Landtagspräsidentin sieht die höchste Eskalationsstufe mit AfD

Muhterem Aras befürchtet, dass die Provokationen von AfD-Abgeordneten ihr Amt beschädigen

Stuttgart (lsw). Nach dem Rauswurf von zwei AfD-Politikern aus dem Sitzungssaal am vergangenen Mittwoch sieht Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) die bisher höchste Eskalationsstufe im Parlament erreicht. „Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass ich die Polizei bitten muss, Abgeordnete aus dem Saal zu begleiten“, sagt die 52-Jährige. Aras hatte zunächst den AfD-Abgeordneten Stefan Räpple und kurz danach den fraktionslosen Abgeordneten Wolfgang Gedeon aus dem Plenarsaal verwiesen. Die beiden Politiker sind für drei Landtagssitzungen ausgeschlossen.

Grund für den Ausschluss von Räpple sei nicht der Ausdruck „rote Terroristen“ gewesen, sondern dass er fortlaufend gestört habe, sagte Aras. Gedeon hatte ihre Amtsführung mit türkischen Verhältnissen verglichen. Solche Zwischenrufe machten Debatten unmöglich. „Der Plenarsaal ist für die Debatten da. Das ist die Herzkammer der Demokratie, da kann zugespitzt werden“, sagte Aras. Trotzdem sollte es immer fair und respektvoll zugehen. „Wir haben Regeln, die muss jeder einhalten. Und meine Rolle ist ungefähr die eines Schiedsrichters. Wenn eine Entscheidung getroffen ist, muss man sie im Plenum erst einmal befolgen – auch wenn man es als ungerecht empfindet. Einwände kann man nachher erheben.“

Seit ihrem Amtsantritt vor zweieinhalb Jahren sei sie für manche AfD-Abgeordnete eine „lebendige Provokation“, berichtete Aras. „Damals hieß es, ich sei der Beweis für die Islamisierung Deutschlands.“ Dass die Angriffe zunähmen, habe wohl auch mit ihrer inhaltlichen Arbeit zu tun, vor allem damit, dass sie sich deutlich auch zur Erinnerungskultur äußere und Gedenkstätten besuche. „Das NS-Regime ist eben kein ,Vogelschiss‘ in der deutschen Geschichte. Solche Geschichtsrelativierungen werde ich auch weiterhin deutlich benennen. Das ist meine Aufgabe als Landtagspräsidentin“, sagte Aras.

Im Sommer hatte sie entsprechende Äußerungen des Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion Alexander Gauland kritisiert – darauf forderten AfD-Landtagsabgeordnete ihren Rücktritt, weil Aras aus ihrer Sicht die Neutralität verletzt habe. Der AfD-Abgeordnete Emil Sänze sprach ihr wegen ihrer türkischen Wurzeln das Recht ab, sich zur Judenverfolgung in der Nazizeit zu äußern.. „Die Angriffe wegen meiner Herkunft gibt es immer wieder“, sagte Aras, die als Zwölfjährige nach Deutschland kam. Das sei für sie persönlich nicht schön. „Was mich mehr umtreibt, ist aber, dass mein Amt als Landtagspräsidentin beschädigt wird.“