Die Uhlandstraße war früher Backnangs erste Einkaufsstraße. Doch die Zeiten sind schwieriger geworden: Die Frequenz in der Fußgängerzone geht zurück, die Leerstände nehmen zu. Der städtische Wirtschaftsbeauftragte Ralf Binder warnt vor einer Abwärtsspirale. Aber es gibt auch Lichtblicke.
Lichtblick in der Fußgängerzone: Ahmet, Zozan, Sultan und Ferhat Özkan (von links) wollen im April in den Räumen der ehemaligen Uhland-Apotheke einen mediterranen Feinkostladen mit angeschlossenem Imbiss eröffnen. Foto: J. Fiedler
Von Kornelius Fritz
BACKNANG. Ende 2017 hat Peter Himken seine Uhland-Apotheke geschlossen: Die Umsätze waren zurückgegangen, gleichzeitig wurde es immer schwieriger, qualifiziertes Personal zu finden. Der Apotheker beschloss deshalb, sich auf seine beiden anderen Standorte in der Sulzbacher Straße und in Kirchberg an der Murr zu konzentrieren. Die Ladenfläche in der Uhlandstraße 16 stand seitdem leer.
Doch nun ist ein Nachmieter gefunden: Unter dem Namen „Mythos“ will Zozan Özkan dort mit ihrer Familie eine Mischung aus Feinkostladen und Imbiss eröffnen. An einer Frischetheke soll es mediterrane Spezialitäten wie eingelegte Oliven und Käse geben. Dazu ist ein Speisenangebot mit Döner Kebab, Pizza und wechselnden Tagesgerichten geplant. Das Ganze auf gehobenem Niveau und mit möglichst wenig Einwegverpackungen, wie die Betreiber versichern. Mit demselben Konzept war die kurdische Familie seit 2015 bereits im Kaufland an der Sulzbacher Straße erfolgreich, ehe sie ihren Platz Mitte 2018 wegen des Abrisses des Warenhauses räumen musste.
Weil die Betreiber bei einer gastronomischen Nutzung eigentlich einen Stellplatz nachweisen müssten, dies in der Fußgängerzone aber nicht möglich ist, war die Neuansiedlung kürzlich auch Thema im Gemeinderat. Gegen eine Ablöse von 9000 Euro befreite dieser die neuen Mieter von ihrer Verpflichtung. Vertreter verschiedener Fraktionen verbanden ihre Zustimmung aber mit der Forderung, dass der angekündigte Qualitätsanspruch auch eingelöst wird. „Der neue Laden sollte so gestaltet sein, dass er eine Verschönerung der Fußgängerzone mit sich bringt“, meinte etwa Eric Bachert vom Bürgerforum Backnang.
Die Vorstellungen
driften auseinander
Der städtische Wirtschaftsbeauftragte Ralf Binder hatte sich für die Neuansiedlung starkgemacht und spricht von einer guten Lösung: „Wir glauben, dass ein solches Angebot in Backnang bisher fehlt.“ Gleichwohl ist dieser Wechsel durchaus typisch für die Entwicklung in der Fußgängerzone: Wo Einzelhändler rausgehen, rücken oft Gastronomen oder Dienstleister nach, da diese noch eher in der Lage sind, die hohen Mieten zu erwirtschaften. Für den Handel werde das immer schwieriger, erklärt Binder. Die Ladenflächen in der Uhlandstraße sind verhältnismäßig klein und verteilen sich oft über mehrere Stockwerke. Für die meisten Filialisten kommen sie deshalb nicht infrage. Blieben die inhabergeführten Geschäfte. Die seien aber oft nicht in der Lage, die verlangten Mieten zu bezahlen oder sie wollten sich nicht so langfristig binden, wie es die Hauseigentümer gerne hätten. „Wir stellen fest, dass die Vorstellungen von Vermietern und Interessenten auseinanderdriften“, sagt der Wirtschaftsbeauftragte. Das führt dazu, dass es immer häufiger Leerstände gibt und diese auch länger anhalten: „Früher waren die Geschäfte in der Regel nach drei, vier Monaten wieder vermietet“, erinnert sich Binder.
In der Uhlandstraße komme noch das Problem hinzu, dass viele Hauseigentümer im fortgeschrittenen Alter seien und deshalb vor allem den kurzfristigen Gewinn im Auge hätten. Gut zu beobachten sei dies bei den Hausnummern 12 und 14. Mit Tchibo und dem Blumenladen „Blattwerk“ habe es dort früher zwei echte Frequenzbringer gegeben. Der Vermieter gab dann allerdings der Targobank den Vorzug, die zwar mehr Miete bezahlt, aber nur wenige Kunden anzieht. Für Binder eine kurzsichtige Entscheidung: „Die Frequenz ist dadurch radikal zurückgegangen. Das strahlt negativ auf die gesamte Straße aus.“
Aufenthaltsqualität
als großes Plus
Ohnehin hat der Wirtschaftsförderer das Gefühl, dass einige Hausbesitzer noch nicht begriffen haben, dass die Mieten im Einzelhandel – anders als auf dem Wohnungsmarkt – tendenziell sinken. Denn in Zeiten, in denen viele Kunden ihre Einläufe online oder in Einkaufszentren auf der grünen Wiese erledigen, seien die Umsätze früherer Jahre in den Innenstädten nicht mehr zu erzielen.
Trotzdem sieht Ralf Binder für die Zukunft der Uhlandstraße nicht schwarz. Das große Plus der Fußgängerzone sei ihre Aufenthaltsqualität, die etwa durch Anziehungspunkte wie das Eiscafé Dolomiti gefördert wird. Auch eine ansprechende Straßengestaltung spiele dabei eine wichtige Rolle: „Es wäre deshalb gut, wenn die Stadt auch den öffentlichen Raum noch weiter aufwerten würde“, sagt Binder, der sich nach acht Jahren im Backnanger Rathaus in Kürze Richtung Freiburg verabschiedet.
Wenn der Feinkostladen der Familie Özkan voraussichtlich im April seinen Betrieb aufnimmt, gibt es in der Uhlandstraße aber nur noch zwei leer stehende Ladenflächen. Eine davon ist der ehemalige Schuh Boss, doch auch dort wird sich nach Auskunft von Vermieterin Sabine Tintelnot bald etwas tun. Die Flächen im ersten Obergeschoss sind bereits vermietet: Sie werden künftig als Büros genutzt. Im Erdgeschoss hat die Hauseigentümerin investiert und die Verkaufsfläche vergrößert. Ob dort am Ende wieder ein Händler einziehen wird, ist allerdings noch ungewiss: „Wir sind im Gespräch mit mehreren Interessenten und würden uns natürlich freuen, wenn wir wieder einen kompetenten Einzelhändler finden würden“, erklärt die Vermieterin.