Kommentar: Bedenklicher US-Expansionshunger
Von Christian Gottschalk
Stuttgart. - In Panama und in Venezuela, ja selbst in Kanada gibt es gute Gründe, dieses Weihnachtsfest mit einem gewissen Bauchgrimmen zu begehen. Auf all diese Länder hat Donald Trump in diesem Jahr begehrliche Blicke geworfen. Und auch wenn es in letzter Zeit ruhiger geworden sein sollte, was die Forderungen nach Eingemeindung in das US-Reich angeht: so schnell vergisst der US-Präsident nicht. Das haben die Grönländer und die Dänen gerade wieder erlebt. Der bereits zu Jahresbeginn geäußerte Wunsch, die größte Insel der Welt weg vom nordischen Königreich und hin zu den Vereinigten Staaten zu transferieren, schien fast vergessen zu sein – ein Trugschluss. Nun soll ein Sondergesandter dafür sorgen, dass Grönland Teil der USA wird.
In Moskau und Peking reibt man sich ob dieses Schauspiels vermutlich die Hände vor lauter Begeisterung. Trumps Expansionspläne sind im Zweifel ein wunderbares Argument dafür, dass auch diese beiden Großmächte im eigenen Hinterhof eine neue Ordnung schaffen können. In den europäischen Hauptstädten müssten eigentlich die Alarmglocken läuten, doch zu vernehmen ist von dort nur vorweihnachtliche Ruhe. Mit der Ukraine hat Europa bereits einen Großkonflikt zu bewältigen. Der ist, das wissen alle, ohne amerikanische Hilfe nicht zu meistern. Dass Trump auf den Gedanken kommt, Grönland könne der Preis für diese Hilfe sein, ist nicht ausgeschlossen.