Bio-Essen in Kantinen und Mensen: Kosten schrecken Kreistag ab

Die Fraktion der Grünen im Rems-Murr-Kreistag will mehr regionale Bioprodukte in Kantinen und Mensen. Das Landratsamt hat das geprüft.

Bio-Essen in Kantinen und Mensen: Kosten schrecken Kreistag ab

Frisches Obst und Gemüse in Bio-Qualität kostet in der Regel etwas mehr als konventionell angebautes. Symbolfoto: dayves/Stock.adobe.com

Von Bernhard Romanowski

Rems-Murr. Mehr regionale und ökologisch erzeugte Lebensmittel in den Einrichtungen des Rems-Murr-Kreises: Dieses Anliegen haben die Mitglieder der grünen Kreistagsfraktion in einem Antrag formuliert und damit angeregt, hier die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung umzusetzen. Ob und unter welchen Vorzeichen das realisierbar ist, darüber hat die Landkreisverwaltung jüngst im zuständigen Ausschuss berichtet. Ein Haupthinderungsgrund sind demnach wie so oft die Kosten.

Mit Blick auf die Kantine der Landkreisverwaltung werden bereits bei dem aktuellen Frühstücksangebot teilweise regionale und ökologisch erzeugte Produkte beim Speisenangebot berücksichtigt, heißt es aus dem Kreishaus. Grundsätzlich wäre hier eine Erhöhung des jeweiligen Anteils an regionalen Produkten sowie Bioprodukten darstellbar. Diese Erhöhung ginge allerdings mit nicht unerheblichen Kostensteigerungen einher. Kaffee und Tee würden beispielsweise um bis zu 50 Prozent teurer. „Bei Eiern würde eine Kostensteigerung um bis zu 150 Prozent eintreten, während Milchprodukte um rund 50 bis 100 Prozent teurer würden“, so die Kreisverwaltung.

Bei dem aktuell vorhandenen Mittagessensangebot der Kantine des Landratsamtes wurde bereits die konkrete Anforderung an den Caterer gerichtet, dass insbesondere regionale und saisonale Produkte zu verwenden sind. Leider biete der aktuelle Lieferant keine Produkte in Bioqualität an. „Gerade vor dem Hintergrund der nur begrenzten Inanspruchnahme des Mittagessensangebotes ist aktuell eine Frischküche oder Mischküche wirtschaftlich nicht darstellbar, sodass der Einfluss auf den Einsatz ökologisch erzeugter Lebensmittel nur begrenzt steuerbar ist“, erklärt die Kreisverwaltung. Um die künftige Nutzung der Kantine durch die Mitarbeiter zu erheben, soll eine bedarfsorientierte Befragung speziell in Bezug auf (teurere) Biogerichte durchgeführt werden. Insgesamt entstehen durch die Umsetzung der Pläne zur Gesamtimmobilienstrategie weitergehende Möglichkeiten, um dem Thema der Regionalität und Bioqualität von Lebensmitteln einen noch größeren Raum zu geben. So ist angestrebt, im Rahmen der anstehenden Umbau- und Sanierungsmaßnahmen am Alten Postplatz in Waiblingen eine zentrale Kantine für die Mitarbeiter entstehen zu lassen. Die Überlegungen sind aber noch zu konkretisieren und sollen auch mit anderen möglichen Nutzern, etwa der Polizei, und auch der Stadt Waiblingen abgestimmt werden.

