das Ziel der energetischen Sanierung: „Wir wollen hier die Klimaneutralität erreichen.“
Finanziert werden sollte diese energetische Sanierung durch die Gewinne der Fotovoltaikanlagen. Denn diese sind nicht unerheblich. In den vergangenen 20 Jahren summierten sich die Einnahmen durch die Stromerzeugung der beiden Anlagen auf dem Dach der Kirche in Ebersberg sowie der katholischen Kirche in Althütte, wo die Fotovoltaikanlage seit etwa acht Jahren ihren Dienst tut, auf insgesamt rund 100000 Euro. Dieser angesparte Betrag ist allerdings zweckgebunden. Letztlich hat dann der Ausschuss Kirchliches Umweltmanagement (Kirum), an dessen Spitze Reinhard Muth stand, den Sanierungsprozess angestoßen. Startschuss war dann vor drei Jahren. „Da wurde das Gutachten in Auftrag gegeben, bei einem Ingenieur aus dem Raum Backnang, der sich auf solche energetischen Belange spezialisiert hat“, sagt Pscheidl. „Er hat dann ein sehr aufwendiges Gutachten betrieben.“ Und Hindl ergänzt schmunzelnd: „Er hat uns 157 Seiten geliefert.“
Vor einem Jahr lag dieses umfangreiche Werk vor. Darin enthalten ein Maßnahmenkatalog von neun Punkten. Er hatte auch Zuschussmöglichkeiten aufgelistet. „Wir haben auch den Antrag schon an die Diözesanleitung weitergeleitet“, sagt Pscheidl. Allerdings hatte sich das Gutachten nur auf das Gemeindezentrum bezogen und der Kirchengemeinderat hatte beschlossen, auch noch die Kirche mit einzubeziehen, weil allein die Kirche knapp die Hälfte des Gesamtenergiebedarfs verbraucht.
„Der Auslöser für das aktuelle Problem waren Voruntersuchungen durch den Architekten und einen Statiker beziehungsweise Tragwerksplaner im Dach im Zuge dieser energetischen Komplettsanierung“, erklärt Hindl. Über der Zwischendecke liege eine „klassische Nachkriegsdämmschicht von läppischen vier Zentimetern aus Glaswolle“, die bereits zerfalle. Direkt unter den Dachziegeln ist keine Dämmung. Bei der Überprüfung, ob das Dach überhaupt eine Dämmung heutigen Standards tragen könne, sei die Überraschung beim Statiker groß gewesen, wie filigran der Dachstuhl ausgeführt ist. „Das ganze Dach hängt nur an insgesamt vier plus einem zusätzlichen kleinen Stahlfachwerkbindern“, erläutert Hindl. Dann hat man in den original Bauunterlagen festgestellt, dass dem Statiker damals ein Fehler in der Lastannahme passiert ist. Kurz: Die Tragkraft hat keine Reserven mehr. Eine weitere Überprüfung der Tragkraft wird derzeit durchgeführt. Viel schlimmer allerdings fiel eine weitere Überprüfung der Zwischendecke aus. Dabei hat der Statiker dieser Tage festgestellt, dass die Rahmenschenkel, das sind Kanthölzer, an denen die Sichtbretter der Decke montiert sind, ihrerseits nur mit zwei Nägeln von unten an den robusten Längsträgern beziehungsweise Fetten befestigt sind. Und die haben sich an einigen Stellen gelöst. Der Statiker geht von bis zu 30 Prozent fehlerhafter Verbindungen aus. „Die müssten geschraubt oder mit Winkeln befestigt sein“, sagt Hindl. Der Statiker hat darauf hin Alarm geschlagen und die Verantwortlichen haben sofort die Kirche geschlossen.
Wie es weitergeht und was alles kosten wird? Das sind derzeit noch große Fragezeichen. Hindl zieht ein Fazit: „Das Ganze wirft jetzt natürlich unser energetisches Sanierungskonzept völlig über den Haufen. Und Pfarrer Müller meint: „Uns trifft’s jetzt besonders, weil die Kirche hier in der Corona-Zeit wegen ihrer Größe die meist genutzte Kirche in unserer Seelsorgeeinheit ist.“ Zur Seelsorgeeinheit gehören auch die Gemeinden Weissach und Allmersbach im Tal. Heute Abend berät der Kirchengemeinderat darüber, wie und wo die nächsten Gottesdienste abgehalten werden.
Der nächste Gottesdienst findet am kommenden Sonntag um 9 Uhr in der Martinskirche in Allmersbach im Tal statt.
Von außen sieht sie fast wie neu aus: Die 60 Jahre alte „Herz Jesu“-Kirche am Ebersberg.
Eigentlich wollte die katholische Kirchengemeinde Auenwald-Althütte dieses Jahr das 60-jährige Bestehen der „Herz Jesu“-Kirche am Ebersberg feiern. Doch die Kirchengemeinde muss ab sofort aus Sicherheitsgründen ihre Kirche für Besucher schließen!
Bei der Vorbereitung der Planungen zu einer umfangreichen energetischen Sanierung des Gemeindezentrums wurde auch die Bausubstanz der Kirche genauer unter die Lupe genommen, vor allem das Dach und die Zwischendecke. Ein Fachmann hat dabei leider festgestellt, dass einige Verbindungen in der Holzkonstruktion der Zwischendecke nicht mehr zuverlässig halten und sich unter Umständen ganz lösen können.
Da nicht hundertprozentig auszuschließen ist, dass Teile der Zwischendecke herabfallen könnten, ist ein weiterer Betrieb der Kirche nicht möglich. Bis die Schäden im Dach behoben sind, können somit keine Gottesdienste mehr in der Kirche stattfinden.