Lamas erfreuen Hospizgäste

Freudige Lichtblicke im Hospiz in Backnang: Am Mittwoch tauchten dort drei flauschige Lamas und ein Alpaka auf. Die Koordinatorinnen des „Kinderhospizes Pusteblume“ organisierten den tierischen Besuch gemeinsam mit den „Murrtaler Andenkamelen“ aus Sulzbach an der Murr.

Lamas erfreuen Hospizgäste

Heidi Kohler (rechts) freut sich sehr über das Lama namens Kiwaya, das sie in ihrem Zimmer im Hospiz in Backnang besucht. Die Lamahalterin Janina Schrader (links) von den „Murrtaler Andenkamelen“ bringt die beiden behutsam zueinander. Fotos: A. Becher

Von Anja La Roche

Backnang. Heidi Kohler ist vor wenigen Stunden in das Hospiz in Backnang eingezogen. Sie erlebt einen besonderen ersten Tag in ihrer neuen und letzten Bleibe. Denn an diesem Tag erscheinen nicht nur Angehörige, andere Gäste oder Angestellte des Hospizes; es erscheinen auch flauschige Vierbeiner. Drei Lamas und ein Alpaka, um genau zu sein. „Wie schön!“ Die Bewohnerin ist sofort Feuer und Flamme für das Lama, das in ihrem Zimmer steht.

Die „Murrtaler Andenkamele“ sponsorten diese Begegnung zwischen Mensch und Tier. Es ist das erste Mal, dass die Andenkamele im Hospiz vorbeischauen. Die Kooperation ist eine gelungene Symbiose, eine Win-win-Situation: Auf der einen Seite sind die Besitzer der Tiere, Janina Schrader, Uwe Hohmann und Nathalie Woyan. Sie wollen mit ihrer Liebe zu Lamas und Alpakas auch etwas Gutes für Menschen tun. Auf der anderen Seite sind die Koordinatorinnen des „Kinderhospizes Pusteblume“, Gabi Hammer und Mieke Mann. Sie wollen schöne Erlebnisse und Abwechslung ermöglichen, für die todkranken Kinder und Erwachsenen sowie für deren Angehörige.

Daher stolzieren die wolligen Vierbeiner um kurz nach 14 Uhr auf die Terrasse des Hospizes. Unter anderem ist eine Familie anwesend, die im Förderverein der Einrichtung Mitglied ist. Die kleinen Kinder sind sofort hellauf begeistert von den Tieren. Neben Cañas, dem Chef der Bande, stehen auch Kiwaya, Rolf und Charlie, das etwas kleinere Alpaka, auf der Terrasse. Die Tiere schauen sich neugierig um. Es sind ganz eigene Charakterköpfe. „Kiwaya ist gerade noch im Training. Charlie ist unser Senior, auch wenn er der Kleinste ist. Und Rolf ist gerade in der Pubertät“, klärt Janina Schrader auf.

Die Distanztiere sind nur mit Training für menschliche Begegnungen geeignet

Bereits der Anblick der Tiere lässt bei einigen der Anwesenden sichtlich das Herz schmelzen. Bevor die Vierbeiner die Hospizgäste in ihren Zimmern besuchen, dürfen sie sich von der Fahrt erholen und in der neuen Umgebung akklimatisieren. Eigentlich sind sie Distanztiere und mögen keine Nähe zu Menschen. Nur durch ausreichend Training ist es möglich, mit den Tieren unter Menschen zu gehen. Schrader kennt ihre Tiere ganz genau. Die 28-Jährige hat bereits seit dem zarten Alter von sechs Jahren mit Andenkamelen zu tun. „Sie sind gerade tiefenentspannt“, sagt sie. Nur der pubertierende Rolf sei aufgeregt. Er ist das erste Mal bei einer sozialen Aktion dabei.

Der Besuch der Lamas und des Alpakas im Hospiz ist der Auftakt einer längerfristigen Kooperation. „Ich hatte das schon länger im Kopf“, sagt Janina Schrader. Mieke Mann vom Kinderhospiz ging es nicht anders: „Man liest überall von den Lamas.“ Durch die Begegnung mit den Lamas möchten die Koordinatorinnen des Kinderhospizes zukünftig auch Geschwistern von todkranken oder bereits verstorbenen Kindern Ablenkung und heilsame Erlebnisse bieten. „Es ist toll, zu sehen, wenn Kinder mit Tieren zusammen sind. Zum Beispiel mit Pferden. Da haben sie die Möglichkeit, mal das Kommando zu geben“, so Mann. „Die Kinder gehen eine Verbindung mit den Wesen ein.“

Die „Hospizstiftung Rems-Murr“ umfasst neben dem stationären Hospiz mit zwölf Zimmern auch das „Kinderhospiz Pusteblume“ und einen ambulanten Hospizdienst für Erwachsene. „Der Bedarf wächst“, sagt Heinz Franke, der Vorsitzende der Hospizstiftung. „Viele sagen, das sind ja nur wenige Leute, die ihr begleitet. Aber die Ehrenamtlichen begleiten die Familien oft jahrelang und sehr zeitintensiv.“ Mieke Mann bestätigt, es gebe einen Riesenbedarf an Beratungen für Familien, bei denen ein Kind oder die Eltern der Kinder todkrank oder bereits verstorben sind.

Janina Schrader möchte zukünftig zwei- bis dreimal im Jahr selbst finanzierte Hospizbesuche mit den Lamas ermöglichen. Außerdem erhalten die ehrenamtlichen Sterbebegleiter des Kinderhospizes die Telefonnummern von den Lamahaltern. „Familien, denen es schlecht geht, können uns erreichen und auf unseren Hof kommen“, sagt Schrader. Auch Uwe Hohmann, der sich vor etwa zwei Jahren mit zwei Lamas an Schraders Hof beteiligte, ist überzeugt von der Wirkung der heilsamen Mensch-Tier-Begegnung. Sobald er in Rente ist, möchte er sich in tiergestützter Therapie ausbilden lassen.

Der Lamahof befindet sich in Sulzbach an der Murr. Schrader und ihre Mitstreiter bieten dort mit den Tieren Wanderungen an, die zwei bis fünf Stunden dauern. Aber auch Begegnungsstunden für Senioren und Menschen mit Handicap sind möglich. Die Lamas aus Sulzbach statteten auch schon Besuche in Seniorenheimen ab. Die hauptberuflich bei dem Gerätehersteller Stihl arbeitende Lamahalterin Schrader betont allerdings, dass die Andenkamele „keine Kinderattraktion“ seien. Streicheleinheiten mögen sie nicht wirklich. Vielmehr seien die Lamas und Alpakas geeignete Begleiter, um aus dem Alltag heraus und zur Ruhe zu kommen. Die ursprünglich aus Südamerika stammenden Tiere haben in den vergangenen Jahren hierzulande an Berühmtheit gewonnen. Und gerade in der tiergestützten Therapie soll ihre Robustheit und ihr sanftes Gemüt Wirkung zeigen.

Die zwei hauptamtlichen Mitarbeiter des Kinderhospizes Gabi Hammer und Mieke Mann sind glücklich über den tierischen Besuch und die künftige Zusammenarbeit mit den „Murrtaler Andenkamelen“. Das Hospiz kann jede Unterstützung gebrauchen – besonders wenn sie Lichtblicke ins Leben der Betroffenen zaubern kann, wenn es gerade am schwersten ist.