Lernbrücken werden gut angenommen

Durch die lang andauernden Schulschließungen im vergangenen Schuljahr haben sich bei zahlreichen Schülerinnen und Schülern zum Teil gravierende Lücken aufgetan. Deshalb sollen die Lernbrücken den Kindern dabei helfen, sich gut auf das neue Schuljahr vorzubereiten.

Lernbrücken werden gut angenommen

Fachkräfte der Mörikeschule berichten nur Gutes von den Lernbrücken in der Backnanger Einrichtung. Foto: J. Fiedler

Von Simone Schneider-Seebeck

Backnang. Das erfreut des Lehrers Herz. Auf die Frage, wie es ihnen denn gefalle, in den Ferien die Schulbank zu drücken, erklingt ein einstimmiges: „Toll!“ Eifrig bekunden die Schülerinnen und Schüler, die an diesem nebligen Morgen auf dem Schulhof der Mörikeschule Backnang darauf warten, das Schulhaus zu betreten, wie froh sie über das Lernbrückenangebot sind. „Es ist toll, wenn man lernt“, versichert Irena aus der 4. Klasse. Und Erstklässlerin Mia ergänzt: „Gestern haben wir gelesen und Rechnen üben wir auch.“ Die umstehenden Mädchen sowie ein Junge machen nicht den Eindruck, als sei ihnen der außerordentliche Schulbesuch lästig. „Gut“ und „schön“ finden sie die Möglichkeit, sich aufs kommende Schuljahr vorbereiten zu können.

Das vergangene Schuljahr hatte, je nach Klassenstufe, zu großen Teilen am heimischen Schreibtisch stattgefunden, weshalb sich das Kultusministerium entschieden hatte, auch in diesem Jahr wieder das für Eltern und Schüler kostenfreie Angebot zu machen. Kultusministerin Theresa Schopper: „Wir brauchen die Lernbrücken in den Sommerferien auch in diesem Jahr, da es einfach Schülerinnen und Schüler gibt, die Lernlücken haben. Und diesen Kindern und Jugendlichen wollen wir einen guten und motivierten Start in das neue Schuljahr ermöglichen.“

Durch die kleineren Gruppen nehmen die Kinder laut Karin Moll viel mehr mit

Im vergangenen Sommer hatten sich Eltern und Lehrer zum Teil recht skeptisch gegenüber dem Angebot gezeigt. Klar ist, dass durch zwei Wochen Lernen in den Ferien die entstandenen Lücken nicht ausgemerzt werden können, das betont auch Sabine Hagenmüller-Gehring, Leiterin des Staatlichen Schulamtes Backnang. Doch im Nachhinein habe sich gezeigt, dass Kinder, die die Lernbrücken besucht haben, gut an das neue Schuljahr anknüpfen konnten. Die Rückmeldungen von Eltern- und Lehrerseite seien positiv gewesen. „Die Kinder gehen vorbereitet und motivierter in das neue Schuljahr“, so Hagenmüller-Gehring.

Voll des Lobes ist sie für das Engagement der Schulleitungen und Lehrkräfte. Viele hätten sich freiwillig gemeldet, obwohl ihnen das vergangene Schuljahr durch die Umsetzung vieler neuer Regelungen einiges abverlangt habe. Mit einem Schmunzeln denkt sie an den Montag zurück, als die vorzeitig neu eingestellten Lehrkräfte vereidigt worden waren: „Sie waren durchweg positiv eingestellt und begeistert von ihrem ersten Einsatz.“ Ebenfalls erfreulich sei, dass sich so viele Studierende gemeldet hätten: „Man hat gemerkt, dass sie durch ihre Praktika bereits eine Bindung zum Rems-Murr-Kreis haben.“ Die Rückmeldungen der Schulleitungen über deren Einsatz seien bisher ebenfalls sehr gut.

