Mehr Raum für die Waldorfschüler

Den Plan, die Backnanger Waldorfschule zu erweitern, gibt es schon seit vielen Jahren, allerdings hat sich der Baubeginn immer wieder verzögert. Umso größer ist die Freude bei Lehrern, Eltern und Schülern, dass es nun endlich losgeht.

Mehr Raum für die Waldorfschüler

Vorfreude auf den Baustart: (von links) Vorstand Heiko Höhle, Lehrerin Tatiana Onneken, Geschäftsführer Christoph Ernst und Bauleiter Rudi Altmeyer. Die bunten Steine haben Schülerinnen und Schüler bei der Übergabe des Baugrundstücks hier abgelegt.Foto: A. Becher

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Die Backnanger Waldorfschule ist beliebt: Die 440 Plätze sind regelmäßig ausgebucht, die Schüler kommen aus dem gesamten Rems-Murr-Kreis und sogar aus den Nachbarlandkreisen Ludwigsburg und Schwäbisch Hall. Die von Rudolf Steiner (1861 bis 1925) entwickelte Waldorfpädagogik legt einen besonderen Fokus auf künstlerische, kreative und handwerkliche Inhalte. Noten gibt es erst in der Oberstufe. Manche Eltern glauben, dass sich ihre Kinder dadurch besser entfalten können als an einer staatlichen Schule und sind auch bereit, dafür Gebühren von bis zu 316 Euro im Monat zu bezahlen.

Ihr heutiges Gebäude in der Hohenheimer Straße hat die Waldorfschule im Jahr 2005 bezogen, doch schon damals war klar, dass das Schulhaus eigentlich zu klein ist: „Die Räume sind so konzipiert, dass es gerade so funktioniert, aber wir müssen viele Kompromisse machen“, sagt Geschäftsführer Christoph Ernst. So gibt es bisher nur einen einzigen Naturwissenschaftsraum, in dem Experimente stattfinden können, den Abiturienten fehlt ein eigenes Klassenzimmer und zum Sportunterricht müssen die Schüler mit Bussen auf den Hagenbach oder nach Steinbach kutschiert werden.

Bereits im Jahr 2010 gab es deshalb erste Gespräche über eine mögliche Erweiterung. Die Stadt Backnang erklärte sich bereit, der Schule dafür ein benachbartes Grundstück in Erbpacht zur Verfügung zu stellen. Bis es dann so weit war, sollten allerdings noch Jahre vergehen, denn die Stadt brauchte das Grundstück zunächst noch selbst, um Geflüchtete unterzubringen. Erst Ende 2019 wurden die provisorischen Unterkünfte geräumt und die Schule konnte ihre Planungen konkretisieren. Anfang Mai werden nun endlich die Bagger anrücken.

Durch die Verzögerungen sinddie Baukosten deutlich gestiegen.

Geplant sind ein dreistöckiger Neubau und eine Schulsporthalle. Vor allem die Schüler der Oberstufe werden davon profitieren: Für sie wird es in dem neuen Schulgebäude nicht nur verschiedene Fach- und Klassenräume, sondern auch eine Bibliothek und einen Aufenthaltsbereich mit Teeküche geben. „Hier wollen wir unsere Schüler zum selbstständigen Lernen anleiten“, erklärt Kunstlehrerin Tatiana Onneken. In der Planungsphase hatten Eltern, Lehrer und Schüler in mehreren Workshops die Möglichkeit, ihre Ideen und Wünsche einzubringen.

Wichtig ist den Verantwortlichen, möglichst nachhaltig zu bauen: So wird das Gebäude mit einer Wärmepumpe beheizt, auf dem Dach des Neubaus wird eine Fotovoltaikanlage installiert. In der anthroposophischen Architektur wird zudem großen Wert auf natürliche Materialien und organische Formen gelegt. Rechte Winkel werden, wo es möglich ist, vermieden. So soll etwa das geschwungene Dach der Sporthalle schon von außen zeigen, dass dies ein Ort der Bewegung ist. Geschäftsführer Christoph Ernst räumt allerdings ein, dass die Kosten der Kreativität bisweilen Grenzen gesetzt haben: „Wenn man vom rechten Winkel abweicht, wird’s auch immer teurer.“

Die lange Wartezeit hat die Baukosten ohnehin schon drastisch steigen lassen. Hatte der Trägerverein der Waldorfschule anfangs noch mit einer Investition von sieben Millionen Euro kalkuliert, wird das Projekt nun rund elf Millionen kosten. Eine gewaltige Summe für eine private Schule, die für den Bau keine staatlichen Zuschüsse erhält. Finanzierbar sei das nur gewesen, weil die Eltern einer monatlichen Erhöhung der Schulgebühren um 25 Euro zugestimmt hätten, sagt Christoph Ernst. Auch künftige Elterngenerationen werden ihren Beitrag leisten müssen, denn die Baukredite werden erst in 30 Jahren abbezahlt sein.

Vorstand und Bauausschuss des Trägervereins sind aber davon überzeugt, dass das Geld gut angelegt ist: „Der Neubau wird unserer Schule eine neue Qualität geben“, sagt Heiko Höhle, der auch Vater einer Schülerin ist. Mit dem neuen Gebäude entstehe nun ein richtiger Campus, zu dem auch der Waldorfkindergarten gehört. Die Schülerzahl soll nach der Erweiterung übrigens nicht steigen: Die Waldorfschule bleibt einzügig und bietet vom Hauptschulabschluss bis zum Abitur alle Bildungsabschlüsse an.

Am Ziel ihrer Träume sind die Verantwortlichen allerdings noch nicht, wenn Oberstufenbau und Sporthalle voraussichtlich Ende nächsten Jahres fertig sind. Mittelfristig würden sie gerne auch noch ein neues Gebäude für die Schulbetreuung und eine Aula für Feste und Theateraufführungen bauen. Platz auf dem Grundstück ist dafür schon da, Geld zur Finanzierung allerdings noch nicht.