Klarer Plan für die Klimaneutralität an Rems und Murr

Die Kreisverwaltung hat einen Maßnahmenkatalog vorgelegt, mit dem sie bis 2030 klimaneutral werden möchte. Eine zentrale Rolle spielen dabei energetische Sanierungen. Das Vorgehen verursacht dem Kreis jährlich Mehrkosten von etwa 5,4 Millionen Euro.

Klarer Plan für die Klimaneutralität an Rems und Murr

Im Laufe des Jahres soll das Dach des Landratsamts in Backnang saniert werden.Foto: Alexander Becher

Von Lorena Greppo

Rems-Murr. Bereits 2019 hat sich der Rems-Murr-Kreis das Ziel gesetzt, die kreiseigenen Liegenschaften sowie die Verwaltungsgebäude der Kreisbaugruppe und der Abfallwirtschaft bis 2030 klimaneutral zu betreiben. 2021 wurde das Projekt auf die Rems-Murr-Kliniken, die Berufs- und Sonderschulzentren, die Straßenmeistereien sowie die Sonderflächen auf den Deponien der AWRM ausgeweitet. „Nun wird es sehr konkret“, sagte Landrat Richard Sigel. Denn im Umwelt- und Verkehrssauschuss des Kreistags wurde gestern der Nachhaltigkeitsreport 2022 vorgestellt, der den aktuellen Stand der Dinge beleuchtet und aufzeigt, was noch getan werden muss, um das Ziel zu erreichen.

Die gute Nachricht dabei lautet: Die Klimaneutralität der Kreisverwaltung und der kreiseigenen Tochterunternehmen kann voraussichtlich ohne den Zukauf von Zertifikaten bis zum Jahr 2030 erreicht werden. Das wurde vom Gremium auch ausdrücklich gelobt. Die schlechte Nachricht: Dieses Unterfangen hat sich durch den deutlichen Kostenanstieg im Bau- und Energiesektor im Vergleich zu den Vorjahren verteuert.

Die Umsetzung hat schon begonnen

Doch von vorne. Der Bericht, welchen die Kreisverwaltung gemeinsam mit dem Institut für Nachhaltige Energietechnik und Mobilität der Hochschule Esslingen ausgearbeitet hat, zeigt: Im Referenzjahr 2019 verzeichnete die Kreisverwaltung Emissionen von 5719 Tonnen CO2. Bei dieser Summe handelt es sich um einen Saldo, denn allein die Kliniken liegen mit Emissionen von 7857 Tonnen CO2 deutlich darüber. Durch eine regenerative Energieerzeugung der AWRM von 6415 Tonnen CO2-Äquivalenten wird ein Teil dessen wieder ausgeglichen. Auf Grundlage dieser Zahlen wurden Ziel- und Maßnahmenpakete definiert, um innerhalb der nächsten sieben Jahre von den gut 5700 Tonnen auf Null zu kommen.

„Mit der Umsetzung haben wir schon begonnen“, führte Finanzdezernent Peter Schäfer aus. Etwa 4,5 Millionen Euro seien im vergangenen Jahr für die energetische Sanierung verschiedener kreiseigener Gebäude aufgewendet worden, das habe eine Einsparung von jährlich 204 Tonnen CO2 gebracht. In ähnlicher Manier soll es nun weitergehen. Im laufenden Jahr sind 4,8 Millionen Euro an Investitionskosten vorgesehen, die wiederum eine Verbesserung von 244 Tonnen CO2 bewirken sollen.

„Wir kommen der Nulllinie sukzessive näher“, führte Schäfer aus. Allerdings koste dies statt – wie ursprünglich geplant – 42 Millionen Euro voraussichtlich 75 Millionen Euro – das entspreche jährlichen Mehrkosten von etwa 5,4 Millionen Euro. Allerdings, führte der Finanzdezernent aus, vergrößere sich aufgrund der gestiegenen Energiepreise auch das Einsparpotenzial deutlich von 3,5 Millionen Euro auf 5,25 Millionen Euro im Jahr. Statt dass sich die Investitionen – wie ursprünglich geplant – in zwölf Jahren amortisieren, geht die Kreisverwaltung nun von einem Zeitraum von 14 Jahren aus. Unbenommen lautet für Schäfer das Fazit: „Die Maßnahmen machen auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten Sinn“, ganz zu schweigen von ihrem ökologischen Wert. Somit sei der Klimaschutz auch ein wesentlicher Bestandteil der nachhaltigen Haushaltskonsolidierung.

