Linden-Museum will Dialog mit anderen Kulturen verstärken

dpa/lsw Stuttgart. Masken, Schilde und Speere, Tücher und Skulpturen - mit seinen Schätzen aus Afrika, Amerika, dem Orient, Südostasien und Ozeanien hat sich das Linden-Museum einen Namen gemacht. Aber das Stuttgarter Haus will mehr sein als ein Ausstellungsraum.

Linden-Museum will Dialog mit anderen Kulturen verstärken

Ines de Castro, Direktorin des Linden-Museums in Stuttgart, steht in der Dauerausstellung "Wo ist Afrika" im Linden-Museum. Foto: Tom Weller/dpa/Archivbild

Das Stuttgarter Linden-Museum, eines der bedeutendsten Völkerkundemuseen in Europa, will eine aktivere Rolle beim Austausch der Kulturen übernehmen und sich auch der umstrittenen eigenen Vergangenheit stellen. „Wir wollen die Partizipation mit den Vertretern der Herkunftsgesellschaften im Kern des Hauses etablieren“, kündigte die Direktorin Inés de Castro am Dienstag an.

Die außereuropäischen Sammlungen des Museums sollten flexibler präsentiert werden und sich diesen Dialogen anpassen. „Das Flexibelste, das wir kennen, ist die Kultur“, sagte de Castro. „Und das in eine Ausstellung fließen zu lassen, die beständig ist, ist eine Herausforderung.“ Auf einer zweitägigen Konferenz will sich die gebürtige Argentinierin am Freitag und Samstag (28./29.2.) mit Experten über Konzepte für ethnologische Museen austauschen. Auch die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) wird erwartet.

Als Beispiel für eine gute Zusammenarbeit nannte de Castro ein aktuelles Projekt mit Namibia. Das Ziel der Initiative: Es sollen Wissen, Perspektiven und Erfahrungen aus der afrikanischen Sammlung im Linden-Museum mit den Partnern aus Namibia geteilt werden. Derzeit hielten sich vier Vertreter der Nama- und Herero-Organisationen aus dem afrikanischen Land in Stuttgart auf, später ist eine Sommerschule in Stuttgart und der namibischen Hauptstadt Windhuk geplant. In einem dritten Schritt sollen die Erfahrungen aus dem Projekt einer breiten Öffentlichkeit in Namibia präsentiert werden.

Die Bedeutung ethnologischer Museen habe deutlich zugenommen, sagte de Castro: „Das hat auch etwas damit zu tun, dass Themen wie Migration und Globalisierung in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind.“ Die Popularität spiegele sich auch in der Zahl der Neubauten unter anderem in Marseille und Lyon, in Amsterdam, Antwerpen und Barcelona. Mit dem Linden-Museum hofft de Castro innerhalb der nächsten zehn Jahre in einen Neubau umziehen zu können. Es gebe aber noch keine Festlegungen über Standort oder Konzept.

Von Mitte Oktober an widmet sich das Haus den ersten Jahrzehnten seiner eigenen Geschichte und den Spuren, die der Kolonialismus auch in Württemberg und den Sammlungen hinterlassen hat. „Es soll um koloniale Verbindungen in der Zeit zwischen 1882 und 1928 gehen“, kündigte de Castro an. „In jener Zeit hat das Museum viele Sammlungen aufgenommen.“

Damals habe das Museum unter anderem Kulturen Europas von denen außerhalb des Kontinents getrennt und diese Trennung etabliert. Die Leiterin geht davon aus, dass die Ausstellung nur ein Schritt ist: „Wir beginnen erst mit der Auseinandersetzung und haben noch einen Weg vor uns.“ Ein Historiker setze sich mit den ersten Jahrzehnten der Museumsgeschichte auseinander. Sie sei dabei auch auf unangenehme Überraschungen vorbereitet, sagte de Castro: „Wir werden mit Sicherheit unschöne Seiten des Museums aufdecken, aber es ist wichtig, sich damit zu beschäftigen.“

Das Linden-Museum wurde vom damaligen Württembergischen Verein für Handelsgeographie konzipiert und 1911 eingeweiht. Sein Name erinnert an den Leiter Karl Graf von Linden (1838-1910), der die Gründung als Vereinsvorsitzender vorangetrieben hatte. Mit dem geplanten Neubau des Museums werde aber auch der Name geändert, sagte de Castro.

Heute beherbergt das Haus mehr als 160 000 Objekte aus allen Erdteilen außerhalb Europas. Bekannt ist es auch für seine fortgeschrittene Provenienzforschung. Seit 1973 befindet es sich im Besitz von Stadt und Land.