„Kliniken sind der Fels in der Brandung“

Die Rems-Murr-Kliniken verkünden bei der Bilanzpressekonferenz einen positiven Jahresabschluss 2020, einen soliden Start ins Jahr 2021 und erfreuliche Zwischenstände bei den Weiterentwicklungen der Standorte Winnenden und Schorndorf.

„Kliniken sind der Fels in der Brandung“

Der fünfgeschossige Erweiterungsneubau des Rems-Murr-Klinikums Winnenden (rechts zwischen dem Verwaltungsgebäude vorne und dem Hauptgebäude) soll im nächsten Jahr in Angriff genommen werden. Er könnte 2024 in Betrieb gehen. Visualisierung: RMK

Von Matthias Nothstein

SCHORNDORF/WINNENDEN. „Gut durch die Krise – gemeinsam für unsere gesunde Zukunft“. Dieses Motto stand über der gestrigen Bilanzpressekonferenz der Rems-Murr-Kliniken gGmbH. In der Tat waren die Zahlen auch sehr erfreulich – und das war angesichts der Pandemie beileibe keine Selbstverständlichkeit. Aber das operative Ergebnis der beiden Krankenhäuser in Winnenden und Schorndorf belief sich 2020 immerhin auf über zweieinhalb Millionen Euro. Und für das laufende Jahr ist „trotz des unzureichenden Rettungsschirms“, so Klinikgeschäftsführer Marc Nickel, immer noch ein positives operatives Ergebnis möglich. Weshalb Nickel auch selbstbewusst erklärte: „Die Rems-Murr-Kliniken sind der Fels in der Brandung. Die Bürger können sich sicher sein, dass wir jederzeit für sie da sind.“

Gut durch die Krise sind der Rems-Murr-Kreis und die Kliniken vor allem deshalb gekommen, weil die Verantwortlichen frühzeitig reagiert haben und frühzeitig in stabile Strukturen investiert wurde. Ganz generell zielten Landrat Richard Sigel und Klinikgeschäftsführer Marc Nickel dabei auf die viel beschworene neue Medizinkonzeption ab, die schon vor Jahren beschlossen wurde, als Corona noch gar kein Thema war. Nickel erwähnte jedoch auch die neue Infektionsstation: „Sie wurde im vergangenen Sommer beschlossen und im Februar schon in Betrieb genommen. Das hat uns die Häuser sauber gehalten.“

Das operative Ergebnis 2020 verbessert sich mit 2,57 Millionen Euro um 2,44 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr (133000 Euro). Da jedoch auch die Darlehen für den Klinikneubau noch zurückbezahlt werden müssen, muss der Landkreis unterm Strich auch für das Vorjahr noch über 14,5 Millionen Euro für die Kliniken drauflegen. Das ist zwar erneut eine Verbesserung zum Jahr davor, 2019 waren es nämlich noch 15,8 Millionen Euro, aber für den Aufsichtsratsvorsitzenden der Rems-Murr-Kliniken, Landrat Sigel, nur ein schwacher Trost: „Von einer Schwarzen Null sind wir noch ein gutes Stück entfernt.“

„Die Investitionen haben sich unmittelbar bezahlt gemacht.“

Zu dem guten Ergebnis 2020 haben laut Sigel und Nickel vor allem die Investitionen der Medizinkonzeption und das vorausschauende Handeln der Rems-Murr-Kliniken beigetragen. So haben die Kliniken mit passenden Lösungen auf die wechselnden Herausforderungen der Pandemie reagiert. Konkret nennt Nickel die gezielten Investitionen in die Notfallversorgung am Standort Schorndorf, sie hätten sich „unmittelbar bezahlt gemacht“. Denn mit dem Erreichen der Stufe der erweiterten Notfallversorgung konnten weitere Ausgleichszahlungen aus dem Rettungsschirm des Bundes gewonnen werden. Ferner seien die Maßnahmenpakete von Bund und Land Baden-Württemberg wesentlich gewesen. Dank ihrer konnten die finanziellen Mehraufwendungen und Erlösausfälle durch die Coronakrise zu großen Teilen kompensiert werden. Und so bilanzierte Landrat Sigel: „Die Investitionen in unsere Standorte zahlen sich aus.“