Wohnungsbestand ist nicht inbegriffen

Weil die Voraussetzungen ständig im Wandel sind, soll auch der Bericht immer wieder angepasst und jährlich im Gremium präsentiert werden. Nicht in dieser Betrachtung inbegriffen ist allerdings der Wohnungsbestand der Kreisbaugruppe. Da dieser in den privatwirtschaftlichen Bereich falle, passe er nicht in das Konzept, so der Landrat. Er machte aber auch kein Geheimnis daraus, dass es an jener Stelle unmöglich sei, die Klimaneutralität bis 2030 zu erreichen. Vor allem den Altbestand den Anforderungen entsprechend umzugestalten, sei schwierig. Aktuell gehe man vom Zieljahr 2042 aus. „Und auch das wird eine Mammutaufgabe“, fügte Sigel an.

Klaus Riedel, Fraktionsvorsitzender der SPD, machte noch einmal die Bedeutung des Ziels deutlich: „Wir müssen jetzt durchstarten, sonst wird es noch viel teurer und schmerzhafter.“ Christoph Jäger (CDU) wies aber auch auf die Schwierigkeiten hin, welche die Mehrkosten anderswo verursachen: „Je mehr der Landkreis für die Maßnahmen ausgibt, desto eher fehlt der eine oder andere Euro in den Kommunen.“ Er mahnte daher zur Effizienz.

Für den gesamten Landkreis war das Ziel ausgegeben worden, bis 2035, spätestens aber bis 2040, klimaneutral zu werden. Darauf hat die Kreisverwaltung allerdings wenig Einfluss. Sigel machte deutlich, dass es dafür auch noch an einem eigenen Nachhaltigkeitsreport fehle. Manche Kommunen hätten bereits damit begonnen, das Ziel auf einzelne, konkrete Maßnahmenpakete herunterzubrechen. Der Landrat warnte zugleich davor, dass das Vorhaben, hier möglichst gut dazustehen, zu einem Wettlauf führt. Schließlich arbeite die kommunale Familie an einem gemeinsamen Ziel. Mit dem einstimmig beschlossenen Plan zur Klimaneutralität der Kreisverwaltung hat diese nun den ersten Schritt getan.

Investitionen im laufenden Jahr

Pläne Für das Geschäftsjahr 2023 sind energetische Sanierungsmaßnahmen sowohl im Bereich der Berufs- und Sonderschulzentren wie auch bei den Verwaltungsliegenschaften geplant.

Schulen Unter anderem ist die Fortführung der bereits begonnenen Fassadensanierung und die Lüftungserneuerung an dem beruflichen Schulzentrum in Backnang inbegriffen. Ebenso wird die Lüftungsertüchtigung am beruflichen Schulzentrum in Waiblingen weitergeführt und mit der Dachsanierung inklusive Installation eine Fotovoltaikanlage begonnen. Die Erweiterung der Fotovoltaikflächen und die Umstellung der Beleuchtung auf LED sind Teil des Sanierungskonzeptes im beruflichen Schulzentrum in Schorndorf. Bei den Kreissonderschulzentren in Murrhardt und Fellbach-Schmiden ist ebenfalls die Beleuchtungsumstellung auf LED in Planung.

Landratsämter Auch für die beiden Landratsämter in Waiblingen und Backnang ist die Beleuchtungsumstellung auf LED in Planung. In der Verwaltungsliegenschaft der Erbstetter Straße 56 und 58 in Backnang wird zusätzlich mit der Dachsanierung fortgefahren. Geplant ist hier auch eine Fotovoltaikanlage, die jedoch nicht im laufenden Jahr umgesetzt werden kann. Auch ein Anschluss an eine Fernwärmeversorgung durch die Biovergärungsanlage in Neuschöntal solle geprüft werden, so Landrat Richard Sigel.