Der Außenexperte der CDU; Armin Laschet, grenzt sich im ARD-Talk scharf ab von Claudia Major, einer Skeptikerin des Friedensplans für die Ukraine.
Caren Miosga diskutiert sonntags mit ihren Gästen.
Von Christoph Link
Wird es jetzt ganz schnell mit dem Frieden in der Ukraine gehen? Aber ist es überhaupt ein Frieden oder nur eine Kapitulation der Ukraine? Mit diesen Leitfragen konfrontierte Caren Miosga im ARD-Talk am Sonntag ihre Studiogäste, von denen zwei sich in klar getrennte Lager einsortierten: Da war die äußerst skeptische Politikwissenschaftlerin Claudia Major, die von einer „Win-Win-Situation“ für Präsident Wladimir Putin sprach und von seinem Interesse, jetzt über den Friedensplan zu einer Kampfpause zu gelangen, um seine Streitkräfte wieder zu stabiliseren.
Und da war Armin Laschet (CDU), der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, der sich weitaus optimistisch äußerte: Politik müsse jede Möglichkeit nutzen, den Krieg zu beenden. Das sei nun der Fall, und man müsse den 28 Punkte umfassenden Friedensplan nachschärfen zugunsten der Sicherheitsinteressen der Ukraine. Aber man dürfe nicht von vornherein sagen, „die Russen machen es eh nicht mit“.
„Ukraine bleibt vogelfrei“
Die für die Ukraine am härtesten ausfallenden Punkte waren für Claudia Major: die weit reichenden Gebietsabtretungen, das Verbot einer Mitgliedschaft in der Nato, die Limitierung der ukrainischen Armee. Mit diesem Plan werde eine Grenzverschiebung durch Krieg gerechtfertigt, so Claudia Major, und zwei UN-Sicherheitsratsmitglieder - Russland und die USA – „drückten“ die Ukraine da hinein.
Die russischen Intentionen, die Ukraine zu kontrollieren, seien mit diesem Plan nicht aus der Welt. Unter den abzutretenden Gebieten sei der Donbass, in dem die Ukraine seit 2014 einige Verteidigungsbollwerke errichtet habe. Sollten die jetzt russisch werden, dann erreiche Putin auf diplomatischem Wege, was er militärisch nicht geschafft habe.
Auch die Begrenzung der ukrainischen Armee auf 600.000 Mann, während Russland 1,5 Millionen Soldaten haben dürfe, sei ein Indiz für die drohende „strukturelle Verteidigungsunfähigkeit“ der Ukraine. Die avisierten Sicherheitsgarantien – von einer internationalen Friedensarmee in der Ukraine ist gar keine Rede mehr – sei eine „Mogelpackung“. „Die Ukraine bleibt vogelfrei“, bilanzierte Claudia Major. Mit dem geplanten Nato-Mitgliedschaftsverbot werde im übrigen in die Souveränität des Landes eingegriffen, denn die Bündnisfreiheit werde beschnitten. Auch das Verbot einer Nato.-Erweiterung sieht Major höchst kritisch: „Russland gibt sich da ein Mitsprachrecht in der Nato.“
Eine Regelung wie in Korea?
Major hat den Eindruck, dass sich die USA im Ukraine-Konflikt auf die Rolle des neutralen Beobachters zurückziehen wollen. Selbst als Nato-Mitglied sehen sich die USA offenbar nicht mehr, wenn sie erklärten, sie wollten den Dialog zwischen Nato und Russland als Art Moderator erleichtern. Dies war ein Punkt, bei dem auch Armin Laschet die Analyse von Major teilte – ansonsten ging er auf Gegenkurs.
Anders als Major bejahte er die Frage von Caren Miosga, ob der von US-Präsident Donald Trump vorgestellte Plan zum dauerhaften Frieden führen könne. „Ja, er kann die Basis für Frieden sein“, sagte Laschet. Dass sehe Ukraines Präsident Selenskyj so, dass sehe Polen und auch die EU so. Es sei ein Glück gewesen, dass Kanzler Friedrich Merz beim G-20-Gipfel in Südafrika Gespräche führen konnte, „um die Europäer verhandlungsfähig zu machen“.
