Landkreise: Kosten des Nahverkehrsausbaus nicht abwälzen

dpa/lsw Stuttgart. Grüne und CDU wollen den Nahverkehr massiv ausbauen. Um das zu finanzieren, soll es eine neue Abgabe in den Kommunen geben. Das könnte für Autofahrer ganz schön happig werden. Bei den Koalitionsverhandlungen ist das ein heikles Thema.

Der Landkreistag hat die künftige grün-schwarze Koalition eindringlich davor gewarnt, die Kosten für den geplanten Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs auf die Kommunen abzuwälzen. Die Kreisen hielten es für einen „ordnungspolitischen Sündenfall“, wenn Grüne und CDU die zusätzlichen Busse und Bahnen sowie das benötigte Personal über eine kommunale Nahverkehrsabgabe finanzieren wollten. „Das wäre definitiv nicht darstellbar“, sagte Alexis von Komorowski, Hauptgeschäftsführer des Landkreistages, der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „Es ist ein Landesprojekt, hinter dem wir stehen.“ Aber die Basisinfrastruktur müsse vom Land finanziert werden.

Grüne und CDU wollen den öffentlichen Nahverkehr stark ausbauen und attraktiver machen, um die Menschen im Sinne des Klimaschutzes zum Umstieg auf Busse und Bahnen zu bewegen. So soll es eine Garantie für den öffentlichen Nahverkehr geben, die bedeutet, dass alle Orte im Südwesten von 5.00 Uhr früh bis Mitternacht mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichbar sind. Darüber hinaus soll es günstigere Tickets im Nahverkehr geben. Darauf hatten sich Grüne und CDU schon in den Sondierungen geeinigt. Die Kosten für beide Vorhaben werden auf 1,1 Milliarden Euro geschätzt.

Für Busse und Stadtbahnen sind allerdings die Landkreise zuständig. Um die Vorhaben zu finanzieren, will das Land den Kommunen die Möglichkeit geben, eine Nahverkehrsabgabe - auch Mobilitätspass genannt - einzuführen. Dann könnten die Kommunen entscheiden, ob sie alle Einwohner oder nur die Autofahrer zur Kasse bitten. Bei einem Modellversuch in vier Kommunen waren Monatsbeiträge von zehn bis 57 Euro im Gespräch. Dem Vernehmen nach rechnet das Land damit, dass mit einer Nahverkehrsabgabe 800 Millionen Euro in die kommunalen Kassen gespült werden könnten.

Der Landkreistag glaubt jedoch nicht daran, dass alle Kreise die neue freiwillige Abgabe einführen wollen - schon allein deshalb, weil sie kompliziert zu erheben sei. „Es besteht die Gefahr eines Flickenteppichs“, sagte Komorowski. Zudem berge die Abgabe ein „hohes Erregungspotenzial“, was die Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern angehe. Wenn das Land das Projekt durchziehen wolle, seien die Kommunen durchaus bereit, über den kommunalen Finanzausgleich ihren Beitrag zu leisten. Auch seien die Kreise bereit, die bestehende Infrastruktur aus eigener Kraft zu stärken.

Komorowski zeigte sich überzeugt, dass der Ausbau wegen des corona-bedingten Geldmangels bei Land und Kommunen zunächst nur schrittweise möglich sei. „Man muss sich über einen Stufenplan verständigen“, sagte er.

Am Donnerstagabend treffen sich die Spitzen von Grünen und CDU um Ministerpräsident Winfried Kretschmann und CDU-Landeschef Thomas Strobl im Rahmen ihrer Koalitionsverhandlungen mit den kommunalen Spitzenverbänden.

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