Die ersten Unterstützungskurse im Raum Backnang beginnen wohl erst kommende oder übernächste Woche. Symbolfoto: Kultusministerium
Von Florian Muhl
Backnang. Geduld ist in diesen Tagen angesagt. Sowohl bei Rektoren und Kursleitern wie auch bei Lernbegleitern, den pädagogischen Assistenten. Denn alle hätten am Montag gern – wie vom Kultusministerium vorgesehen – mit ihrer Arbeit begonnen. Geht aber nicht, weil die Kursleiter vom Regierungspräsidium (RP) Stuttgart noch kein grünes Licht erhalten haben. „Ich gehe nicht davon aus, dass wir in dieser Woche starten können, sondern erst in der kommenden Woche“, sagte gestern Annedore Bauer-Lachenmaier auf Anfrage unserer Zeitung. Die Rektorin der Plaisirschule in Backnang hatte von einer Kursleiterin erfahren, dass die Dokumente, die sie am 29. Oktober hochgeladen habe, noch nicht geprüft worden seien.
Bauer-Lachenmaier ist bewusst, dass hinter dem Programm ein großer organisatorischer Aufwand stecke und man viel Geld in die Hand nehme. „Dass es da noch klemmt, ist logisch“, sagt die Schulleiterin. Sie sei trotzdem froh, und zwar aus folgendem Grund: „Die Aktion Rückenwind gibt uns die Möglichkeit, Kinder zu fördern, was wir sonst personell nicht stemmen könnten. Und es ist eine große Chance für die Studenten, Erfahrung zu gewinnen.“ Die Suche nach geeigneten Kursleitern ist Bauer-Lachenmaier ganz einfach gefallen. „Wir sind Ausbildungsschule, wir haben jedes halbe Jahr zwei, drei, vier Studierende bei uns.“ An einige von ihnen habe sie E-Mails verschickt. „Und dann haben sich mehr gemeldet, als ich brauchen kann.“
„Für das Geld schafft hier keinerernsthaft, außer Studierende“
Die pädagogischen Assistenten verdienen laut Kultusministerium im Schnitt zwischen 16 und 18 Euro brutto je Zeitstunde. „Für das Geld schafft hier keiner ernsthaft, außer Studierende. Und die erhoffen sich dadurch Erfahrung und auch, dass sie in ihrer Wunschschule vielleicht einen Fuß in der Tür drin haben.“ Die Plaisirschule hat zehn Kurse errichtet und die meisten davon sind integrativ, das heißt, die Förderung der schwachen Schüler – im Schnitt sind es fünf bis sechs Kinder – findet während des laufenden Unterrichts statt. Das heißt auch, dass die betroffenen Schüler nicht nachsitzen müssen. Kurse gibt es für die jeweils drei dritten und vierten Klassen. Zudem finden auch ein Lesetrainingskurs und ein Kurs für mündliche Sprachförderung statt.
So wie alle Schulen, die sich um Fördergelder bemüht haben, hatte auch die Plaisirschule ein detailliert ausgearbeitetes Konzept erstellt. Zur Basisförderung in Höhe von 2500 Euro erhalten die Schulen dann 50 Euro pro Schüler und Schuljahr. In der Plaisirschule sind derzeit 288 Mädchen und Jungen angemeldet, macht also zusammen rund 17000 Euro. Jochen Nossek kann sich sogar über rund 35000 Euro freuen, weil an seiner Tausschule knapp 600 Schüler angemeldet sind. Auch dort sitzen bereits fünf Lernbegleiter in den Startlöchern und warten auf das grüne Licht vom RP. Die fünf pädagogischen Assistenten werden in der Tausschule zwischen 6 und 20 Stunden pro Woche in sechs Kursen Schüler mit Lernlücken unterstützen. Teilweise seien die Kursleiter auch schon für das zweite Halbjahr und auch fürs kommende Jahr gebucht. Weil sich der Start wegen der noch nicht frei gegebenen Verträge verzögere, habe Nossek beim Staatlichen Schulamt angerufen. „Dort geht man davon aus, dass man frühestens am 22. November, also in KW 47, startet.“ Zwar stellt das Kultusministerium ein Internet-Tool zur Verfügung, eine Art Marktplatz, auf dem sich interessierte Lernbegleiter registrieren und dann von interessierten Schulen gefunden werden können. Aber Nossek hat zunächst die potenziellen Aspiranten angenommen, die er selbst kennt, „wo ich weiß, wie die unterwegs sind“. Weil, „die Katze im Sack“ sei auch immer etwas schwierig. So habe er diejenigen Leute gebucht, die im nächsten Jahr in der Tausschule ein Referendariat machen. „Die haben jetzt ihr Studium abgeschlossen, starten bei mir im nächsten Jahr im Februar im zweiten Schulhalbjahr ihren Vorbereitungsdienst, und die hab’ ich jetzt bis Februar gebucht“, so der Rektor. Zudem habe er auf Studierende zurückgegriffen, die bei ihm ihr integriertes Semesterpraktikum gemacht hätten. Nossek sagt auch, warum er lieber bereits bekannte Lernbegleiter wählt: „Neben dem Lernen muss auch die Haltung dazu passen, die personale Kompetenz muss einfach stimmen.“ Er habe sich aber auch zwei Personen im Tool ausgesucht und diese nach Vorstellungsgesprächen gebucht.
