Kretschmann: Klimaschutz geht nicht ohne Verbote und Gebote

dpa/lsw Sindelfingen. Sie verstehen sich als die Klimaschutzpartei schlechthin: Die Grünen in Baden-Württemberg feiern ihren 40. Geburtstag. Viel Kritik gibt es dabei am Klimapaket der Bundesregierung.

Kretschmann: Klimaschutz geht nicht ohne Verbote und Gebote

Winfried Kretschmann spricht während des Landesparteitags von Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg. Foto: Sebastian Gollnow

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat verpflichtende Maßnahmen für den Klimaschutz gefordert und das Paket der Bundesregierung als unzureichend kritisiert. Er bezog sich am Wochenende beim Landesparteitag in Sindelfingen (Landkreis Böblingen) insbesondere auf die vorgesehene Bepreisung von klimaschädlichem CO2. Sie gehe nicht weit genug. Die Südwest-Grünen selbst beschlossen nach intensiver Debatte einen Antrag, in dem sie in den Städten eine Halbierung der Fahrzeuge bis zum Jahr 2030 fordern. Landesweit soll die Zahl im Vergleich zu heute um ein Drittel sinken.

Unter anderem wollen die Grünen auch schnellstmöglich ein klimaneutrales Baden-Württemberg, nennen aber keine konkrete Jahreszahl. Maßgeblich sollen die Pariser Klimaschutzziele sein. 2015 hatte die Weltgemeinschaft vereinbart, die globale Erwärmung möglichst bei 1,5 Grad zu stoppen, um katastrophale Folgen abzuwenden. Der Grünen Jugend geht das beschlossene Papier nicht weit genug. Auch Aktivisten der Bewegung Fridays for Future hatten ehrgeizigere Ziele zum Klimaschutz gefordert. So müssten Klimaziele verbindlich sein und von harten Sanktionen begleitet werden, wenn sie nicht eingehalten würden, sagte Klimaaktivist Adrian Lächele. Auch die Landesvorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz, Brigitte Dahlbender, sagte, die von den Grünen vorgeschlagenen Maßnahmen reichten nicht aus, um die Klimakrise in den Griff zu bekommen.

Der Chef des Karlsruher Energiekonzerns EnBW, Frank Mastiaux, äußerte ebenfalls harsche Kritik am Klimapaket der schwarz-roten Bundesregierung. Aus Angst vor enttäuschten Wählern und rechtlichen Auseinandersetzungen sei in Deutschland die Bereitschaft, Dinge konsequent zu entscheiden, zurückgegangen. „Das Klimapaket vom Freitag trägt leider auch genau diese Handschrift.“

Kretschmann sagte am Samstag, das Klima kippe viel schneller als man erwartet habe. Allein mit Subventionen und Anreizen werde man beim Klimaschutz nicht weiterkommen. „Die unsichtbare Hand des Marktes wird das Klima nicht für uns retten“, meinte Kretschmann. „Es geht nicht ohne Verbote und Gebote.“ Eine der wirksamsten Maßnahmen ökologischer Art sei das Verbot des Ozonkillers FCKW gewesen. Kretschmann sprach sich für eine Pflicht zu Photovoltaikanlagen bei Neubauten und für die Möglichkeit aus, dass die Kommunen über eine Nahverkehrsabgabe entscheiden können. Er forderte die jungen Menschen auf, mit ihren Demonstrationen dranzubleiben an dem Klimaschutzthema.

Kretschmann ist seit 2011 Ministerpräsident. Baden-Württemberg wird seine Klimaschutzziele für 2020 verfehlen. Eigentlich sollten die Treibhausgasemissionen bis dahin im Vergleich zu 1990 um 25 Prozent sinken. Bis heute wurde nur eine Minderung von 12 Prozent erreicht.

Der Parteitag stand im Zeichen von Feierlichkeiten zum 40-jährigen Bestehen des Grünen-Landesverbandes, der am 30. September 1979 in Sindelfingen gegründet wurde - und im Zeichen hoher Umfragewerte. In einer jüngst veröffentlichten Umfrage von Infratest dimap im Auftrag von Südwestrundfunk (SWR) und „Stuttgarter Zeitung“ liegen die Grünen bei der „Sonntagsfrage“ im Südwesten bei 38 Prozent. Das ist allen Anzeichen nach der höchste Wert, den die Demoskopen jemals für die Grünen in Deutschland auf Landesebene gemessen haben.

Der Parteitag bestätigte die beiden Landeschefs Oliver Hildenbrand und Sandra Detzer für weitere zwei Jahre in ihren Ämtern. Es gab keine Gegenkandidaten. Detzer wandte sich gegen Sticheleien aus der CDU gegen Ministerpräsident Kretschmann und dessen Alter von 71 Jahren. „Solange unser Spitzenkandidat jünger ist als Eure Ideen, schaut Ihr alt aus.“ Grüne und CDU regieren seit 2016 gemeinsam. Die CDU will nach 2021 selbst den Ministerpräsidentenposten besetzen.

Der Parteitag stimmte zudem mehrheitlich für einen Antrag des Landesvorstandes, der sich insbesondere gegen ein Pestizidverbot in Schutzgebieten wendet, das ein nun anlaufendes Volksbegehren vorsieht. Umweltstaatssekretär Andre Baumann (Grüne) erklärte, es seien hier Regelungen für Bio-Bauern nötig. Mit dem beschlossenen Antrag werden Landesregierung und Grünen-Landtagsfraktion aufgefordert, mit den Initiatoren des Begehrens zu reden, um das Pestizidverbot in Schutzgebieten praxistauglich zu gestalten.