Mehr Sicherheit bedeutet mehr Regeln

Die Stadt Murrhardt muss in Bezug auf den Fornsbacher Waldsee eine Reihe von Maßnahmen umsetzen, um einerseits ihrer Verantwortung gerecht zu werden, andererseits sich selbst rechtlich abzusichern. Grundlage ist das Gutachten eines Experten.

Mehr Sicherheit bedeutet mehr Regeln

Für die Besucher steht der Genuss und Badespaß im Mittelpunkt. Die Stadt muss aber auch auf Gefahren hinweisen und flankierende Maßnahmen treffen, da eine ständige Badeaufsicht nicht möglich ist. Dazu gehört beispielsweise, dass der See künftig in zwei Bereiche aufgeteilt wird – Schwimmer und Bootsbetrieb sind dann voneinander getrennt. Foto: J. Fiedler

Von Elisabeth Klaper

MURRHARDT. Der Waldsee soll ein attraktives Freizeitgebiet bleiben, dafür ist es jedoch erforderlich, einige Maßnahmen umzusetzen, um die Sicherheit für die Besucher zu gewährleisten und zu verbessern. Im Vorfeld sei man mit dem Problem konfrontiert gewesen, dass für Badeseen wegen rechtlicher Unsicherheiten die Frage nach der Pflicht einer ständigen Badeaufsicht zu klären war, berichtete Uwe Matti, Leiter des Amts für Wirtschaft, Kultur und Tourismus, in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Darum beauftragte die Stadtverwaltung die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen mit einer gutachterlichen Stellungnahme, was Carsten Sonnenberg übernahm, der in Fachkreisen als Badeseepapst gelte, so Matti. Ziel war es, ein für den Waldsee rechtssicheres Gutachten zu erhalten, um für den Badebetrieb die richtigen Maßnahmen zu treffen. Darin analysierte Sonnenberg die Istsituation und bewertete diese unter Berücksichtigung der entsprechenden Richtlinien und Gesetze. Weiter untersuchte der Experte die Haftung des Betreibers auf Basis der gesetzlichen Regelungen, Vorschriften und Rechtsprechung, insbesondere die Problematik der Verkehrssicherungspflicht. Abschließend gab er auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse Empfehlungen zum Betrieb.

Ausnahmen bilden

Veranstaltungen wie das Sommernachtsfest.

Laut Matti schlägt Sonnenberg verschiedene Maßnahmen vor, um den Waldsee als Badestelle einstufen zu können, für deren Umsetzung ein Betrag von rund 12000 Euro erforderlich ist. Unter diesen Voraussetzungen wäre eine ständige Badeaufsicht nicht mehr notwendig. Ausnahme bilden besondere Veranstaltungen wie das Sommernachtsfest, bei dem aber bereits bisher schon eine Aufsicht erfolgte. Im Gegensatz dazu hätte die Einstufung als Naturbad zur Folge, dass eine ständige Badeaufsicht zu stellen wäre. 2020 „versuchten wir mit einer Badeaufsicht mehr Sicherheit zu gewährleisten, haben aber nicht genug qualifizierte Kräfte gefunden, da dies schwierig ist, seit in Murrhardt keine DLRG-Ortsgruppe mehr besteht. Mindestens zwei Personen müssten ständig als Badeaufsicht agieren, indes sind diesem Einsatz personell wie finanziell Grenzen gesetzt“, verdeutlichte Matti.

Für eine rechtssichere Regelung müssen die von Carsten Sonnenberg vorgeschlagenen Maßnahmen zeitnah umgesetzt werden. So muss der Nichtschwimmerbereich deutlich mit Texten und Piktogrammen ausgeschildert sein, zudem mit Hinweisen auf die Wassertiefe versehen werden, vor allem beim Übergang zum tiefen Bereich mit dem Hinweis auf Ertrinkungsgefahr. Die maximale Tiefe im Nichtschwimmerbereich muss bei beziehungsweise nach Starkregen überwacht werden, notfalls ist die Kette kurzfristig zu verschieben.

Baden und Schwimmen sowie Bootsbetrieb müssen klar getrennt sein, deshalb muss der See in zwei Bereiche für Boote und Schwimmer aufgeteilt und entsprechend ausgeschildert (Text und Piktogramm) werden. Einstiege, die sich im Bereich für Boote befinden, sind abzubauen. Der Steg für den Bootsverleih muss klar abgegrenzt und beschildert werden, sodass kein Zugang für Schwimmer möglich ist, was per Zaun und Zugangstüre zum Steg erfolgen sollte, auch ist der dortige Einstieg zu entfernen.