Auch Förderung im sozial-emotionalen Bereich
Auch Maria-Teresa Vizziello hätte gern mit Rückenwind-Kursen an ihrer Schickhardt-Realschule mit insgesamt 449 Schülern begonnen, aber die Situation sei noch unklar, eine geplante pädagogische Assistentin sei bereits wieder abgesprungen. „Das alles ist nicht einfach und kostet mich viele, viele Tage“, sagt die Rektorin. Die Schüler hätten alle mega volle Stundenpläne, da komme eine integrative Unterstützung aus ihrer Sicht nicht infrage. Denn alle Fächer seien wichtig, da wolle sie keinen Schüler aus dem Unterricht nehmen. „Das muss on top sein“, so Vizziello. Sie habe bereits drei Lernhelfer gefunden, zwei ehemalige Praktikanten und eine Person von der Plattform des Ministeriums. Vizziello plant fachliche Unterstützungskurse für alle 17 Klassen. Zudem soll es auch eine Förderung im sozial-emotionalen Bereich geben.
Auch Sabine Hagenmüller-Gehring, Leiterin des Staatlichen Schulamts Backnang, sagt, dass in ihrem Bereich noch keine Verträge ausgehändigt worden seien. Die Schulen seien zunächst damit beschäftigt gewesen, Personen zu suchen, die sich registrieren ließen. Zudem hatten die Schulen Förderkonzepte erstellt und ihre Kurse auf den Marktplatz des Kultusministeriums gestellt. „Jetzt werden die Verträge nach und nach geschlossen. Die werden vom Regierungspräsidium vorbereitet und über uns ausgehändigt.“ Erst dann könnten Schulen und Lernhelfer richtig beginnen. „Ich gehe davon aus, dass fast jede Schule Kurse anbieten wird“, sagt Hagenmüller-Gehring. „Momentan ist das Ganze noch am Werden. Die meisten Mails, die ich heute bekommen habe, waren zu diesem Thema, weil noch Fragen geklärt werden mussten.“
Aufholen Hinter dem Landesförderprogramm „Lernen mit Rückenwind“ steckt das Bund-Länder-Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“. Kinder und Jugendliche sind von den Auswirkungen der Coronapandemie in besonderer Weise betroffen. Bei Schülerinnen und Schülern haben sich durch die Schulschließungen zum Teil erhebliche Lernrückstände ergeben. Unterstützen Um Lernlücken rasch entgegenzuwirken, sollen die betroffenen Schüler bestmöglich unterstützt werden. Sowohl ihre fachlichen als auch ihre sozial-emotionalen Kompetenzen soll gestärkt und weiterentwickelt werden. Pandemiebedingt entstandene Lernrückstände sollen ausgeglichen werden. Ziel ist es, ihnen eine erfolgreiche Fortsetzung des Bildungsweges zu ermöglichen.
Fördern Das Programm „Lernen mit Rückenwind“ hat am Montag begonnen und ist auf zwei Jahre angelegt. Angesprochen sind besonders Schüler in Abschiedsklassen(Klassenstufe 4 der Grundschule, die Klassenstufen 9 und 10 der Sekundarstufe I sowie die auf das Abitur vorbereitenden Jahrgangsstufen). Der Förderschwerpunkt liegt auf den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch.