Lebensbeichte einer Samtpfote

Tutu ist ein gut aussehender, selbstbewusster Kater. Aber auch er hat so seine Probleme. Mit seiner Partnerin, mit der Welt da draußen und mit seinen Zweibeinern. Aber immerhin, Gerhard Fritz, der ihn seit Langem als sein Hotelier umsorgt, war bereit, seine Erlebnisse aufzuschreiben.

Lebensbeichte einer Samtpfote

Der Murrhardter Historiker und Professor im Unruhestand Gerhard Fritz hat ein Buch über seinen Kater geschrieben. Archivbild: J. Fiedler

Von Christine Schick

Murrhardt. Das dürfte dem Murrhardter Historiker und Professor im Unruhestand in seiner Rolle als Versorger zumindest ein paar Extrapunkte eingebracht haben, beschäftigt er sich doch sonst eher mit geschichtlichen Fragestellungen und Themenkomplexen. Ganz offensichtlich hat es ihm aber auch Spaß gemacht, Sprachrohr seines rothaarigen Katers zu sein, über dessen Erlebnisse und Beobachtungen sich durchaus auch Erkenntnisse für die Welt der Zweibeiner ergeben. So schreibt der Herausgeber von Tutus „Katzengeschichten für Erwachsene“ in seinem Vorwort: „In der Tat sind die Erzählungen von Tutu einzigartig. Das Erschütternde ist, dass wir uns beim Lesen selbst wiedererkennen. Er ist eine Katze wie du und ich!“ Neben Einsichten, die sich aus seinem Lebens- und Leidensweg inklusive Therapieerfahrung ergeben, hält das Bändchen auch den einen oder anderen Tipp für das Personal in Katzenhotels bereit, um den Dienst an der Samtpfote noch zu optimieren.

Tutu heißt eigentlich Manitu, aber das war seinen Freunden zu kompliziert. Schnell wird klar, dass der Kater nicht nur ziemlich selbstbewusst daherkommt, sondern seinen umsorgenden Zweibeinern gegenüber hohe Ansprüche hat. Dass die von seinen großzügigen Geschenken – den nicht verspeisten Teilen seiner Beute – nichts wissen wollen und Gemüse essen, irritiert ihn zwar, wirft ihn aber nicht aus der Bahn. Mehr Potenzial haben da schon die Begegnungen mit kleinen Zweibeinern, die ungeübt im Umgang mit Samtpfoten sind und ihn über eine schriftliche Beschwerde beim Hotel-Dachverband nachdenken lassen. Zu den Herausforderungen in der Welt der Zweibeiner kommen die in der eigenen Peergroup. Tutu lebt mit Lina zusammen, und es gibt Konkurrenz in der Umgebung. Dem Kater Mikesch, der ebenfalls kein hässlicher Kerl ist und es auf sein Essen abgesehen hat, fühlt er sich noch gewachsen, beim bösen Paul, ein muskelbepackter Bodybuildertyp, sieht das schon anders aus.

Wenn es um den eigenen sportlichen Ehrgeiz geht, so steht bei Tutu das Mäusefangen ganz oben auf der Liste – mit den entsprechenden spielerischen Einlagen. Aber irgendwann macht die Beute schlapp. „Dann kann man die Maus anschubsen, so viel man will, dann laufen die gar nicht mehr und bewegen sich auch nicht mehr und behaupten, sie seien tot“, stellt Tutu trocken fest. Und er gibt zu, dass er sich manchmal – natürlich bindet er das Lina nicht auf die Nase – aufmacht, um einem rolligen Katzenmädel nachzusteigen. Wenn die von ihren Zweibeinern eingesperrt werden, bleibt ihm nur, vor dem Haus die schönsten Katzenlieder anzustimmen. Trifft er auf Konkurrenten, kann das schon mal in einer Rauferei enden oder bestenfalls – bei kultivierten Artgenossen – zur Bildung eines Katerchors führen.

Nach diesen ersten Einblicken geht es allmählich ans Eingemachte: seine Beziehungsprobleme. Lina hat nicht nur einen Verdacht und fordert von Tutu, sich kastrieren und somit stressige Nachwuchsprobleme gar nicht erst entstehen zu lassen, sondern sie will schließlich, dass ihr Partner eine Therapie in Angriff nimmt. Zwar lässt er sich dazu überreden, hätte aber wohl nicht gedacht, dass ihn diese Erfahrung dermaßen an seine Grenzen bringt.

Ohne zu viel zu verraten: In den Sessions erlebt Tutu höchst Irritierendes und Absurdes und die Frage, wer das Sagen und die schlagkräftigste Pranke hat, stellt sich dort letztlich genauso wie zuvor. Es ist nicht die einzige Parallele zur Welt der Zweibeiner. Flankiert wird Tutus Lebensbeichte von Überlegungen rund um die Gleichstellungsdiskussion und ums Gendern im Tierreich. So weit allerdings, sich einer Katzenpartei anzuschließen, geht Tutu nicht, auch wenn er für Katerrechte trommelt. Vielleicht noch so viel: Ein Antiaggressionstraining geht ziemlich in die Hose, aber trotz der therapeutischen Initiationsriten ist Tutus Ego nach dieser Erfahrung noch recht fidel.

Der freischaffende Kater

Zum Autor „Tutu lebt als freischaffender Kater am Rande einer Stadt zwischen Häusern, Wiesen und Wäldern. Wenn er nicht gerade mit Alltagsarbeiten beschäftigt ist (Mäusefang, Sonnenbaden, Verkosten neuer Speisekreationen, Flirten mit Katzenmädels oder Ärger mit Nachbarkatern) oder wenn er nicht eben bei einer Vernissage zur Vorstellung seiner Werke weilt, diktiert er seine Erfahrungen seinen zweibeinigen Mitbewohnern, die alles aufschreiben müssen“, heißt es auf der Rückseite des Büchleins.

Zum Werk Die „Katzengeschichten für Erwachsene“, die Gerhard Fritz herausgegeben hat, sind im Manfred-Hennecke-Verlag, Remshalden, erschienen. Das Bändchen mit 68 Seiten hat die ISBN 978-3-948138-08-0, ist im Buchhandel erhältlich und kostet 8,50 Euro. Weitere Informationen finden sich im Internet unter der Adresse www.verlag-hennecke.de.