Matcha boomt auf TikTok & Co. – doch hinter dem Trend stecken steigende Preise, knappe Ernten und wachsender Druck auf die Farmer. Ist der Hype nachhaltig?
So beliebt wie noch nie: Matcha aus Japan (Archivfoto)
Von David Wirth
Bananenbrot, Dubai-Schokolade oder – wer sich noch gerne an die Anfänge der Corona-Pandemie erinnert – Dalgona-Kaffee. Lebensmittel, die durch Social-Media einen extremen Hype erfahren, sind zu unserem Alltag geworden. Und nun scheint auch das nächste Opfer der Trend-Lebensmittel gefunden: Matcha.
Der Grüntee, den die meisten mit Japan verbinden, ursprünglich aber aus China kommt, erfreut sich seit längerem extremer Beliebtheit. Denn in den sozialen Medien wird das Pulver für seine gesunden Eigenschaften gelobt. Aufgrund seiner Verarbeitungsart, der sogenannten Beschattung, trifft weniger Sonnenlicht auf die Teepflanze (Camellia sinensis).
In Folge entwickelt die Pflanze verstärkt Inhaltsstoffe, darunter B-Vitamine, sekundäre Pflanzenstoffe oder Teein. Das ist chemisch gleich zu dem im Kaffee enthaltenen Koffein. Teein wirkt jedoch nachhaltiger im Körper und scheint für viele in den sozialen Netzwerken die perfekte Kaffee-Alternative zu sein.
Der nächste Hype
Bereits Shirin David hat im vergangenen Jahr in ihrem Lied „Bauch, Beine, Po“ über den Iced Matcha Latte gerappt. Die Influencerin Emma Chamberlain – mit ca. 15 Millionen Followern auf Instagram – hat mittlerweile sogar eine eigene Kaffeemarke, bei der der Matcha nicht fehlen darf.
Während sich Influencer und ihre Follower dem Hype um den Grüntee hingeben, belastet der Trend die Branche zunehmend. Japans Teebauern fällt es immer schwerer, der gestiegenen Nachfrage gerecht zu werden. Auch der Preis für Matcha ist stark gestiegen. Bei der ersten Teeauktion des Jahres in Kyoto war der Preis für ein Kilo im Vergleich zum Vorjahr um rund 70 Prozent teurer. Zwischen Januar und August 2024 importierten deutsche Händler 240 Tonnen Matcha, ein Anstieg von 240 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. In Deutschland poppen aber weiterhin in jeder größeren Stadt neue Matcha-Läden auf, in Farben und Variationen, die man eigentlich aus einem Starbucks gewöhnt ist.
Sadō 茶道 („Der Weg des Tees“)
Dabei ist das Pulver eigentlich kein massentaugliches Konsumgut. Genutzt wird und wurde das Pulver für einen sogenannten Sadō (auf Deutsch: „Der Weg des Tees“), eine japanische Teezeremonie, die für spezielle Anlässe gedacht ist. Aufgrund dieser Verwendung wird auch zwischen Sorten für den täglichen Gebrauch und zeremoniellen Matchapulvern unterschieden.
Doch der Trend hat diese Distinktion weitgehend aufgelöst. In den sozialen Medien wird suggeriert, dass auch für einen regelmäßigen Konsum des Tees hochwertiges Pulver notwendig sei.
Wie nachhaltig ist der Trend?
Dabei ist dieser nicht nur teurer, sondern in der Herstellung nochmals aufwändiger als gebräuchlicher Matcha. Die Pflanze müssen teilweise von Hand gepflückt werden und sind in der Verarbeitung stark verlustbehaftet. Auch eine schwache Ernte hat den Nachfrageengpass verschärft, die nächste Ernte ist zudem erst wieder im Herbst zu erwarten.
Die japanische Regierung rät Farmern, ihre Produktion auszuweiten. Für viele ist das jedoch keine Lösung des Problems. Neue Teepflanzen brauchen bis zu fünf Jahre, um erntereif zu sein. Die Farmer sind sich jedoch unsicher, wie nachhaltig der Trend wirklich. Für sie steckt dahinter nämlich nicht nur ein Trend, sondern ihre finanzielle Existenz.