Länder verschulden sich in Pandemie mit fast 60 Milliarden

Von Von Carsten Hoefer, dpa

dpa München. Die Corona-Krise stoppt die Konsolidierung der Länderfinanzen - und das von Stoibers einstigem Zögling Markus Söder regierte Bayern nimmt Rekordschulden auf.

Länder verschulden sich in Pandemie mit fast 60 Milliarden

Eine Frau lässt sich für einen Corona-Schnelltest einen Abstrich in der Nase abnehmen. Foto: Peter Kneffel/dpa

Die 16 Bundesländer haben in der Corona-Krise bislang fast 60 Milliarden Euro neue Schulden angehäuft. Dies ist trotz der hohen Summe deutlich weniger als in der ersten Phase der Pandemie noch befürchtet.

Die von den Länderparlamenten abgesegneten Kreditermächtigungen gehen darüber noch weit hinaus, wurden aber bislang von kaum einer Landesregierung ausgeschöpft. Das hat eine dpa-Umfrage unter den Finanzministerien und -behörden der 16 Länder ergeben. Mindestens drei Bundesländer - Niedersachsen, Thüringen, und Baden-Württemberg - wollen bereits im kommenden Jahr mit der Abzahlung der Corona-Schulden beginnen.

Nach dem Beginn der Krise hatten die Landtage, die Bürgerschaften der zwei Hansestädte und das Berliner Abgeordnetenhaus allein 2020 über 100 Milliarden Euro neue Schulden genehmigt. Dabei trafen mehrere Länder quasi Vorratsbeschlüsse, weil sie die Aufnahme der Kredite über mehrere Jahre strecken. Ursprünglich hatte wegen der Schuldenbremse keine Landesregierung 2020 neue Schulden eingeplant.

Tatsächlich aufgenommen haben die Länder 2020 und 2021 neue Kredite in Höhe von gut 57,6 Milliarden Euro. Da das Jahr noch nicht vorüber ist, wollten nicht alle Länder Wasserstandsmeldungen abgeben, so Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. Klar ist jedoch, dass die in den 16 Ländern 2020 insgesamt genehmigte Summe von über 100 Milliarden bis Ende dieses Jahres nicht annähernd ausgeschöpft sein wird.

Unterschiede

Dabei gibt es aber immense Unterschiede unter den 16: Die drei großen Flächenländer Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg allein haben fast die Hälfte der Gesamtsumme von fast 60 Milliarden aufgenommen.

Spitzenreiter bei der Neuverschuldung ist mit großem Abstand Bayern, in Abkehr von einstigen weiß-blauen Leitlinien in der Finanzpolitik. Der Landtag in München hat der Staatsregierung bis zu 20 Milliarden Euro neue Kredite genehmigt, ein separat laufender „Bayernfonds“ dürfte sich bis zu einer Summe von 40 Milliarden Euro verschulden. Die Staatsregierung hat bislang in beiden Jahren 10,1 Milliarden aufgenommen. Nächstes Jahr sind nach Angaben des bayerischen Finanzministeriums in München weitere 5,8 Milliarden eingeplant.

Nordrhein-Westfalen hat sich Kreditermächtigungen bis zu 25 Milliarden Euro genehmigt, nach Angaben des Finanzministeriums in Düsseldorf wurden 2020 und 2021 bislang 8,1 Milliarden Euro aufgenommen.

Den dritthöchsten Schuldenrahmen hat sich Baden-Württemberg mit 14,6 Milliarden gesetzt. Tatsächlich aufgenommen hat die grün-schwarze Landesregierung laut Finanzministerium in Stuttgart bislang 9,3 Milliarden, also mehr als Nordrhein-Westfalen. Dafür will Baden-Württemberg bereits 2022 mit der Tilgung beginnen: Für 2022 ist eine Rückzahlung von 958 Millionen Euro geplant. Auch Niedersachsen will knapp 700 Millionen tilgen, Thüringen 171 Millionen.

Obwohl der Schuldenrahmen fast überall unterboten wurde, werden die Länder über Jahrzehnte an den finanziellen Folgeschäden der Pandemie zu tragen haben. Einige vergleichsweise wirtschaftsschwache Länder haben für ihre Verhältnisse sehr hohe Kredite aufgenommen, darunter Schleswig-Holstein mit 2,5 Milliarden und Mecklenburg-Vorpommern mit 3,9 Milliarden Euro. Die finanzschwache Bundeshauptstadt Berlin hat sogar 7,3 Milliarden aufgenommen.

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