Kraterlandschaft in Schleißweiler

Bürger kritisieren schleppenden Straßenbau und mangelhafte Informationspolitik – Verwaltung verweist auf Komplexität der Arbeiten

Kraterlandschaft in Schleißweiler

Nach langer Wartezeit ist jetzt die Hauptstrecke asphaltiert worden. Die Feinarbeiten folgen in dieser Woche. Foto: J. Fiedler

Von Ute Gruber

SULZBACH AN DER MURR. Vorletzte Woche ist Herrn Schmidt der Kragen geplatzt: „Wenn jetzt nicht bald etwas passiert, dann wird’s zu kalt zum Teeren und wir sitzen den ganzen Winter da, mit dieser Kraterlandschaft auf der Straße. Wie soll da der Schneepflug durchkommen?!“ Sprach’s und rief bei der Zeitung an.

Seit einem Jahr wird in Schleißweiler gebaut: Neue Wasserleitungen, kombiniert mit Stromkabel, Telefonleitung und Leerrohren vom zeitgleich neu erstellten Hochbehälter herunter und durch das Dorf nach Bartenbach. Ende September war die Firma J. Mayer mit der Verlegung der Rohre fertig geworden (wir berichteten) und abgezogen. Damals wurde der Langmut der gebeutelten Schleißweiler Bürger gelobt. Zurück blieb ein Mosaik aus hervorstehenden Schächten, ausgefrästen Rinnen, Bergen von Pflastersteinen und unversehrten Asphaltstrecken. Sechs Wochen lang passierte nichts. „Nix gegen die Baustelle“, meint Schmidt, der sich jeden Tag im Schritttempo mit dem Auto durch den Ort zur Arbeit tastet, „aber langsam sollt’s halt mal fertig werden.“

Rosi Geiger kann seit vier Monaten ihre gemietete Garage nicht benutzen: Nach allerlei Graben und Auffüllen vor dem Haus querte eines Tages ein sieben Zentimeter hoher Randstein ihre Zufahrt. Eine provisorische Rampe sollte die Überfahrt ermöglichen, „aber das geht vielleicht für die Schlepper, die hier durchfahren. Wir sind da nur einmal drüber gefahren“, erzählt sie, dabei sei ihr Golf aufgesessen und habe sich von seiner Auspuffanlage getrennt. Seitdem wird das Fahrzeug außerhalb geparkt, meist weit weg vom Haus, da hier die Straße zum Parken zu schmal ist. Andere Nachbarn klagen über Schäden an den Federbeinen und der Radspur, denn die Absätze wurden mit der Zeit immer höher, da die durchfahrenden Lastwagen den freiliegenden Unterbau-Schotter verfestigen: „Für Schleißweiler braucht man neuerdings einen SUV.“

Rudolf Hofmann lenkt vorsichtig seinen Daimler über die ausgefrästen Kanten. Er hat selbst lange Zeit auf dem Bau gearbeitet: „Ich weiß, dass das hier eine schwierige Baustelle ist“, meint er bedächtig, „aber das wirkt hier alles so konfus, so planlos.“ Zum Beispiel die Informationspolitik: „Eines Morgens um sieben haben die plötzlich unseren Hof aufgegraben“, erzählt Kristin Strohmaier, die an der am meisten betroffenen Wagnerstraße wohnt. „Wir wussten von nichts. Mein Mann hat sich gerade zur Arbeit gerichtet. Da hätte man doch wenigstens kurz klingeln können: Leute, stellt eure Autos und Schlepper raus, wir graben jetzt.“ Eine andere Familie habe auf einmal einen Kontrollschacht mitten auf dem Hof gehabt, ohne dass sie gefragt worden war. Bei anderen wurde der private Vorgarten mit der neuen Straße gleich mitasphaltiert. Wiederholt sei die Telefonleitung abgerissen. Dreimal seien dieselben Rillen aufgegraben worden, etwa, weil falsche Ventile verbaut waren.

In anderen Fällen wiederum sei eine schriftliche Ankündigung im Briefkasten gewesen, dass morgen das Wasser abgestellt würde: „Wir natürlich: Kanister abgefüllt zum Kochen, drei Eimer voll neben’s Klo gestellt.“ Das Wasser indes floss munter weiter. Man fragte die Bauarbeiter: „Nee, ihr seid doch erst nächste Woche dran!“ Dann wieder ein nächtlicher Feuerwehreinsatz, weil eine Wasserfontäne aus einem falsch zusammengeschlossenen Rohr schoss.

Die Leute sind wirklich sauer, denn keiner scheint für das Chaos zuständig zu sein: „Da ruft man beim Bürgermeisteramt an, die verweisen einen an die Baufirma, die meint, da sei das Landratsamt zuständig, aber die behaupten, das geht sie gar nichts an“, beschreibt Schmidt seine Odyssee durch die Verwaltung. „Egal. Wenn’s nur endlich mal rum wäre.“ Dieser Tage hat sich Bürgermeister Dieter Zahn ein persönliches Bild von der Lage gemacht und mit einigen Betroffenen gesprochen. Inzwischen hat auch die Firma Eichele mit den Asphaltarbeiten begonnen, musste aber wetterbedingt unterbrechen.

„Ich kann die Leute auch verstehen“, sagt Beate Jakob, die bei der Sulzbacher Gemeinde für die Umsetzung der Trinkwasserkonzeption zuständig ist, „aber man muss mal die Komplexität dieser Baustelle sehen.“ Da seien ja nicht nur die Wasser- und Abwasserleitungen sowie Leerrohre und teilweise Strom- und Telefonleitung zu verlegen gewesen, mit der langwierigen Genehmigung für die Bahnunterquerung. Zeitgleich legte die Syna einen stärkeren Stromanschluss durch den Ort für das Werk 5 der Firma Erkert, eine zusätzliche Einspeisungsstelle aus der Nordostwasserleitung wurde gelegt und das große, neue Wasserwerk wurde hinter dem Ort erstellt. „Das allein hat ja schon einen zusätzlichen Verkehr bewirkt.“ Der zudem regelmäßig durch die geschlossene Bahnschranke ausgebremst wurde.

Für Baumaßnahmen im Bestand sei „der Markt dünn“, Sprachprobleme der Fachkräfte müssen hingenommen werden und führen zu Missverständnissen. Die Baustelle sei vom Ingenieurbüro Riker und Rebmann intensiv betreut worden. „So ein zukunftsweisender Ausbau der Infrastruktur ist halt mit kurzfristigen Beeinträchtigungen verbunden.“ Das Ende sei allerdings absehbar: „Wenn das Wetter mitmacht, wird diese Woche der Straßenbelag fertig“, hofft die leitende technische Angestellte, „die Zufahrten kommen danach dran.“ Eine freudige Nachricht hat sie: „Das neue Wasserwerk wurde am 1. Oktober vom Gesundheitsamt abgenommen und läuft seither ohne Probleme.“ Ein Meilenstein der langfristigen Versorgungssicherheit ist erreicht.