Lohnender Endspurt bei Digitalpaktmitteln

Die Schulträger im Rems-Murr-Kreis haben sich zum Teil lange Zeit damit gelassen, die ihnen zustehenden Gelder aus dem Digitalpakt Schule zu beantragen. Kurz vor Fristende haben sie es doch noch geschafft, wie die Zahlen des Kultusministeriums zeigen.

Lohnender Endspurt bei Digitalpaktmitteln

Mit dem Geld aus dem Förderprogramm sollen Schulen ihre digitale Infrastruktur verbessern. Symbolfoto: Adobe Stock/David Fuentes Photo

Von Lorena Greppo

Rems-Murr. Noch im Dezember vergangenen Jahres hatte unsere Zeitung darüber berichtet, dass im Rems-Murr-Kreis knapp zwei Drittel des Geldes vom Digitalpakt Schule ungenutzt waren. Nur etwa die Hälfte aller Schulen beziehungweise Schulträger hatte bis dahin den Medienentwicklungsplan (MEP) eingereicht und freigegeben bekommen. Nachdem die Frist zur Einreichung inzwischen abgelaufen ist, stellt sich die Situation anders dar: Die Schulträger im Raum Backnang hätten kurz vor Fristende „noch eine Vielzahl von Anträgen eingereicht“, berichtet der Grünen-Landtagsabgeordnete Ralf Nentwich, der zugleich Sprecher für Digitale Bildung ist. Das hat sich bezahlt gemacht, denn was die Mittelbindung angeht, liegt der Rems-Murr-Kreis nun deutlich über dem Landesschnitt, wie Nentwichs Anfrage beim Kultusministerium zeigt. Demnach hatten bis zum 16. Mai 144 von 166 öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen im Rems-Murr-Kreis ein Freigabezertifikat für ihren Medienentwicklungsplan erhalten. Da manche Kommunen über eine Schule alle Gelder abgerufen haben, liege die prozentuale Mittelbindung bei über 90 Prozent. Nentwich geht sogar von annähernd 100 Prozent aus, nachdem er mit den ehemaligen Kollegen des Kreismedienzentrums gesprochen hat. „Ich bin echt zufrieden“, resümiert er. Auch zeigt er Verständnis dafür, dass viele Schulträger die Anträge erst auf den letzten Drücker eingereicht haben. Schließlich sei durch die Coronapandemie in den Verwaltung Land unter gewesen.

Gemäß der Auskunft des Kultusministeriums haben in Baden-Württemberg 4052 von 4711 öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen ein Freigabezertifikat für ihren MEP erhalten. Dies entspricht 86 Prozent. Bis zum 13. Mai wurden insgesamt 2024 Anträge in Höhe von 222,21 Millionen Euro bewilligt. Ausgezahlt wurden davon 50,56 Millionen Euro. Im Rems-Murr-Kreis wurden bisher 47 Anträge von öffentlichen und privaten Schulträgern in Höhe von runden 7,96 Millionen Euro bewilligt. Ausgezahlt wurden davon 2,69 Millionen Euro. Weitere Anträge mit einem Antragsvolumen von 23,6 Millionen Euro befänden sich gerade in der Bearbeitung. Sollten Mittel übrig bleiben, werden diese gemäß der Verwaltungsvereinbarung zum Digitalpakt Schule auf die Schulträger verteilt.

Mit einer derart hohen Mittelbindung liege Baden-Württemberg an der Spitze des Länderrankings, so Nentwich. „Es zeigt sich, dass Baden-Württemberg bei der Umsetzung des Digitalpakts deutschlandweit ein Musterländ ist.“ Innerhalb Baden-Württembergs wiederum tue sich der Rems-Murr-Kreis positiv hervor. Das habe auch damit zu tun, dass das Kreismedienzentrum gute Arbeit leiste, lobt Nentwich als ehemaliger Leiter dieser Einrichtung. „Der Medienzentrenverbund und hier im Kreis das Kreismedienzentrum Rems-Murr haben hier schlank und schnell die Konzeption und Genehmigung der Medienentwicklungspläne zusammen mit den Kommunen und Schulen aufgestellt und einen hervorragenden Job gemacht. Baden-Württemberg konnte als einziges Bundesland auf dieses landesweite Unterstützungssystem der Medienzentren zurückgreifen.“ Die Schulträger im Raum Backnang hätten reichlich davon Gebrauch gemacht.

