Lichterglanz im Zwielicht

Diskussion um Weihnachtsbeleuchtung und Klimaschutz – Backnang setzt auf LED-Technik, will aber nicht abrüsten

Beleuchtete Christbäume, Straßen und Gebäude verbreiten in diesen Wochen an vielen Orten Weihnachtsstimmung. Doch in die Freude über die festlich beleuchteten Straßenzüge mischt sich bei manchen das schlechte Gewissen. Ist eine solche Beleuchtung angesichts der aktuellen Debatte um mehr Klimaschutz noch zeitgemäß?

Lichterglanz im Zwielicht

In Backnang funkelt es in der Weihnachtszeit an vielen Stellen: Ein Großteil der Beleuchtung wurde bereits auf stromsparende LED-Technik umgerüstet. Foto: A. Becher

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. In Sachen Lichterglanz ist Backnang ganz vorne dabei – auch weil dieses Thema OB Frank Nopper persönlich sehr wichtig ist. Stolz erwähnt er regelmäßig, dass am großen Christbaum auf dem Marktplatz mehr als 30000 Lämpchen brennen, also quasi für jeden Backnanger eines. Auch der Stadtturm, das Geländer an der Städtischen Galerie, die Giebel vieler historischer Häuser und insgesamt 70 Bäume in der Innenstadt werden in der Weihnachtszeit festlich illuminiert. Weitere beleuchtete Christbäume stehen in den Stadtteilen. Insgesamt lässt die Stadt zwischen dem ersten Adventswochenende und dem Dreikönigstag nach eigenen Angaben jeden Tag rund 130000 Lämpchen funkeln. Die Beleuchtung an Privat- und Geschäftshäusern kommt noch hinzu.

In Zeiten von „Fridays for Future“ und der Diskussion darüber, was jeder Einzelne zum Klimaschutz beitragen kann, gerät die Weihnachtsbeleuchtung nun allerdings ins Zwielicht. Der Energieversorger Lichtblick hat 2017 ausgerechnet, dass die Weihnachtsbeleuchtung in Deutschland jedes Jahr etwa 660 Millionen Kilowattstunden Strom verbraucht – das entspricht dem Jahresverbrauch einer Großstadt mit 220000 Haushalten. Viele halten das inzwischen für Energieverschwendung: Laut einer aktuellen Umfrage sind 57 Prozent der Deutschen dafür, die Zahl der Lichter in der Weihnachtszeit zu reduzieren oder künftig sogar ganz auf sie zu verzichten.

Auch in Backnang sorgt der Lichterglanz für Diskussionen. Die Christliche Initiative Backnang (CIB) stellte kürzlich im Gemeinderat den Antrag, per Umfrage zu ermitteln, „ob den Bürgern eine Weihnachtsbeleuchtung in der bisherigen Intensität und mit dem bisherigen Energieverbrauch wirklich wichtig ist.“ Vielleicht sei weniger ja mehr, erklärte CIB-Sprecher Lutz-Dietrich Schweizer.

Frank Nopper sieht hingegen keine Notwendigkeit, beleuchtungstechnisch abzurüsten: „Weihnachten ist in Backnang kein Fest des überzogenen Lichterglanzes“, erklärte der OB im Gemeinderat. Aus seiner Sicht verbreitet die Weihnachtsbeleuchtung „eine angemessene, angenehme Stimmung, die von vielen Backnangerinnen und Backnangern, aber auch immer wieder von Besuchern unserer Stadt gelobt wird“.

Im Übrigen habe man die Lichterketten an den Christbäumen in der Stadt sowie einen Großteil der Giebelbeleuchtung bereits auf stromsparende LED-Technik umgerüstet. In den Stadtteilen soll die Umstellung in den nächsten Jahren folgen. Noppers Fazit: „Die Backnanger Weihnachtsbeleuchtung ist zwar nicht klimaneutral, aber sie ist immerhin klimafreundlich und ressourcenschonend.“ Man könne sich deshalb mit reinem Gewissen an ihr erfreuen.