Anilda Killes ist pädagogische Assistentin an der Mörikeschule und kann nur Gutes über die Lernbrücken berichten: „Es bringt wirklich viel. Die Kinder haben Zeit, etwas zu wiederholen. Dadurch gehen sie selbstbewusster ins neue Jahr, da manche Unsicherheiten beseitigt werden können.“ Aktuell finden zwei Lernbrücken an der Schule statt, eine für die Klassen 1 und 2, eine für die Klassen 3 und 4. Insgesamt 25 Kinder haben sich angemeldet. Betreut wird jede Gruppe von zwei Personen.

Mit dabei ist Studentin Carolin Bönnemann: „Die Kinder sind sehr begeistert. Durch die kleineren Gruppen nehmen sie viel mehr mit.“ Was Rektorin Karin Moll besonders freut, ist, dass sich die beiden FSJ-ler Yannick Rössle und Carla Wenz, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr im abgelaufenen Schuljahr hier absolviert haben, gleich für den Einsatz bei den Lernbrücken gemeldet haben. „Die beiden sind ein Traum“, zeigt sich Moll erfreut. Überhaupt sei ihr Personal hoch engagiert. Denn es gehe nicht nur darum, die Kinder während der Lernbrücken zu unterstützen. Die Klassenlehrer hatten zuvor Aufgabenpakete für sie zusammengestellt, damit gezielt und individuell geübt und gefördert werden könne.

„Die Lernbrücken sind wichtig zur Einstellung auf das neue Schuljahr und zur Motivation. Besonders auch im Hinblick auf das Anschlussprojekt“, weist Moll auf das Förderprogramm „Lernen mit Rückenwind“ hin. Während im vergangenen Jahr noch recht kurzfristig organisiert werden musste, habe man dieses Jahr schon etwas Routine gehabt. „Unsere Schulen waren sehr gebeutelt und mussten viel organisieren“, sagt Schulamtsleiterin Hagenmüller-Gehring. Trotzdem seien sie bereit gewesen, in den Ferien die Organisation der Lernbrücken zu übernehmen. Sie ist überzeugt davon, dass durch das Gesamtpaket Lernbrücken und „Lernen mit Rückenwind“ die entstandenen Lücken wenn nicht komplett geschlossen, so doch verringert werden können.

217 Freiwillige unterrichten

Kosten Das Ministerium rechnet mit acht Millionen Euro zusätzlicher Personalkosten aufgrund der Lernbrücken. Zur Verfügung gestellt haben sich Lehrkräfte, Studierende, Lehramtsanwärter und Pensionäre. Zudem gab es die Möglichkeit vorgezogener Neueinstellungen zum 31. August.

Personal Im Rems-Murr-Kreis haben sich 217 Personen zur Verfügung gestellt, das sind 16 mehr als 2020, darunter neben 87 Lehrkräften 50 Studierende, 49 weitere Personen. 31-mal wurde die vorgezogene Neueinstellung genutzt.

Lernbrücken Insgesamt finden im Rems-Murr-Kreis 176 Lernbrücken statt, für die sich 1763 Schüler angemeldet haben (2020: 1733). 94 Lernbrücken entfallen auf die Primarstufe, 75 auf die Sekundarstufe, 6 auf die sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ), 1 auf eine kombinierte Primar-/Sekundarstufe. Im Backnanger Raum werden 35 Lernbrücken in der Primar- und 30 in der Sekundarstufe angeboten, sowie drei in den SBBZ.

Rückenwind Als Ergänzung zu den Lernbrücken wird es nach den Herbstferien zusätzlich das auf zwei Jahre angelegte Programm „Lernen mit Rückenwind“ geben. Gefördert vom Bund mit 130 Millionen Euro sieht dieses Programm eine kontinuierliche Förderung während des Schuljahres vor, um pandemiebedingte Lernrückstände auszugleichen. Zudem wird Wert darauf gelegt, die „sozial-emotionalen Kompetenzen zu stärken und weiterzuentwickeln“, um „nachhaltige negative Auswirkungen auf die Bildungsbiografie von Schülerinnen und Schülern“ zu vermeiden, wie es auf der Homepage des Kultusministeriums heißt.