Kommunen fordern Automaut für alle: ADAC winkt ab

dpa/lby München. Die Automaut war ein Prestigeprojekt der CSU - bis sie vor Gericht scheiterte. Aus Geldnot fordern nun zwei Gemeindetagspräsidenten eine Abgabe für alle Autofahrer - auf allen Straßen. Kritik folgt prompt.

Kommunen fordern Automaut für alle: ADAC winkt ab

Ein Verkehrsschild weist die Autofahrer auf die Mautpflicht für die Passage des Warnowtunnels hin (Symbolbild). Foto: Jens Büttner/Archivbild

Nach dem Aus für die deutsche Automaut fordern Kommunen ein viel umfassenderes Maut-Modell - und zwar für alle Autofahrer und für alle Straßen. „Ich halte eine Maut für absolut sinnvoll“, sagte Uwe Brandl (CSU), Präsident des bayerischen Gemeindetags, der Deutschen Presse-Agentur in München. Er gehe zudem davon aus, dass sich der Deutsche Städte- und Gemeindebund schon bald auf einen ähnlichen Vorschlag einigen werde. Brandl ist auch Präsident des deutschlandweiten Spitzenverbands.

Mit einer Maut könne verhindert werden, dass die Kommunen durch den Ausweichverkehr der Autobahnen belastet würden, sagte Brandl. Er setzt auf eine unkomplizierte Lösung: „Wir brauchen weder ein Bürokratie-Monster noch Hochtechnologie-Schnick-Schnack.“

Die Kritik folgte prompt: Der ADAC lehnt eine umfassende Maut für alle Autofahrer ab. „Man sollte jetzt nicht mit anderen Maut-Modellen neue Ungerechtigkeiten schaffen“, teilte ein Sprecher auf Anfrage der dpa mit. Aus Sicht des Automobilclubs sei besonders der ländliche Raum von einer solchen Abgabe betroffen.

Dabei seien Autofahrer in Deutschland schon jetzt jedes Jahr mit rund 53 Milliarden Euro aus Steuern und Abgaben im Verkehrsbereich belastet, betonte der ADAC. Es müsse vielmehr geprüft werden, ob mehr davon in die Infrastruktur gesteckt werden könne.

Brandl und sein Verbandskollege aus Baden-Württemberg, Roger Kehle, wollen mit den Maut-Einnahmen die Erhaltung der Straßen finanzieren. Den Kommunen fehle es dafür an Geld. „Wir arbeiten seit Jahren höchst defizitär“, sagte Brandl. Über die Verteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen müsse allerdings noch diskutiert werden.

Kehle wird da schon konkreter: Das Straßennetz in Deutschland betrage 920 000 Kilometer, der kommunale Anteil daran liege bei rund 600 000 Kilometern. Entsprechend der Verkehrswege müssten die Mittel aufgeteilt werden, sagte er der dpa in Stuttgart. Eine Maut sei zwingend nötig, um einen Verkehrsinfarkt zu verhindern und die Verkehrswende zu finanzieren.

Brandl, Bürgermeister des niederbayerischen Abensberg, weicht mit seiner Forderung direkt von der Linie seiner Partei ab. Die CSU lehnt eine Maut, die die deutschen Autofahrer zusätzlich finanziell belaste, ab. Ihr Modell sah vor, dass sie bei der Kfz-Steuer entlastet worden wären, jedoch hatte der Europäische Gerichtshof das deutsche Mautkonzept im Juni gekippt.

Bayerns Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU) steht der Forderung Brandls skeptisch gegenüber: „Was wir nach dem EuGH Urteil zur deutschen Maut brauchen ist eine gesamteuropäische Lösung. Nicht, dass jeder seine eigene Suppe kocht, sondern eine große europäische Idee“, sagte er der dpa. Ähnlich hatten sich zuvor auch Parteichef Markus Söder und Bundesverkehrsminister Anderas Scheuer (CSU) geäußert. Söder sprach zuletzt auch mit Blick auf den Transitstreit mit Österreich nicht mehr von einer deutschen Maut, sondern forderte ebenfalls eine einheitliche Lösung in Europa. Es sei ärgerlich und unfair, dass in Österreich Pkw-Maut gezahlt werden muss, Deutschland sie aber nicht erheben darf.

Spitzenpolitiker aus Baden-Württemberg hatten sich nach dem Aus der Maut-Pläne ebenfalls bereits zu Wort gemeldet: Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) warb für eine Maut nach gefahrener Strecke, mit Staffelung nach Emissionsklassen und Tageszeit. CDU-Vize Thomas Strobl sagte, bei einer Maut für alle dürfe es keine Denkverbote geben. Dies sieht auch Brandl so. Um die Maut europarechtskonform umzusetzen, will er alle deutschen Autofahrer zur Kasse bitten. Zwar gebe es noch keinen Präsidiumsbeschluss in Bayern wir im Bund, doch Brandl betont: „Ich finde es nur gerecht, dass jemand, der eine öffentliche Leistung nutzt, dafür auch bezahlt.“