„Man muss nicht jeden Meter mit dem Auto fahren“

Fraunhofer-Institut stellt Empfehlungen für künftiges Parkraummanagement im Rat der Gemeinde Allmersbach im Tal vor – Drei konkrete Maßnahmen beschlossen

Es mag einige geben, die es für eine Phantomdebatte halten. Dagegen sindsich viele andere Bewohner der Gemeinde Allmersbach im Tal sicher: Das Parken ist hier ein Problem, dem man mit einem vernünftigen Konzept begegnen muss. Über ein Paket an Maßnahmen dazu wurde am Dienstagabend im Gemeinderat abgestimmt.

„Man muss nicht jeden Meter mit dem Auto fahren“

So wie im Foto stellt sich die Parksituation in der Friedhofstraße in Allmersbach im Tal für gewöhnlich wochentags dar. Foto: A. Becher

Von Bernhard Romanowski

ALLMERSBACH IM TAL. Neu ist das Thema Parken in Allmersbach nicht. Seinerzeit war das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation aus Stuttgart beauftragt worden, sich der Sache wissenschaftlich fundiert anzunehmen. Im Rahmen dieser professionellen Beratung wurden in zwei Bürgerworkshops im vergangenen Jahr drei Szenarien für ein mögliches Parkraummanagement vorgestellt (wir berichteten). Zudem führten Bernd Bienzeisler und seine beiden Kolleginnen Simone Martinetz und Nicole Knorr vom Fraunhofer-Institut Gespräche mit sogenannten Stakeholdern, sprachen also mit Gewerbetreibenden, mit Gemeinderatsmitgliedern und Mitarbeitern kommunaler Einrichtungen. Mehrheitliches Fazit: Es besteht Handlungsbedarf, und es gibt einige Hotspots, also Stellen, an denen das Problem wohl besonders dringlich ist. So etwa im Bereich der Industrie- und der Friedhofstraße nahe der Firma Harro Höfliger, zudem in der Heutensbacher Straße, wo das Durchkommen für den Busverkehr oft durch parkende Autos und Begegnungsverkehr behindert werde, und auch in der Straße Im Wacholder – Bürgermeister Ralf Wörner sieht hier gar „autobahnähnliche“ Zustände.

„Wir müssen aus den Köpfen rausbringen, dass jeder Meter mit dem Auto gefahren werden muss“, gab Eberhard Bauer (Fraktion Neue Liste) am Dienstagabend zu verstehen. Die Frage sei nur wie. „Sie müssen zumindest den Mindshift hinkriegen“, sagte der Berater Bernd Bienzeisler, und meinte damit offenbar eine Bewusstseinsveränderung der Bürger. Eine Maßnahme hierzu sei die Verknappung von Parkraum, wie sie in den drei Szenarien in unterschiedlicher Ausprägung und Intensität vorgesehen ist. Es sei „durchaus zumutbar, auch mal 500 Meter zu Fuß zu laufen“.

Bürgermeister Wörner gab noch einmal seiner Einschätzung Ausdruck, wonach in einigen Straßen „wie im Wilden Westen“ geparkt werde, sodass teilweise „kein Einsatzfahrzeug im Notfall“ durchkomme. Er hält auch nichts von der These, dass in der Straße parkende Autos eine Form von Verkehrsberuhigung seien. Wörner: „Durchfahrtsstraßen sind zum Fahren da.“ In der Glasäckerstraße, so der Schultes weiter, sei teilweise ebenfalls „kein Durchkommen“ möglich. Eine Regulierung funktioniere erfahrungsgemäß nur, wenn man den „Schwaben an seinem empfindlichsten Körperteil treffe: dem Geldbeutel“, so Wörners humorige Einlassung.

Die beschlossenen Maßnahmen müssen noch mit der Stadt Backnang abgeklärt werden

Timo Herbst (UWV-Fraktion) erwiderte, dass es dem Einzelhandel im Ortsinneren schade, wenn die Autofahrer dann künftig nur noch am Netto parken können. Berater Bienzeisler entgegnete allerdings: „Dieses Argument kommt immer wieder. Aber auch die Supermärkte und Discounter sind dabei, ihr Parkraummanagement zu überdenken.“ Und in Stuttgart erwarte schließlich auch niemand, einen „Parkplatz direkt vor dem Bäcker zu bekommen“, so der Berater. Es kamen auch Fragen auf, ob nicht die Firma Höfliger noch weitere Stellplätze für ihre Mitarbeiter ausweisen könne, die ihre Autos regelmäßig in den anliegenden Straßen parken, und ob der Parkraum auf dem Unternehmensgelände denn auch voll ausgeschöpft werde.

Der Unternehmer Markus Höfliger habe jedenfalls bislang schon eine Menge versucht, um seine Beschäftigten zu anderen Formen der Mobilität zu bewegen und das Aufkommen der parkenden Wagen zu reduzieren, wie der Bürgermeister wissen ließ. Aber wenn man es mitunter mit Leuten zu tun habe, die fußläufig entfernt von der Arbeitsstätte wohnen und sich dennoch lieber ins Auto setzen, um den letztlich längeren Weg mit dem Auto zur Arbeit zu fahren, werde es eben schwierig. Diskussionsstoff lieferte auch die Abwägung, ob höhere Gebühren für Anwohnerparkausweise eine Veränderung, sprich die Besitzer von Garagen im Ort dazu bringen, letztere auch tatsächlich für den Wagen zu nutzen statt ihr Auto auf der Straße zu parken. Von Ingo Ehring (UWV-Fraktion) kam noch der Vorschlag, den Unternehmer Höfliger zu bitten, den ortsansässigen seiner Mitarbeiter keinen Parkausweis für das Firmengelände mehr auszustellen.

Die Empfehlung des Fraunhofer-Instituts sieht indessen einen moderaten Einstieg in das Parkraummanagement vor: Das Stellplatzangebot sollte durch Ausweisung markierter Bereiche fürs Parken reduziert werden, so zum Beispiel an der Einfahrt Glasäckerstraße bis zur Brucknerstraße. Dadurch werde ein Durchkommen für Feuerwehr, Rettungsdienst und Busse garantiert. Das Fraunhofer-Team empfiehlt unter anderem auch die Markierung von Parkbuchten rund um das Hotel Löwen in der Ortsmitte Heutensbach sowie Im Bildäcker und in der Rosen- und Heininger Straße, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Die Empfehlung der Experten sieht des Weiteren auch die Einrichtung von Mitfahrbänken, einen Bürgerbus für ältere Menschen, die Verbesserung des Radwegenetzes und die Förderung von Mikromobilität beispielsweise durch die Nutzungsmöglichkeit von E-Scootern (elektrischen Rollern) auf entsprechend ausgebauten Radspuren vor.

Konkret beschlossen wurde am Dienstag bei einer Enthaltung ein Paket aus drei Maßnahmen, die noch mit der Stadt Backnang als zuständiger Verkehrsbehörde abgeklärt werden müssen: erstens die Einrichtung eines beschränkten Halteverbots morgens und nachmittags im unteren Bereich der Friedhofstraße zur Verbesserung des Begegnungsverkehrs, zweitens die Prüfung von Schrägparkflächen im Gebiet Im Wacholder/In der Birke und schließlich noch die Erweiterung des Halte-/Parkverbots in der Heutensbacher Straße, um den reibungslosen Begegnungsverkehr insbesondere für die Buslinien zu gewährleisten.