Kurs der Lebenshilfe Rems-Murr über Leichte Sprache

Für die Lebenshilfe Rems-Murr veranstaltet Beate Fischer einen Kurs in sogenannter Leichter Sprache. Diese erleichtert die Kommunikation mit Menschen, die aus den verschiedensten Gründen nicht gut Deutsch verstehen.

Kurs der Lebenshilfe Rems-Murr über Leichte Sprache

Beate Fischer leitet das Büro für Leichte Sprache der Diakonie Stetten. Auf dem Bild ist sie während eines Kurses zu sehen. Foto: Alexander Becher

Von Annette Hohnerlein

Backnang. Diese Situation kennt wohl jeder von uns: Man steht einem Mitmenschen gegenüber und kann beim besten Willen nicht verstehen, was dieser einem sagen möchte. Zum Beispiel, weil man gerade im Ausland ist und die Landessprache nicht beherrscht. Oder weil man in einer Region Deutschlands unterwegs ist, deren Dialekt einem komplett fremd ist. Doch es gibt viele Menschen, die nicht nur im Urlaub vor dieser Hürde stehen, sondern auch zu Hause in ihrem Alltag, weil sie nicht gut Deutsch können.

Die Gründe dafür sind vielfältig: Sie haben eine andere Muttersprache, hatten keine ausreichende Schulbildung, haben eine Behinderung wie zum Beispiel das Downsyndrom oder eine Erkrankung wie etwa Demenz. Um mit diesen Personengruppen besser kommunizieren zu können, wurde die sogenannte Leichte Sprache entwickelt. Sie kann genutzt werden, um Texte nach bestimmten Regeln so umzuwandeln, dass sie besser verstanden werden.

Menschen mit geistiger Behinderung sind darauf angewiesen

Wer allerdings vor der Aufgabe steht, selbst in Leichter Sprache zu sprechen oder zu schreiben, merkt schnell: Leicht ist diese Ausdrucksform nur für die Zielgruppe. Für den Verfasser oder die Verfasserin kann sie eine ziemlich harte Nuss sein. Deshalb hat sich die Lebenshilfe Rems-Murr dieses Themas angenommen. Schließlich ist ihre Klientel, Menschen mit geistiger Behinderung, darauf angewiesen, dass die Kommunikation an ihre besonderen Bedürfnisse angepasst wird.

Das Team um Beate Fischer vereinfacht die Sprache von Texten

Beate Fischer leitet das Büro für Leichte Sprache der Diakonie Stetten, einer Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung im Remstal. Sie und ihr Team übersetzen Texte in Leichte Sprache und bieten Schulungen dazu an. „Hierzulande gelten gut zwölf Prozent der Deutsch sprechenden Erwachsenen als gering literalisiert, das sind rund 6,2 Millionen Menschen,“ erklärt Beate Fischer den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Seminars im Backnanger Büro der Lebenshilfe.

Ein Teil der Betroffenen kann nur Buchstaben oder Wörter erkennen, andere können einzelne Sätze lesen und schreiben, aber keinen zusammenhängenden Text. Diese Menschen erreicht man besser, wenn man Leichte oder einfache Sprache verwendet.

Leichte Sprache ist ein feststehender Begriff, deshalb wird er großgeschrieben. Anders verhält es sich bei der sogenannten einfachen Sprache, die keine festgelegten Regeln hat. Sie ist in ihrer Verständlichkeit zwischen der Leichten und der Standardsprache angesiedelt.

Der Duden hat einen Ratgeber veröffentlicht

Fischer stellt in ihrer Präsentation die Regeln vor, die alle Merkmale eines Textes betreffen: die Wortwahl, den Satzbau, die Grammatik, die Gliederung, das Layout und den Inhalt. Die Regeln füllen ganze Bücher, auch der Duden hat einen Ratgeber für Leichte Sprache veröffentlicht.

Vieles leuchtet sofort ein, etwa die Vermeidung von Fremdwörtern oder langen, zusammengesetzten Begriffen. Beim Formulieren von Sätzen sollte man möglichst auf Nebensätze, den Konjunktiv oder Passivkonstruktionen verzichten. Auch eine bildhafte Sprache, Ironie oder Synonyme sind zu kompliziert. So könnte zum Beispiel der Satz „Ich möchte, dass du mir dein Ohr leihst“ in Leichter Sprache lauten: „Bitte höre mir zu.“

Manches kann einfach weggelassen werden

Doch es gibt auch Sachverhalte, die so kompliziert sind, dass sie in Leichter Sprache kaum auszudrücken sind. Dann heißt es vereinfachen oder weglassen, ohne Inhalte zu verfälschen. Fischer betont, dass man die Zielgruppe gut kennen sollte, für die man schreibt. Nur dann könne man beurteilen, welche Informationen wichtig sind und wie sie vermittelt werden müssen.

Sie und ihre Kolleginnen beauftragen regelmäßig eine Prüfgruppe von Menschen mit geistiger Behinderung, die beurteilt, ob die übersetzten Texte wirklich leicht zu verstehen sind.

Öffentliche Stellen müssen ihre Internetseiten barrierefrei gestalten

Die Leichte Sprache verbreitete sich in Deutschland in den 1990er-Jahren aus der Selbsthilfebewegung heraus. Einen Schub erhielt die Entwicklung durch die UN-Behindertenrechtskonvention, die in Deutschland seit 2009 in Kraft ist. Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung regelt, dass öffentliche Stellen nach und nach ihre Internetseiten barrierefrei gestalten müssen; dazu gehört auch die Bereitstellung bestimmter Inhalte in Leichter Sprache.

Es gibt Forschungen zu dem Thema, zudem bieten immer mehr Übersetzer, Lektorinnen und Einrichtungen der Behindertenhilfe Leistungen rund um die Leichte Sprache an.

Am Ende des Kurses gehen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit jeder Menge neuer Eindrücke und der Erkenntnis nach Hause: Es gibt vieles, das man einfacher ausdrücken kann. Das allerdings ist alles andere als einfach. Aber es lohnt sich.

Büro für Leichte Sprache

Angebot Beate Fischer und ihre Kolleginnen übersetzen und schreiben Texte in Leichter und einfacher Sprache. Das können Texte für Flyer, Broschüren, Internetseiten, Gesetze oder Verträge sein. Außerdem veranstalten sie Fortbildungen und Vorträge.

Kontakt Das Büro für Leichte Sprache hat seinen Sitz in Kernen im Remstal-Stetten und ist von Montag bis Mittwoch von 10 bis 12 Uhr sowie donnerstags von 10 bis 12 und von 13.30 bis 15.30 Uhr unter der Telefonnummer 07151/9402350 erreichbar. Die E-Mail-Adresse lautet leichte-sprache-buero@diakonie-stetten.de. Weitere Informationen findet man unter www.diakonie-stetten.de/leichte-sprache-buero.html.