Klinik weist eine Regionalitätsquote von 50 Prozent auf

Im Falle einer Etablierung einer „echten“ Kantine könnte gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum Ernährung des Landwirtschaftsamtes sowie einem Küchenplanungsunternehmen ein umfassendes Konzept für eine Betriebskantine geplant und umgesetzt werden, das im Anschluss den Kreisgremien vorgestellt wird. Hierbei sollen vor allem die Punkte Regionalität und Bioqualität mitgedacht und umgesetzt werden. Das Projekt steht aber derzeit erst auf der Agenda, wenn die Sanierung der Pagode am Alten Postplatz ansteht, da dort passende Räume vorhanden wären. „Möglich wäre dann insbesondere auch eine Bio- oder DGE-Zertifizierung“, verkündet die Kreisverwaltung. Die Rems-Murr-Kliniken wiederum haben bereits in der Vergangenheit die Regionalität des Speisenangebotes umfassend geprüft und in ihrem Speisenangebot umgesetzt „Hierdurch konnte in den letzten Jahren eine stabile Regionalitätsquote von rund 50 Prozent erreicht werden“, vermeldet die Kreisverwaltung. Eine Erhöhung dieses Anteils regionaler Produkte werde angestrebt. Seit Anfang 2021 sind die Kliniken demnach dabei, das Speisenangebot insgesamt an den bestehenden Anforderungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) auszurichten. Auch mit Blick auf die Kliniken könnte demzufolge eine Zertifizierung angestrebt werden.

Die Erhöhung des Anteils von Bio-Produkten bedeutet eine Kostensteigerung

An den drei Berufsschulzentren des Landkreises werden jeweils von Pächtern Kantinen betrieben. Die Themen Nachhaltigkeit und Regionalität sind bei der Vertragsabstimmung mit der Kreisverwaltung wichtige Faktoren, die bei den aktuellen Neuausschreibungen bereits aufgenommen und eingefordert wurden, so das Landratsamt. In den Berufsschulzentren ist der Caterer in Backnang biozertifiziert. Der Caterer in Schorndorf bezieht Nudeln und Linsen aus biologischer Produktion und möglichst regionales Obst und Gemüse. Ebenso werden in Schorndorf Milch und Milchprodukte sowie Brot und Brötchen aus Bioproduktion bezogen.

An den Sonderpädagogischen Bildungs- und Berufszentren (SBBZ) und Schulkindergärten mit angeschlossenen Regelgruppen zur Intensivkooperation wird je nach Größe der jeweiligen Einrichtung in eigenen Küchen mit Kreisbediensteten gekocht oder angeliefertes Essen durch hauswirtschaftliches Personal ausgegeben. In den eigenen Küchen werden regionale und ökologische Nahrungsmittel direkt von regionalen Erzeugerbetrieben bezogen.

Die Erhöhung des Anteils solcher Produkte bedeute insgesamt eine Kostensteigerung, meint die Kreisverwaltung. Im Durchschnitt werde der gesamte Wareneinsatz bei Erhöhung des Bioanteils auf 20 Prozent der Speisen um rund 30 Prozent teurer. Eine genaue Umrechnung von dem bestehenden Wareneinsatz auf Bioprodukte sei nicht möglich, da eine Erhöhung des Bioanteils gleichzeitig eine generelle Umstellung der angebotenen Speisen bedeute. Der Einsatz von Fleischprodukten würde voraussichtlich zurückgehen und es würden mehr vegetarische Alternativen angeboten, prognostiziert die Kreisverwaltung. Letztlich sei es das Ziel, gutes Essen anzubieten, das aber auch bezahlbar sein soll.

Kosten für Bio- und DGE-Label

Biozertifikat Die Kosten im Bereich der Kantine des Landratsamtes, in den Kliniken und im Bereich der Schulen des Rems-Murr-Kreises würden für eine Biozertifizierung jeweils zwischen 300 und 1000 EUR liegen. Die Folgekosten betragen dann 300 Euro jährlich.

DGE-Zertifikat Die Kosten für eine mögliche DGE-Zertifizierung der Kantine im Landratsamt betragen im ersten Jahr 895 Euro und im zweiten und dritten Jahr – je nach Ergebnis der Zertifizierung – zwischen 220 und 895 Euro. Eine DGE-Zertifizierung im Bereich der Kliniken würde im ersten Jahr 1195 EUR kosten, im zweiten und dritten Jahr der Zertifizierung zwischen 220 und 1195 Euro. Die Kosten für eine mögliche DGE-Zertifizierung einer der Schulen betragen im ersten Jahr 895 EUR und im zweiten und dritten Jahr zwischen 220 und 895 EUR.

Zu geringfügig Die DGE-Zertifizierung kann für das Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) in Murrhardt nicht erfolgen, da nur drei Essen pro Woche angeboten werden. Für eine Zertifizierung sind aber vier Essen pro Woche erforderlich.