Der finanzielle Ausblick für das aktuelle Jahr ist nach derzeitigen Prognosen noch mit einigen Unsicherheiten verbunden, wie Sigel betont: „Im Gegensatz zum Beginn der Pandemie ist die finanzielle Absicherung der Krankenhäuser über den Coronarettungsschirm des Bundes für das Jahr 2021 noch nicht abschließend geregelt. Nach unserer derzeitigen Einschätzung reicht die finanzielle Unterstützung des Gesetzgebers nicht aus, um die Mehraufwendungen für 2021 zu decken.“

Laut Nickel würden derzeit vier wesentliche Faktoren den Betrieb der Krankenhäuser und eine Prognose für 2021 äußerst schwierig machen. Erstens sei der Rettungsschirm im Laufe der Zeit auf Maximalversorger und Universitätskliniken zugeschnitten worden. Die Unterstützung für kleinere Kliniken sei überschaubar geblieben. Zweitens laufe der Rettungsschirm aus, obwohl ein Normalbetrieb noch nicht absehbar ist. Bei den Bürgern herrsche nach wie vor eine große Unsicherheit, normal in die Klinik gehen zu können. Drittens werden strukturpolitische Maßnahmen wie das Reformgesetz des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen sowie das Pflegebudget unabhängig von der Coronapandemie weiterverfolgt. Und viertens sind die Budgetverhandlungen mit den Krankenkassen für 2020 und 2021 noch nicht angesetzt. Die Prognose für das operative Ergebnis reicht daher von einem Plus von 1,7 Millionen Euro im günstigsten Fall bis hin zu einem Minus von 7,5 Millionen Euro.

Ein großer Unsicherheitsfaktor ist zum Beispiel die Frage, ob die Patienten die aufgeschobenen Behandlungen jetzt in Angriff nehmen. Nickel: „Es gibt eine Bugwelle an aufgeschobenen Operationen, aber wie groß die ist, das weiß ich nicht.“ Daher erklärte er: „Es gibt im Krankenhaus aktuell keine Einschränkungen mehr. Alle Patienten können kommen, alle Sprechstunden sind offen. Aktuell liegen nur vier Coronapatienten auf der Intensivstation, alle anderen auf der Isolierstation. Die Kliniken sind also quasi wieder coronafrei. Wir können die Patienten nur inständig bitten: Wartet mit den Eingriffen nicht zu lange.“

Aufnahme der Großprojekte im Landesprogramm ist Meilenstein.

Besonders freute sich Landrat Sigel, dass die Großprojekte der Campusentwicklung für beide Standorte in das Jahreskrankenhausbauprogramm 2021 des Landes Baden-Württemberg aufgenommen wurden. Sigel und Nickel sprachen von einem „großen Meilenstein“ und sahen es als Bestätigung für den Weg an, den sie Ende 2015 mit der Medizinkonzeption eingeschlagen haben. „Als Ergebnis gibt es nun eine klare Standortsicherheit für Schorndorf und Winnenden. Die medizinische Versorgung für die Bürger des Rems-Murr-Kreises wird sich somit auch in den nächsten Jahren verbessern“, so Sigel weiter.

