Rulantica ist kein Einzelfall: Kinder im Südwesten sind zunehmend von sexuellem Missbrauch betroffen. Viele Taten bleiben unentdeckt.
Die Zahl der Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern in Baden-Württemberg steigt weiter. (Symbolbild)
Von red/dpa/lsw
Die Zahl der Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern in Baden-Württemberg steigt weiter. Das teilte das Innenministerium auf Nachfrage mit. „Bei den Fallzahlen des sexuellen Missbrauchs von Kindern zeichnet sich ein leichter Anstieg ab, während die Anzahl der Fälle von sexuellem Missbrauch von Jugendlichen bislang rückläufig ist“, so das Ministerium zur Entwicklung im Jahr 2025.
Konkrete Zahlen zu den Taten für dieses Jahr liegen noch nicht vor, nur ein Trend. Üblicherweise werden die Fallzahlen im Rahmen der Polizeilichen Kriminalstatistik im Frühjahr veröffentlicht. Aber die Missbrauchsfälle gegenüber Kindern nehmen im Südwesten seit Jahren zu. Gerade in diesem Deliktbereich ist auch das Dunkelfeld groß. Viele Übergriffe kommen nie zur Anzeige, weil Kinder oft nicht in der Lage sind, die Taten zu benennen oder sich Hilfe zu holen.
Mehr als 1.700 Missbrauchsfälle im vergangenen Jahr
Nach Angaben der Polizei stiegen die Fälle sexuellen Missbrauchs im Jahr 2024 insgesamt um rund acht Prozent. Davon bildeten Missbrauchsfälle von Kindern mit 58,6 Prozent und 1.719 Fällen den überwiegenden Anteil. Die Zahlen spiegeln die Anzeigen wider; Experten gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Taten deutlich höher liegt.
„Viele dieser Taten finden im Verborgenen, auch im engsten Umfeld, statt“, sagt Innenminister Thomas Strobl (CDU). „Umso wichtiger ist es, das Dunkelfeld aufzuhellen, um sexuellen Missbrauch von Kindern zu verhindern. Das Netz freilich ist Tausch- und Handelsplatz für die größten Sauereien, widerwärtigsten Perversitäten und den schlimmsten Missbrauch.“ Strobl kritisierte, dass Ermittlungen der Sicherheitsbehörden in den vergangenen Jahren tausendfach ins Leere gelaufen seien, weil die FDP in der Ampel die sogenannte Vorratsdatenspeicherung blockiert habe.
Auch Kinder unter den Tätern
Beim sexuellen Missbrauch von Kindern wurden laut Sicherheitsbericht 2024 mit 89,5 Prozent rund neun von zehn Fällen aufgeklärt. Vor allem männliche Erwachsene ab 21 Jahren seien demnach Täter, aber 11,6 Prozent der Tatverdächtigen seien selbst Kinder.
Sexueller Missbrauch von Kindern zählt seit Jahren zu den Delikten, die bundesweit sehr im Fokus von Polizei, Politik und Öffentlichkeit stehen. Vor wenigen Tagen erst machte ein Fall im Umfeld des südbadischen Freizeitbads Rulantica Schlagzeilen. Ein Mann soll eine Sechsjährige aus dem Erlebnisbad am Europa-Park in Rust in einen Wald gelockt und sexuell missbraucht haben. Das hilflose Mädchen war fünf Kilometer entfernt vom Schwimmbad gefunden worden. Ein 31 Jahre alter Tatverdächtiger sitzt deshalb in Untersuchungshaft. Er war zuvor aus Rumänien an die deutschen Strafverfolgungsbehörden ausgeliefert worden.