Unterstützung bekommt der OB von der Händlerschaft: „Licht weckt in der Weihnachtszeit Emotionen. Darauf wollen wir nicht verzichten“, erklärt Martin Windmüller, Vorstandsmitglied im Stadtmarketingverein. Auch in seinem Bettenhaus setzt Windmüller auf die Wirkung des Lichts, etwa mit einem festlich beleuchteten Christbaum im Schaufenster. „Die Leute mögen das. Wir bekommen bestimmt zwei- bis dreimal am Tag Komplimente dafür“, erzählt der Inhaber. In einer Zeit, in der viele Menschen ihre Geschenke im Internet bestellen, wird der Erlebnischarakter des Einkaufs für die Händler immer wichtiger. Deshalb hat Windmüller zwar wie viele Händler schon vor Jahren auf LED-Beleuchtung umgestellt, ein Verzicht auf die festliche Beleuchtung ist für ihn jedoch unvorstellbar.

Beim Bund für Umwelt und Naturschutz sieht man das anders: „Eigentlich ist eine solche Beleuchtung nicht mehr zeitgemäß“, findet Fritz Mielert, Umweltreferent beim BUND Baden-Württemberg. Zwar seien LED-Leuchten deutlich sparsamer als herkömmliche Lichterketten, Strom verbrauchten sie aber dennoch. Wenn man schon nicht ganz darauf verzichten wolle, sollte man aus seiner Sicht zumindest über eine Reduzierung sprechen. „Wir brauchen diesen Diskussionsprozess“, so Mielert.

Im Backnanger Gemeinderat wurde das Thema in der jüngsten Sitzung allerdings relativ schnell abgehakt. Nachdem sich selbst Grünen-Stadtrat Willy Härtner dafür ausgesprochen hatte, die Beleuchtung beizubehalten („Licht macht Freude und geht ins Herz“), machte Lutz-Dietrich Schweizer einen Rückzieher und erklärte, sein Antrag sei wohl doch nicht so sinnvoll gewesen.

Lichterglanz im Zwielicht

„Die BacknangerWeihnachtsbeleuchtung ist klimafreundlich undressourcenschonend.“Frank NopperOberbürgermeister

Info
Tipps für ein umweltfreundliches Weihnachtsfest

Auch in der Weihnachtszeit sind Umwelt- und Klimaschutz vielen Menschen wichtig. Die Energieagentur Rems-Murr gibt dazu folgende Tipps:

Umweltfreundliche Kerzen: Stimmungsvolle Lichter gehören zum Advent und zu Weihnachten. Leider bestehen sie jedoch häufig aus Paraffin, also aus umweltproblematischem Erdöl. Vermeintlich nachhaltige Stearinkerzen sind nicht immer die bessere Alternative. Sie basieren oft auf Palmöl – von Monokultur-Plantagen, für die der Regenwald abgeholzt wurde. Es geht aber auch anders: mit Kerzen aus Bienenwachs oder aus Fetten und Ölen, die als Nebenprodukt bei der Nahrungsmittelherstellung anfallen, zum Beispiel auf Sojawachsbasis. Solche nachhaltigen Produkte sind entsprechend gekennzeichnet. Besonders nachhaltig ist es übrigens, Kerzenreste wieder zu neuen Kerzen zu gießen.

Bio-Weihnachtsbäume: Herkömmliche Weihnachtsbäume stammen vielfach aus Anpflanzungen, in denen mit Pestiziden und Dünger gearbeitet wird. Es gibt jedoch eine Alternative: ökologisch zertifizierte Weihnachtsbäume mit FSC-Siegel – sie sind inzwischen selbst in Baumärkten zu finden.

Fair schenken: So ganz ohne Last-minute-Geschenke geht es oft nicht. Anstelle von Dingen, die am Ende keiner braucht und die nach dem Fest im Müll landen, könnte es vielleicht ein ausgefallenes Charity-Geschenk sein. Hilfsorganisationen wie Oxfam oder Plan international bieten so etwas an, zum Beispiel den Kauf von Saatgut für junge Familien im Sudan.

Müll vermeiden: Geschenke lassen sich mit dem Papier ausgelesener Zeitungen und Zeitschriften besonders kreativ und individuell verpacken.