Marbach soll zur digitalen Stadt werden

Gemeinderat beantragt Fördermittel beim Bund, mit denen sich eine City-App, ein modernes Parkleitsystem oder eine E-Lade-Infrastruktur aufbauen ließe. Allerdings wird auch befürchtet, dass die Umsetzung das Rathausteam überlasten könnte.

Marbach soll zur digitalen Stadt werden

Das Internet bietet immer mehr Möglichkeiten. Die will Marbach stärker nutzen. Foto: Unsplash

Von Christian Kempf

MARBACH AM NECKAR. Gebetsmühlenartig hat Bürgermeister Jan Trost in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats betont, dass das Gremium immer Herr des Verfahrens bleibe und von Fall zu Fall entscheiden kann, welche Projekte tatsächlich umgesetzt werden sollen. Zugleich warb er eindringlich darum, die große Chance auf dem Weg zur Smart-City nicht zu verpassen und das nachträgliche Okay zu geben, sich beim Bund um Zuschüsse für die Digitalisierung zu bewerben. Den Antrag hatte die Verwaltung schon unter Vorbehalt eingereicht, weil sonst der Stichtag am 20. Mai verstrichen wäre. Und am Ende stimmte die Runde dem Vorgehen auch mit großer Mehrheit zu – angesichts der im Raum stehenden Beträge und der möglichen Mehrbelastung von Mitarbeitern im Rathaus teilweise aber auch mit Bauchweh.

Kann die Verwaltung das Arbeitspensum stemmen?

Als Mahnerin trat vor allem Ute Rößner von der SPD auf, die letztlich als Einzige gegen den Zuschussantrag votierte. „Das klingt alles ganz toll. Aber wir wissen doch alle von der Überlastung der Mitarbeiter bei der Stadtverwaltung und der prekären wirtschaftliche Situation. Andererseits meinen wir, ein Millionenprojekt mit dem bestehenden Personal stemmen zu wollen. Das kann nicht funktionieren“, kritisierte sie. Wichtiger sei, all die bereits angestoßenen Projekte umzusetzen, statt sich neue Aufgaben aufzuhalsen. Heike Breitenbücher von der CDU gab ebenfalls zu bedenken, dass man in dem Rahmen des Projekts über gewaltige Summen entscheiden müsse, die dann auch mit einem riesigen Arbeitspensum zu hinterlegen seien. Unterm Strich fühlte sie sich zudem „im Moment nicht mitgenommen“, weil das Ganze ohne ausführliche Vorberatung behandelt werde, stimmte aber zu – damit sich die Stadt diese Chance nicht durch die Lappen gehen lässt. Sebastian Engelmann von den Grünen fühlte sich ebenfalls überrumpelt. „Es ist aber sinnvoll, die Förderung zu beantragen“, betonte er. Die Digitalisierung sei heutzutage kein Baustein, der zur Grundausstattung obendrauf komme, sondern Teil der Basisarbeit in der Verwaltung.

Martin Mistele von den Freien Wählern reagierte geradezu euphorisch. „Wir sind begeistert von dem Projekt“, sagte er. An Ideen, wie man die Digitalisierung mit Leben füllen kann, werde es sicher nicht mangeln. Dazu spare man sogar Personalkosten, sagte Mistele. Er spielte damit auf den Umstand an, dass über das Förderprogramm gewisse, für eine Smart-City relevante Stellen wie der Innenstadtmanager bezuschusst werden können – was den arg strapazierten Haushalt entlasten würde.

Damit schlage man den richtigen Kurs ein, war auch Jürgen Schmiedel von der SPD von dem Vorstoß angetan. „Digitalisierung ist natürlich das Thema der Zeit“, sagte er. „Diese Förderung klingt sehr attraktiv“, pflichtete Hendrik Lüdke von Puls bei. Gleichwohl bleibe bei einem beantragten Fördervolumen von 4,5 Millionen ein Eigenanteil von 1,57 Millionen Euro an der Stadt hängen, rechnete er vor. Wenngleich sich die Summe relativiere, da sie über einen Zeitraum von acht Jahren eingesetzt werden könne, wie er sogleich nachschob und damit daran erinnerte, dass das Programm bei einer Zusage von 2020 bis 2027 läuft. In diesem Zeitraum kann ein ganzes Füllhorn an Projekten verwirklicht werden, erklärte Bürgermeister Jan Trost. Von dem Geld könnte die schon lange geplante City-App realisiert werden. Außerdem sei es denkbar, eine smarte Lade-Infrastruktur für E-Autos aufzubauen.

Im Visier hat die Stadt darüber hinaus ein intelligentes Parkleitsystem. Damit sei auch der Umwelt gedient, betonte der Rathauschef. Schließlich werde dadurch der Parksuchverkehr minimiert – und folglich der Ausstoß an Abgasen reduziert. Weiter zieht die Verwaltung eine sogenannte Fiware-Plattform in Erwägung. „Damit werden digitale Anwendungen zusammengeführt“, erläuterte Jan Trost. Unternehme man beispielsweise eine Stadtführung via Smartphone und es stelle sich heraus, dass es bald zu regnen anfängt, schließen sich die Programme kurz und der Rundgang wird entsprechend verkürzt.

Die genaue Strategie für die Smart-City-Angebote soll bis zum ersten Halbjahr 2022 entwickelt werden. Anschließend könnte es an die Umsetzung der einzelnen Punkte geben. Doch zunächst braucht die Stadt einen Förderbescheid. Jan Trost hat aber wenig Bedenken, dass das Ja aus Berlin kommt. Der Fördertopf des Bundes für die Digitalisierung sei prall gefüllt und durch das Konjunkturprogramm sogar noch einmal aufgestockt worden. „Und die letzten Monate während der Coronakrise haben gezeigt, dass es wichtig ist, das Thema Digitalisierung voranzutreiben“, betonte der Bürgermeister im Gemeinderat.