Kita-Besuch nur noch mit Masernschutz

Die Umsetzung des Bundesgesetzes verläuft derzeit in den Kommunen in Backnang und Umgebung nahezu reibungslos

Am 1. März tritt das Masernschutzgesetz in Kraft. Kinder, die in einer Kindertageseinrichtung betreut werden, müssen gegen Masern geimpft sein. Neuaufnahmen sind ab nächstem Monat nur noch mit einem entsprechenden Nachweis möglich. Für die Kleinen, die schon im Kindergarten sind, gilt eine Übergangsfrist. Obwohl einige Eltern diesem Gesetz durchaus kritisch gegenüberstehen, sind aus den Gemeinden in Backnang und Umgebung bisher keine Probleme bekannt.

Kita-Besuch nur noch mit Masernschutz

Ab März werden in den Tageseinrichtungen nur noch Kinder aufgenommen, die gegen Masern geimpft sind. Foto: Adobe Stock/Zerbor

Von Ingrid Knack

BACKNANG. Im Rems-Murr-Kreis gab es im Jahr 2015 vier Masernfälle, 2016 und 2017 keine, im Jahr 2018 drei Fälle und 2019 einen Fall, weiß Leonie Ries, Pressesprecherin des Landratsamts Rems-Murr-Kreis. Durch die Erhöhung der Impfquote in ganz Deutschland soll die Infektionskrankheit hierzulande mittelfristig ausgemerzt werden, so der Hintergrund des Bundesgesetzes. Die Impfpflicht beziehungsweise der erforderliche Nachweis über den Immunstatus bezieht sich deshalb freilich nicht nur auf Kinder, die Kitas besuchen, sondern beispielsweise auch auf Schüler, Lehrer, Erzieher, Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten, auf Tagesmütter sowie Bewohner und Mitarbeiter in Asylbewerber- und Flüchtlingsunterkünften. Allerdings gilt für zahlreiche Betroffene bis zum 31. Juli 2021 eine Übergangsfrist.

Eines aber ist ab 1. März Fakt: Nicht geimpfte Kinder werden nicht mehr in die Kindergärten aufgenommen. Denn niemand ist verpflichtet, einen solchen zu besuchen. Bei Schülern ist die Lage schon komplizierter. Nicht geimpfte Schüler vom Unterricht auszuschließen, ist nicht möglich. Die Schulpflicht steht über der Impfpflicht. Wenn der Impfnachweis oder der Nachweis des Immunstatus von einem Schulpflichtigen nicht vorgelegt wird, muss die Schulleitung das zuständige Gesundheitsamt informieren.

Impfpflicht widerspricht nicht Rechtsanspruch auf Kita-Platz

Bei alledem stehen auch Bußgelder im Raum: „Es liegt im Ermessen der zuständigen Behörde, ob sie ein Bußgeld verhängt. Die Leitung einer Einrichtung, die entgegen der gesetzlichen Verbote eine Person betreut oder beschäftigt oder im Falle einer Benachrichtigungspflicht die Gesundheitsämter nicht informiert, muss mit einem Bußgeld bis zu 2500 Euro rechnen. Das gilt auch für Personen, die den Nachweis trotz Anforderung des Gesundheitsamts nicht innerhalb einer angemessenen Frist vorlegen“, so das Bundesgesundheitsministerium. Neben oder alternativ zum Bußgeld könne sogar ein Zwangsgeld in Betracht kommen. Insofern sei auch nach einer Bußgeldzahlung noch ein Druckmittel vorhanden. Doch wer überprüft das? Leonie Ries dazu: „Wie dieser Prozess genau abläuft, das wird derzeit noch geklärt.“

Übrigens widerspricht die Impfpflicht nicht dem Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Dazu formulierte das Bundesgesundheitsministerium: „Wenn der Träger der öffentlichen Jugendhilfe einen bedarfsgerechten Betreuungsplatz nachweist, ist der Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege bereits durch diesen Nachweis erfüllt. Das gilt auch, wenn das Kind wegen des fehlenden Nachweises über die Masernschutzimpfungen nicht betreut werden kann.“

Die Umsetzung des Gesetzes ist für die Kommunen (und natürlich auch für alle anderen betroffenen Institutionen) mit einem Mehr an Verwaltungsaufwand verbunden. Entsprechende Formulare heißt es zu erstellen und Briefe an die Eltern zu schreiben. Dies ist mittlerweile in den Kommunen in Backnang und Umgebung geschehen, das Murren von Impfkritikern bewegt sich im Pianobereich. Bürgermeister Christoph Jäger aus Großerlach bringt seine Erfahrungen in den vergangenen Wochen mit diesem Thema so auf den Punkt: „Stand jetzt: Unaufgeregt.“ Dies sei aber erst der Anfang.