Angesichts dessen, dass der Großteil der Fördermittel auf die Schulträger verteilt wurden und werden, stellt sich die Frage, was damit passiert. Etwa ein Drittel der Mittel wollen die Schulträger verwenden, um Netze und W-LAN an den Schulen auszubauen, heißt es in einer Pressemitteilung Nentwichs. Ungefähr ein weiteres Drittel der Investitionen solle in die Präsentationsausstattung der Unterrichtsräume fließen. Das seien beispielsweise interaktive Displays, Whiteboards oder Beamer. Etwa zehn Prozent entfallen demnach auf mobile Endgeräte und weitere ungefähr zehn Prozent auf digitale Arbeitsgeräte im naturwissenschaftlichen Bereich. Die Medienentwicklungspläne zeigen auch, dass sich die Schulen schon mitten in der Umsetzung der jeweiligen Maßnahmen befinden beziehungsweise dass die notwendigen Vorbereitungen bereits getroffen sind, damit die digitale Technik auch auf Basis eines pädagogischen Konzepts zum Einsatz kommt.

Die Gemeinde Großerlach etwa, deren Antrag im April kurz vor Ende der Frist einging, hat einiges vor: Die alten Tafeln sollen komplett demontiert und durch je vier interaktive Beamertafeln und Dokumentenkameras in den Klassenzimmern ersetzt werden. Hinzu kommt die Ausstattung der Grundschule mit WLAN. Für Unterrichtszwecke werden 25 Notebooks angeschafft. Die vorhandenen acht iPads werden auf 21 aufgestockt, damit die Kinder neue Lern-Apps nutzen und den kreativen Umgang mit Medien erlernen können. Der Musiksaal erhält einen fest installierten Beamer und einen Soundbar-Lautsprecher, das Lehrerzimmer einen Bildschirm für Schulungszwecke. In Spiegelberg sind die neuen digitalen Endgeräte schon im Einsatz. Alle Klassenzimmer an der Grundschule Spiegelberg sind jetzt mit internetfähigem TV und Soundbar sowie einer Dokumentenkamera ausgestattet. Die Lehrkräfte erhielten hierfür Laptops, für die Schüler wurden 20 iPads angeschafft. Mit eine der ersten Gemeinden, die Gelder bewilligt bekommen haben, war Sulzbach an der Murr. Hier wurden schon vor mehr als einem Jahr Laptops angeschafft, außerdem wurden im Sommer Klassenzimmer mit großformatigen 70-Zoll-Fernsehern ausgestattet. Weiterhin sind seitdem eine große Stückzahl an Endgeräten sowie flächendeckendes WLAN im gesamten Schulzentrum vorhanden.

Nachdem nun die MEPs eingereicht wurden, haben die Schulträger bis Ende 2024 Zeit, die bewilligten Maßnahmen umzusetzen – bis zu dieser Frist müssen alle Aufträge, Bestellungen und Verträge erbracht sein. Angesichts der Unterbrechungen diverser Lieferketten könne das knapp werden, doch Nentwich ist optimistisch, dass diesbezüglich pragmatische Lösungen gefunden werden – eventuell auch durch Fristverlängerungen in Einzelfällen. „Ausgehend von den Anträgen ist damit zu rechnen, dass die Schulen in Baden-Württemberg nach der Fertigstellung ihrer Maßnahmen über eine gute digitale Infrastruktur verfügen werden“, sagt Staatssekretärin Sandra Boser, die am Kultusministerium für die Digitalisierung zuständig ist.

Ein Digitalpakt Schule 2.0 ist in der Planung

Weiterführung Nachdem der Antragszeitraum für den Digitalpakt Schule nun beendet ist, wird bereits an der Fortsetzung des Programms gearbeitet. „Ein Digitalpakt 2.0 wird kommen“, weiß Ralf Nentwich. Das Programm müsse allerdings erst noch ausgearbeitet werden. Sein Wunsch sei es, dass der Digitalpakt 2.0 schlank und schnell in der Umsetzung ist. „Wir haben ja nun die Medienentwicklungspläne als gute Grundlage, nun sollen gezielte Förderprogramme für einzelne Bausteine aufgesetzt werden“, so der Abgeordnete.

Zusätzliche Programme Der Bund stellt den Ländern außerdem nach Maßgabe von drei Zusatzverwaltungsvereinbarungen zum Digitalpakt Schule 2019 bis 2024 zusätzlich weitere Mittel für das Sofortausstattungsprogramm Schülerendgeräte, das Programm Administration und das Programm Leihgeräte für Lehrkräfte bereit. Hieraus entfallen jeweils etwa 65 Millionen Euro auf Baden-Württemberg, die das Land beim Sofortausstattungsprogramm auf 130 Millionen Euro verdoppelt hat. Das Kultusministerium hat zudem entschieden, den öffentlichen und privaten Schulen in Baden-Württemberg 40 Millionen Euro als jeweils schulbezogene Budgets zur Verfügung zu stellen, die in die Digitalisierung fließen können.