Tod nach Faustschlag: 17-Jähriger muss ins Gefängnis

Von Von Josefine Kaukemüller, dpa

dpa Augsburg. Bundesweit hat eine Gewalttat in Augsburg am Nikolausabend 2019 für Fassungslosigkeit gesorgt: Ein 49-Jähriger verliert sein Leben nach einem Faustschlag. Der 17-Jährige, der zugeschlagen hat, muss jetzt für Jahre hinter Gitter.

Tod nach Faustschlag: 17-Jähriger muss ins Gefängnis

Polizisten stehen vor dem Justizgebäude in Augsburg. Foto: Stefan Puchner/dpa/Archiv

Fast ein Jahr nach der tödlichen Attacke gegen einen 49-Jährigen auf dem Augsburger Königsplatz steht das Urteil fest: Ein 17-Jähriger hat dem Mann aus Sicht der Jugendkammer des Landgerichts einen wuchtigen Faustschlag ins Gesicht gegeben, der eine tödliche Hirnblutung auslöste.

Der Jugendliche ist der Körperverletzung mit Todesfolge und der gefährlichen Körperverletzung schuldig und zu einer Jugendstrafe von vier Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden. Das Urteil verfolgte der junge Mann ohne Regung.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Jugendliche nicht in einer Bedrohungssituation gehandelt hat. Er habe ungeplant eine „günstige Gelegenheit“ gesehen, „eine massive Tätlichkeit auszuüben“, sagte der vorsitzende Richter Lenart Hoesch in seinem Schlusswort nach dem gut zweiwöchigen Prozess. Dass sein Schlag für den 49-Jährigen tödliche Folgen haben könnte, hätte der 17-Jährige wegen der Wucht erkennen können und müssen.

Die Tat hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt. Da der Getötete bei der Berufsfeuerwehr in Augsburg gearbeitet hatte, gedachten auch Mitglieder zahlreicher anderer Feuerwehren in ganz Deutschland dem Opfer.

Es war der Nikolausabend 2019, der für den Mann tödlich endete: Auf dem Rückweg von einem Weihnachtsmarkt- und Restaurantbesuch mit seiner Frau und einem befreundeten Paar war er in einen Streit mit einer Gruppe Jugendlicher geraten, zu der der 17-Jährige gehörte. Der Jugendliche schlug zu, der Feuerwehrmann sackte direkt zu Boden. Die Kammer sah es zudem als erwiesen an, dass der 17-Jährige direkt danach noch mit zwei Bekannten den zweiten Mann verprügelte und schwer verletzte.

Videoaufnahmen aus der Tatnacht vom Königsplatz, der als Kriminalitätsschwerpunkt in Bayerns drittgrößter Stadt gilt, waren während des Prozesses immer wieder herangezogen worden – im Saal herrschte Stille, wenn der tödliche Schlag wieder und wieder gezeigt wurde. Schon am ersten Prozesstag hatte der 17-Jährige den Schlag zugegeben. Die Frage nach seinen Beweggründen hatte die Kammer aber bis zuletzt umgetrieben.

Der angeklagte Jugendliche, der auf Frage des Richters angegeben hatte, die deutsche Staatsbürgerschaft zu besitzen, wirkte im Prozess ruhig und kontrolliert. Seine Eltern, die aus der Türkei und dem Libanon stammen, saßen an allen Verhandlungstagen hinter ihm. Er selbst sagte, er habe durch den Schlag einen Freund schützen wollen, den der Familienvater zuvor gestoßen habe.

Was dann passiert sei, habe er nicht gewollt. Seine Verteidigung hatte auf Nothilfe und eine Bewährungsstrafe für die gefährliche Körperverletzung gegen den zweiten Mann plädiert. Die Staatsanwaltschaft hatte die verheerende Tat hingegen als Streben nach Dominanz ohne eine Bedrohungssituation gewertet und eine Jugendstrafe von sechs Jahren gefordert.

Eine Nothilfesituation sei nicht zu erkennen gewesen, sagte Richter Hoesch in seinem Urteil: Die Auseinandersetzung zwischen dem Feuerwehrmann und dem Freund des 17-Jährigen sei dem Videomaterial zufolge schon beendet gewesen, als der Minderjährige zuschlug. Gegen ihn spreche die äußerst brutale Vorgehensweise gegen beide Männer. Auch zahlreiche Regelverstöße in der Untersuchungshaft seien ihm negativ auszulegen.

Für weiteres Entsetzen hatten im Laufe der Verhandlung zudem Erkenntnisse gesorgt, dass der 17-Jährige brutalste Gewaltvideos auf seinem Handy hatte und in Untersuchungshaft damit geprahlt haben soll, einen Mann totgeschlagen zu haben. Der Jugendliche habe eine starke Aggressionsproblematik, die während seiner Haft unbedingt therapiert werden müsse, betonte Hoesch. Bei der Urteilsfindung seien aber auch das Geständnis des 17-Jährigen und sein ausgedrücktes Bedauern berücksichtigt worden. Über mögliche Rechtsmittel will sich die Verteidigung mit dem Jugendlichen und seiner Familie beraten.

Isabel Kratzer-Ceylan, die die Witwe des Feuerwehrmannes in dem Prozess vertrat, zeigte sich mit der Bewertung des Gerichts weitgehend zufrieden. Das Plädoyer der Verteidigung, in dem „das Tötungsopfer zum eigentlichen Täter gemacht wurde“, sei unerträglich gewesen. Dennoch halte sie das Strafmaß für zu gering und betonte: „Wenn ich so einen heftigen Schlag ausführe, dann muss ich auch damit rechnen, dass ein Tod eintritt.“

Auch gegen die beiden jungen Männer im Alter von 18 und 20 Jahren, die an der Gewalttat gegen den 50-Jährigen beteiligt waren, verhängte die Jugendkammer am Freitag ihr Urteil. Der 18-Jährige erhielt eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten, bei dem 20-Jährigen wurde die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt.

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