Christine Bärwald aus Kirchberg an der Murr, die auch für organisatorische Kindergartenangelegenheiten zuständig ist, hat, wie dies fast überall der Fall ist, unterschiedliche Reaktionen gehört. Eine Mutter habe geäußert, es sei Zeit gewesen, eine Impflicht in Bezug auf Masern einzuführen. Eine andere Mutter überlege noch, ob sie ihr Kind impfen lasse oder nicht. Bärwald weist zudem auf Folgendes hin: Sollten Kinder, die noch vor Ablauf der Übergangsfrist den Kindergarten verlassen, nicht geimpft sein, muss sich die Schule darum kümmern.

Bärwald lässt darüber hinaus wissen, dass nur die Betreuungskräfte, die nach 1970 geboren wurden, einen vollständigen Impfschutz nachweisen müssen. Bei früheren Jahrgängen ist anzunehmen, dass die Krankheit als Kind durchlebt worden und deshalb eine lebenslange Immunisierung gegeben ist. Laut Robert-Koch-Institut ist die Masernschutzimpfung 1970 in der DDR und 1973 in der Bundesrepublik eingeführt worden.

Auch in Allmersbach im Tal geht alles seinen geregelten Gang, ist der Tenor der Aussagen von Hauptamtsleiterin Patrizia Rall in Sachen Impfpflicht: „Im Moment ist es relativ entspannt“, sagt sie. Ähnliches können beispielsweise auch Astrid Szelest aus Backnang, die das Amt für Familie, Jugend und Bildung stellvertretend leitet, der Aspacher Hauptamtsleiter Philip Sweeney, Bürgermeister Armin Mößner aus Murrhardt, Bürgermeister Uwe Bossert aus Spiegelberg, Bürgermeister Reinhold Sczuka aus Althütte und Bürgermeister Bernhard Bühler aus Oppenweiler berichten. Wobei Bühler durchaus schon kritische Töne zu Ohren gekommen sind. Aber: „Uns sind die Hände gebunden. Da müssen wir hart durchgreifen“, erklärt er. Manchmal, so die Erfahrung Bühlers, werden auch Unverträglichkeiten gegen Bestandteile des Impfstoffs ins Feld geführt. Bühler hält es da mit der Empfehlung des Robert-Koch-Instituts: Fragen zu allergischen Reaktionen und andere Fragen sollten mit dem Arzt besprochen werden.

„Für die Impfung gegen Masern stehen in Deutschland aktuell ausschließlich Kombinationsimpfstoffe (Mumps-Masern-Röteln – MMR – beziehungsweise Mumps-Masern-Röteln-Varizellen-Impfstoffe – MMRV) zur Verfügung“, schreibt das Bundesgesundheitsministerium auf seiner Homepage. Auch diesbezüglich wird derzeit diskutiert, ob man die zusätzlichen Gegenstoffe akzeptieren muss.

Info

„Impfungen zählen nach wie vor zu den wichtigsten und wirksamsten Präventionsmaßnahmen, die in der Medizin zur Verfügung stehen. Dabei geht es nicht nur darum, den Geimpften vor einer ansteckenden Krankheit zu schützen. Indirekt schützen Impfungen aber auch diejenigen Mitbürger, die nicht geimpft werden können. Die Eliminierung von Masern, Röteln und Poliomyelitis ist dabei ein wichtiges Ziel der internationalen Gesundheitspolitik. Wir beobachten, dass noch zu wenige Eltern ihren Kindern die zweite Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln geben. Dies wäre aber nötig, um einen sicheren Impfschutz zu erreichen. Und auch, um Infektionskrankheiten wie Masern, die schwere Gesundheitsschäden zur Folge haben können, völlig zurückzudrängen, ist der vollständige Impfschutz bei jedem Einzelnen notwendig“, so Pressesprecherin Leonie Ries vom Landratsamt Rems-Murr.

Eltern sollten laut Leonie Ries bei jeder Entscheidung zur Impfung ihrer Kinder bedenken, dass auch vermeintlich als harmlos angesehene Kinderkrankheiten wie Masern oder Mumps gravierende Folgen haben können. „Das Risiko, an einer schweren Impfnebenwirkung zu erkranken, ist dagegen äußerst gering. Moderne Impfstoffe sind gut verträglich und unerwünschte Nebenwirkungen werden nur in sehr seltenen Fällen beobachtet.“