Die im Studio diskutierte Annahme, dass das Friedenspapier gar nicht von Amerikanern stamme sondern von einer russischen Feder geschrieben wurde, wischte Laschet vom Tisch: „Tatsache ist, dass es Trump auf den Tisch gelegt hat. Wir müssen mit ihm jetzt Punkt für Punkt darüber diskutieren.“ Einige Dinge seien nicht hinnehmbar, etwa die Preisgabe des Donbass oder die völkerrechtliche Anerkennung von den Russen überlassenen Gebieten. So etwas könne man per Waffenstillstand regeln, so etwas werde ja auch bei Nord- und Südkorea seit 50 Jahren akzeptiert.
Laschet: USA bei der Stange halten
Grundsätzlich aber hält Laschet den Friedensmoment für gekommen. Man könne jetzt natürlich sagen, dass sei „alles Unsinn“ und wie die FDP-Politikerin Agnes Strack-Zimmermann die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine fordern, aber dass sei „keine Antwort auf die Frage, die jetzt überall auf der Welt erörtert wird“ - der nach dem Frieden.
Es liege ein Angebot vor und es gehe darum, es zu verbessern und die Antwort darauf auch aus Moskau abzuwarten. Dabei empfahl der CDU-Politiker dringend, nicht nur auf den Kreml zu schielen und die Frage, ob Putin den Plan nun annehme oder nicht. Wichtiger sei es beim Thema Ukraine in erster Linie nach Washington zu blicken: „Wir müssen die USA drin halten und versuchen, sie für das Projekt zu interessieren.“ Die Gefahr, dass die USA für die Ukraine „gar nichts“ mehr machten, sei gegeben: „Und dann haben wir das allergrößte Problem.“
Kritisch äußerte sich Laschet über die bisher nur „reaktive Haltung“ der EU im Ukraine-Krieg. „Europa findet begrenzt statt und wenn, dann agiert es immer, um das Schlimmste zu verhindern.“ Die Ursache liege im „Habitus der EU“, so Laschet: „Wir reden ja nicht mit Russland. Aber die Amerikaner reden. Die kommen mit Ergebnissen.“
Auch die Soldaten sind gespalten
Wie die Ukraine selbst aber auf den Friedensplan reagieren wird, das ist noch offen. Der Kriegsreporter Paul Ronzheimer („Bild“) berichtete über seine Eindrücke von seinem jüngsten Ukraine-Besuch. „Jeder in der Ukraine weiß, dass es irgendwann schmerzhafte Zugeständnisse geben wird.“ Man erlebe sei Monaten, dass die Russen langsam vorankämen. Die Frage sei, wie groß die Zugeständnisse ausfallen sollen, und über was man verhandeln könne und was nicht.
Auch die Soldaten an der Front seien gespalten: Die einen sagten, man dürfe keine Gebiete abgeben und müsse weiterkämpfen, die anderen fragten, wie denn die Lage in einem halben oder einem Jahr aussehe und ob es jetzt nicht besser sei, zu verhandeln. Schon jetzt gebe es Deserteure in der Ukraine und das Land habe „zu wenig Soldaten, die die Front verteidigen wollen“. Vom wegen einer Korruptionsaffäre in seinem Umfeld zusätzlich unter Druck geratenen Selenskyj glaubt Ronzheimer nicht, dass er nach einem möglichen Kriegsende nochmals als Präsident bei Wahlen kandidieren würde. Und sollte er es tun, würde er seiner Ansicht nach nicht wiedergewählt. Aber Wahlen stehen noch in den Sternen. Die im Friedensplan angekündigten Wahlen 100 Tage nach einem Waffenstillstand hält Claudia Major auch aus organistaorischen Gründen – Flüchtlinge und Frontsoldaten sind abwesend – gar nicht für machbar.