Weltwassertag

Mehr als Tropfen auf heiße Steine

Zum Weltwassertag fordern Experten, Maßnahmen gegen die drohende Knappheit zu ergreifen. Der Bund hat eine Nationale Wasserstrategie vorgelegt. Eines dürfte schon klar sein: Trinkwasser wird teurer werden.

Mehr als Tropfen auf heiße Steine

Das Wasser wird knapp.

Von Thomas Faltin

Die Anzeichen, dass künftig das Wasser knapper wird, liegen immer klarer zutage. So hat Bernhard Röhrle von der Landeswasserversorgung in Stuttgart zum Weltwassertag an diesem Mittwoch mitgeteilt, dass sich die Grundwasserstände im zu Ende gehenden Winter nicht erholt hätten. Normalerweise füllen sich die Speicher in dieser Zeit auf. Auch bundesweit hat sich in den letzten Jahren der Trend verhärtet, dass weniger Wasser zur Verfügung steht. In den Trockenjahren 2018 und 2020 fehlte fast ein Drittel des üblichen Vorrats.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat deshalb jetzt eine Nationale Wasserstrategie vorgelegt. Darin geht es nicht nur um den Umgang mit Wassermangel, sondern auch um Hochwasser und Starkregen sowie um die Reinhaltung der Gewässer. Bis 2050 soll die Strategie umgesetzt sein. 78 Maßnahmen will Lemke aber sofort anpacken und bis 2030 verwirklichen. Dazu gehören die Wassereinsparung zu erforschen, einen Schwellenwert für Arzneimittel in Gewässer einzuführen oder die Wasserpreise „weiterzuentwickeln“.

Im Moment zahlen Bürger 30 Cent für den Tagesbedarf an Wasser

So dürften zum einen auf die Bürger höhere Preise zukommen. Denn die Wasserversorger tätigen bereits heute hohe Investitionen. Die Bodenseewasserversorgung baut zum Beispiel mit riesigem Aufwand zwei neue Entnahmeleitungen, und die Stadtwerke Rastatt müssen wegen einer hohen Belastung mit PFAS (Perfluoralkyl- und Polyfluoralkylsubstanzen) das Wasser zusätzlich filtern. Derzeit zahlen Bürger für ihren durchschnittlichen täglichen Wasserbedarf von 125 Litern gerade mal 30 Cent. Das werde nicht so bleiben können, so Bernhard Röhrle.

Daneben erhalten Industrie und Bergbau, die drei Viertel des geförderten Wassers nutzen, das Wasser bisher umsonst oder für wenig Geld. Mineralwasserfirmen etwa zahlen im Südwesten 5,1 Cent für 1000 Liter, verkaufen den Liter aber teils für einen Euro.

Zahl der Prozesse um Wasserprobleme hat sich verdoppelt

Jedenfalls werden die Konflikte um das Wasser zunehmen, da die verfügbare Menge sinkt und der Bedarf durch die heißen Sommer und durch das Bevölkerungswachstum zunimmt. Das lässt sich bereits deutlich an der Zahl der juristischen Streitigkeit ablesen, wie das Rechercheteam Correctiv ermittelt hat. Das Umweltministerium plant jetzt eine Leitlinie, wer in welcher Reihenfolge verzichten müsste. Die Versorgung mit Trinkwasser habe sicher Priorität, heißt es in der Wasserstrategie. Trotzdem könne es auch bei den Bürgern zu Einschränkungen kommen. Genaueres dazu steht noch nicht fest.

Im Land wird gerade ein Masterplan Wasserversorgung erarbeitet, bei dem für alle Stadt- und Landkreise die konkreten Defizite analysiert werden. Für die ersten elf Kreise sollen die Ergebnisse im Frühjahr vorliegen.

Heidi Elisabeth Megerle beschäftigt sich als Professorin der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg schon lange mit dem „Ressourcenmanagement“. Sie begrüßt die Nationale Wasserstrategie und auch die Pläne der Landesregierung sehr, denn zu lange habe das Thema nicht die gebührende Aufmerksamkeit erhalten. „Dieser Umdenkprozess ist längst überfällig“, so Megerle. Jetzt sei es aber wichtig, dass die Aufgaben auch angepackt würden.

Im Südwesten könnte es 2040 schon drei Grad heißer sein als 1881

Dies ist umso dringlicher, als der Klimawandel sich nach neuesten Berichten des Weltklimarates beschleunigt. Der Klimasachverständigenrat des Landes Baden-Württemberg hat nun davon gesprochen, dass sich die Temperatur im Land bis 2040 um drei Grad gegenüber dem Referenzjahr 1881 erhöht, wird nicht gegengesteuert.

Auch die Kommunen sind längst dabei, sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen. In Stuttgart etwa würden verstärkt Sickerpflaster verlegt, um das Wasser in den Boden statt in die Kanalisation zu leiten, sagt Jürgen Mutz, der Leiter des Tiefbauamtes. Geplant ist auch, die Wärme des Abwassers zum Heizen von Quartieren zu verwenden.

Trotzdem wird viel mehr notwendig sein, um dem Wassermangel zu begegnen. Bernhard Röhrle sieht etwa die Bauern in der Pflicht, dringend auf Tröpfchenbewässerung umzusteigen. Und viele Kommunen hätten zu wenig ins Netz investiert: In manchen Gemeinden versickere ein Viertel des Wassers wegen Rohrschäden einfach im Untergrund.