Online-Zocken künftig erlaubt - Länder machen Weg frei

Von Von Andreas Hoenig, dpa

dpa Berlin. Seit langem verhandeln die Länder über eine Neuregelung des deutschen Glücksspielmarktes. Er ist wegen des boomenden Schwarzmarkts im Internet in Schieflage geraten. Nun gibt es einen entscheidenden Schritt - mit klaren Regeln.

Online-Zocken künftig erlaubt - Länder machen Weg frei

Die Länder ringen seit langem um eine Neuregelung des deutschen Glücksspielmarktes. Foto: picture alliance / dpa

Die Bundesländer haben sich nach langen Verhandlungen im Grundsatz auf eine weitgehende Reform des deutschen Glücksspielmarktes geeinigt.

Diese sieht vor, bisher illegale Glücksspiele im Internet wie Online-Poker oder Online-Casinos künftig zu erlauben, wie aus dem Entwurf für einen neuen Staatsvertrag hervorgeht. Geplant sind aber strenge Regeln zum Spielerschutz. Vorgesehen ist auch eine neue zentrale Glücksspielbehörde der Länder.

WARUM EINE REFORM NÖTIG IST:

Der gültige Glücksspiel-Staatsvertrag läuft im Sommer 2021 aus. In den vergangenen Jahren hat es massive Veränderungen in dem milliardenschweren Markt gegeben. Staatliche Lotterien verloren Erträge, es gab einen Boom von bisher nicht regulierten Glücksspielen im Internet. Das sind Angebote, die nicht über eine deutsche Konzession, wohl aber über eine aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat verfügen. Nach deutschem Recht sind sie bisher illegal. Ein Großteil dieser Angebote wird allerdings faktisch weitgehend geduldet. Derzeit vergibt nur Schleswig-Holstein Lizenzen für Online-Glücksspiele.

WIE DIE ECKPUNKTE DER EINIGUNG AUSSEHEN:

Unter den Ländern war lange vor allem umstritten, ob Online-Spiele zugelassen werden sollen oder nicht. Unter Federführung der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei wurde nun ein Durchbruch erzielt. Die Ministerpräsidenten sollen dem neuen Staatsvertrag Anfang März grundsätzlich zustimmen. Er muss dann noch von den einzelnen Landesparlamenten ratifiziert werden und am 1. Juli 2021 in Kraft treten. Zu den Kernpunkten der Einigung zählt, dass Online-Casinos, Online-Poker und Online-Automatenspiel künftig erlaubt sind - aber unter Auflagen. Sportwetten im Internet sollen im Vergleich zur bisherigen Rechtslage deutlich ausgeweitet werden. Der Jugend- und Spielerschutz soll gewährleistet, das Entstehen von Wettsucht verhindert werden.

WELCHE AUFLAGEN GEPLANT SIND:

Für Glücksspiele im Internet sollen zum Schutz der Spieler vor finanziellen Folgen von Spielsucht die Einzahlungen limitiert werden, und zwar auf 1000 Euro pro Monat. Mit möglichen Gewinnen soll aber ohne Anrechnung auf das Limit gespielt werden können. In einer Sperrdatei sollen künftig Zocker mit Selbst- oder Fremdsperre erfasst werden. Dies betrifft etwa Online-Casinos, Online-Poker und Sportwetten. Die Sperrdatei wird erfasst bei der Aufsichtsbehörde.

Anbieter müssen für jeden Spieler ein Spielkonto einrichten. Veranstalter von Sportwetten, Online-Casinospielen, Online-Poker und virtuellen Automatenspielen im Internet müssen ein „automatisiertes System“ zur Früherkennung von glücksspielsuchtgefährdeten Spielern einsetzen. Anbieter müssen alle Spieldaten für die Aufsichtsbehörde zu Kontrollzwecken abrufbar halten - die Behörde soll so prüfen, ob Spielverläufe zu Lasten von Spielern manipuliert oder Regulierungsvorgaben verletzt wurden.

Bei Sportwetten sollen laut Entwurf Ereigniswetten zugelassen werden - angesichts von Manipulationsgefahren soll es aber Einschränkungen bei Live-Wetten geben. Zudem soll es für Live-Sportwetten im Rundfunk und im Internet zwischen 6.00 und 21.00 Uhr ein Werbeverbot geben.

WELCHE REAKTIONEN ES GIBT:

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig, begrüßte am Mittwoch vor allem die Einigung über rechtliche Rahmenbedingungen beim Online-Glücksspiel. Bisher gebe es eine unsichere Grauzone. „Immer mehr Menschen haben im Netz bei Anbietern gespielt, die dafür weder eine Lizenz hatten, noch klare Regeln befolgten.“ Es werde nun sehr wichtig sein, die neuen Regeln wie Spielersperren und Spielerkonten konsequent durchzusetzen.

Zustimmung kam auch von den 16 Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks. „Wir sehen in der neuen Regelung eine weitere Bestätigung des gemeinwohlorientierten Lotteriemonopols in Deutschland und erwarten, dass durch die Regulierung im Online-Bereich der illegale Markt zurückgedrängt wird“, hieß es von der federführenden Gesellschaft Lotto Rheinland-Pfalz. Mit der Glücksspielbehörde sei ein noch deutlicheres Vorgehen gegen illegale Anbieter möglich.

Der Deutsche Sportwettenverband erklärte, zwar lockere der neue Vertrag die bisherige strikte Verbotspolitik beim Glücksspiel. Präsident Mathias Dahms kritisierte aber die „sehr enge Zulässigkeit“ von Live-Wetten ausschließlich auf das Endergebnis oder auf das nächste Tor bei Sportarten mit geringer Toranzahl wie zum Beispiel beim Fußball. Relevante Live-Wettmärkte wie Tennis oder Handball und beliebte Live-Wettformen könnten damit nicht mehr angeboten werden. „Enttäuschte Verbraucher werden sich Schwarzmarktangeboten zuwenden, die sich nicht an gesetzliche Vorgaben halten.“

Für den Glücksspielanbieter Löwen Entertainment sagte Daniel Henzgen, Mitglied der Geschäftsleitung, es sei gut, dass der Markt für Online-Glücksspiel geöffnet werde und Löwen an dem Wachstumsmarkt teilnehmen dürfe. Die staatlich konzessionierte Spielhalle werde aber weiter diskriminiert. „Antiquierte Mindestabstände von Spielstätte zu Spielstätte bleiben bestehen, während das Online-Spiel an jedem Ort verfügbar ist.“