Der Neubau des Funktionsbaus in Schorndorf ist laut Nickel „eine große Investition in die Zukunftsfähigkeit des Standorts“. Die Kliniken investieren dort in eine komplett neue Intensivstation mit neuen Operationssälen, einem neuen Magnetresonanztomografen sowie einen neuen Kreißsaal. Dazu entsteht eine neue Pflegestation. Und in Winnenden wird ein fünfstöckiger Erweiterungsbau errichtet, ausgestattet mit vorstationärer Patientenaufnahme, Privatpatientenstation und mehreren Pflegestationen. Damit werden die Kliniken die sektorenübergreifende Versorgung stärken und beide Standorte fit für die Zukunft machen. Nickel: „Das sind Zukunftsprojekte, die in Beton abgebildet werden.“

Beide Großprojekte verschlingen insgesamt etwa 130 Millionen Euro. Wie viel der Landkreis davon tragen muss beziehungweise wie hoch der Zuschuss des Landes ausfällt – das wird in den kommenden Tagen in den Fördergesprächen mit dem Land ausgehandelt.

Auch beim Zeitplan wird der Klinikchef ungewöhnlich deutlich. Der Erweiterungsbau in Winnenden soll im nächsten Jahr begonnen werden. Da die Bauzeit mit zwei Jahren terminiert ist, soll das neue Haus 2024 den Betrieb aufnehmen können. Gleiches gilt für das Schorndorfer Projekt, wobei Sigel die Euphorie seines Klinikchefs etwas bremst: „Das ist sehr ambitioniert, vielleicht findet die Eröffnung in Schorndorf auch erst 2025 statt.“

Parkhaus mit 567 Stellplätzen soll nächstes Jahr in Betrieb genommen werden

Der Baubeginn für das Parkhaus mit 567 Stellplätzen am Standort Winnenden ist für Mitte Juli dieses Jahres geplant, die Inbetriebnahme für 2022. Zur nachhaltigen Energiegewinnung sollen Fotovoltaikanlagen auf dem Dach des Parkhauses mitberücksichtigt werden. Neben dem Ausbau der Parkfläche für Pkw soll auch die Fahrradinfrastruktur an den Kliniken ausgebaut und so die Attraktivität für Fahrradfahrer erhöht werden. Ziel ist es, auch hier einen Beitrag zur Verkehrswende zu leisten und neue klimafreundliche Angebote zu schaffen.

Unter anderem um den Kontakt zu den Bürgern trotz der Coronapandemie nicht zu verlieren, haben die Rems-Murr-Kliniken vor Kurzem ein professionelles Multimediastudio eingeweiht und erste Videos für einen hauseigenen Youtube-Kanal erstellt. „Mit diesem Angebot möchten wir den Bürgerinnen und Bürgern im Landkreis verständliche und nützliche medizinische Informationen bieten, die sie auch in ihrem Alltag verwenden können. Zusätzlich wollen wir einen umfassenden Einblick in unsere Kliniken geben und zeigen, dass es innovative Medizin direkt vor der Haustür gibt“, so Geschäftsführer Marc Nickel. „Wir freuen uns über die ersten positiven Rückmeldungen und werden auch in Zukunft viele spannende Formate präsentieren“, kündigt Nickel an. Präsenzen in weiteren sozialen Medien folgen in Kürze. Jüngstes Beispiel ist ein Film über Prostatakrebs.

Die Campusentwicklung Schorndorf befindet sich ebenfalls weiter im Zeitplan. Somit können die ersten Vorabmaßnahmen noch 2021 und die zentralen Baumaßnahmen zur Errichtung einer modernen zentralen Patientenaufnahme und eines neuen Funktionsbaus im Frühjahr 2022 begonnen werden. In Schorndorf entsteht eine bauliche und technische Infrastruktur auf hohem medizinischen Niveau.

Im vergangenen Jahr sind in den Rems-Murr-Kliniken 110 neue Vollzeitstellen für Pflegekräfte dazugekommen. Da sich darunter auch viele Teilzeitkräfte befinden, stehen somit deutlich mehr Menschen als die 110 Stellen bei den Kliniken neu in Lohn und Brot.

Zur Steigerung der Attraktivität bieten die Kliniken auch eigene Apartments für Pflegekräfte in Kliniknähe an. In Winnenden und Schorndorf sind es an zwei Standorten 60 beziehungsweise 32 Wohnungen.