Mays Reise bringt keinen Erfolg

EU-Zugeständnisse retten Brexit-Deal nicht – Krachende Pleite für Premierministerin in London

Von Peter Nonnenmacher

London Kaum mehr als zwei Wochen vor dem geplanten Brexit-Datum ist die britische Premierministerin Theresa May am Dienstagabend mit ihrem Brexit-Deal erneut spektakulär gescheitert. Nur 242 Unterhaus-Abgeordnete billigten den von ihr mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag – 391 sprachen sich gegen ihn aus.

Ihr vernichtendes Urteil fällten die Parlamentarier, obwohl May tags zuvor noch neue „Zusicherungen“ von der EU bei einem spontanen Besuch in Straßburg ausgehandelt hatte. Für die Tory-Hardliner und Nordirlands Unionisten war das nicht genug. Und die Opposition will den Deal sowieso nicht. Sie baut darauf, dass sich noch ein „weicher“ Brexit oder ein neues Referendum durchsetzen lässt.

Oppositionsführer Jeremy Corbyn hatte klare Worte an May: „Ihr Vertrag, ihr Vorschlag, jener der Premierministerin, ist eindeutig tot.“ May selbst reagierte nach der Abstimmung enttäuscht. Sie wollte den Abgeordneten ihrer Konservativen Partei auch nicht vorschreiben, wie sie in der jetzt anstehenden Abstimmung über einen Brexit ohne Vertrag an diesem Mittwoch votieren sollen.

Der Rückschlag der Regierungschefin deutete sich bereits den Tag über an, als ihr schon vor Beginn der Brexit-Debatte, gegen Mittag, ein ­dreiseitiger Brief mit neunzehn Paragrafen auf den Schreibtisch gelegt wurde. Geschrieben hatte ihn Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox, der Rechtsberater der Regierung. Er hatte sich in den letzten zwei Wochen im Auftrag der Premierministerin in Brüssel aufgehalten, um die EU für eine Änderung des im Vorjahr ausgehandelten Austrittsvertrags zu gewinnen. Er sollte erwirken und anschließend ­bestätigen, dass die „Vertragsänderungen“, die May Montagnacht in Straßburg ausgehändigt wurden, echte Änderungen waren.

Die Tory-Brexiteers verlangten, dass Großbritannien nicht auf potenziell unbegrenzte Zeit im verhassten Backstop – der Irland-Garantie des Vertrags – festgehalten werden kann. Letzten November noch hatte Cox dem Unterhaus erklärt, dass das Vereinigte Königreich dem Backstop, so wie er angelegt war, ohne Erlaubnis der EU nie würde entrinnen können. Dieses Urteil hatte zur katastrophalen ersten Niederlage Mays bei der Abstimmung über ihren Deal im Januar mit 202 zu 432 Stimmen geführt.

Für einen besseren Ausgang bei der „zweiten Runde“ am Dienstag war May darauf angewiesen, dass Cox seine Einschätzung änderte. Zwar erklärte Cox zuvor, das Risiko, dass das Vereinigte Königreich von der EU gegen seinen Willen auf Dauer zum Beispiel in der EU-Zollunion festgehalten werden könne, sei durch die Straßburger Vereinbarungen merklich „reduziert“ worden. Eliminiert worden sei es freilich nicht: „Rechtlich gesehen, bleibt das Risiko unverändert bestehen.“ Cox’ nüchternes Urteil stand in scharfem Gegensatz zu den hoffnungsvollen Worten Theresa Mays in Straßburg.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste May befürchten, dass sich auch die hektische Theatralik ihres Blitztrips als vergebene Liebesmühe erwiesen hatte. Mit erschöpfter Stimme verteidigte sie am Dienstag im Unterhaus noch einmal „ihren“ Kurs. Am Ende nützte es ihr aber nichts.