Der Damm muss komplett durch einen Zaun mit kindersicheren Längsstreben abgesichert werden. Am Steg für Behinderte müssen zur Seeseite und unterhalb Sicherungen angebracht werden, damit ein Tauchen unter den Steg verhindert wird. Alle Stege und Aufenthaltsplattformen sind so zu gestalten, dass sie nicht im Zusammenhang mit dem Schwimmen genutzt werden, dazu ist eine Beschilderung „Hineinspringen verboten“ anzubringen. An den Einstiegen über Treppenstufen sind Handläufe dringend erforderlich. Durch die Beschilderung muss für Besucher klar ersichtlich sein, an welchen Uferstellen Gefahr durch zu geringe Tiefe, Steine, Schlingpflanzen und anderes besteht, und wo der Zugang für Schwimmer erlaubt ist.

Im Zugangsbereich und an den Liegewiesen müssen Tafeln mit einer Gesamtübersicht angebracht werden, die Besucher über Zugänge, Verbote, Wassertiefe und anderes informieren. Hinzu kommen Infoschilder über die Wassertiefe am und im See. Zudem sind ausreichend Schilder mit der Aufschrift „Baden auf eigene Gefahr“ aufzustellen.

Die bestehende Rechtsverordnung für das Freizeitgebiet sollte um eine Haus- und Badeordnung erweitert werden. Somit wird der Waldsee zur Badestelle, eine frei zugängliche Wasserfläche eines Badegewässers, in der keine bädertypischen Anlagen wie Sprungeinrichtungen, Badestege, Wasserrutschen und anderes vorhanden sind, ebenso auf den angrenzenden Landflächen. Der Waldsee ist als EU-Badegewässer gemeldet und soll so hergerichtet werden, dass die Anforderungen an eine Badestelle erfüllt sind.

Der Zugang aufs Gelände soll weiterhin kostenlos sein, die Einrichtungen ändern nichts an der Einstufung als Badestelle. Für die Nutzung von beispielsweise Parkplatz und Sanitäreinrichtungen können auch Gebühren verlangt werden, eine Bezahlung fürs Betreten des Areals und der Liegewiese ist jedoch nicht zulässig, da dies als Eintrittsgeld zu werten ist. Auf dem Campingplatz ist ein Hinweis anzubringen, dass das Entgelt dort nur für den Eintritt und die Nutzungen auf dem Campingplatz zu entrichten ist und nicht für den Badebetrieb.

Vor Beginn der Badesaison muss überprüft werden, ob es spezielle Gefahren gibt.

Der Stadt Murrhardt als Betreiberin unterliegt die Verkehrssicherheit im und um den Waldsee fürs gesamte Gelände, die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung ist zu dokumentieren. Vor Beginn der Badesaison ist zu überprüfen, ob es besondere Gefahren gibt, die zu beseitigen sind, und während der Saison ist eine tägliche Kontrolle notwendig, beispielsweise um Glasscherben oder andere Gegenstände, an denen sich Besucher verletzen könnten, zu entfernen, was bereits bisher so umgesetzt wird.

Die Sorge, die Trennung der Bereiche Schwimmen und Bootfahren und die dazu erforderliche Aufteilung des Sees werde nur sehr schwierig zu bewerkstelligen sein, bestimmte die Stellungnahmen der Fraktionssprecher. Da künftig umfangreichere Hygienemaßnahmen erforderlich sind, regte Edgar Schäf (SPD) an, eine Benutzungsgebühr für die Sanitäreinrichtungen zu verlangen.

Zwar zeigte Mario Brenner sich froh, dass „wir eine Möglichkeit gefunden haben, damit es am Waldsee weitergeht“. Kritisch sah der Fornsbacher CDU/ FWV-Stadtrat aber die Aufteilung des Sees in Schwimmer- und Bootsbereich, da Erwachsene längere Strecken schwimmen wollten, dies müsste wohl scharf kontrolliert werden. Auch seien einige Forderungen des Gutachtens „nicht stimmig“ oder „nicht ganz haltbar“, wie die Anweisung, das Gelände unverzüglich nach Ende der Badezeit zu räumen, was sich wirtschaftlich ungünstig auf den Gastronomiebetrieb auswirken würde. „Wir müssen Kompromisse schließen“, erwiderte Uwe Matti und stellte auf Nachfragen Brenners klar, dass die vorhandenen behindertengerechten Einrichtungen erhalten bleiben und die Einstiege umgebaut werden.

„Die bereits bestehende Rechtsverordnung wird fortgeschrieben, dazu bereiten wir eine Vorlage zu deren Ergänzung um eine Haus- und Badeordnung vor“, verdeutlichte Bürgermeister Armin Mößner. Zwischen Anglern und Badegästen gebe es keine Kollision, denn die Angler kämen schon frühmorgens und seien wieder weg, wenn die ersten Schwimmer eintreffen, erläuterte Matti auf Nachfrage von Wolfgang Hess. Der UL-Fraktionsvorsitzende wollte wissen, wie die Betreiber des Campingplatzes und des Bootsverleihs die erforderlichen Maßnahmen sehen. „Wir haben darüber diskutiert, aber klargestellt, dass nur ein Kompromiss möglich ist, das ist sehr schwierig, aber es geht nicht anders“, erläuterte der Amtsleiter.

Nun gelte es, die Vorgaben schnellstmöglich und gut umzusetzen, forderte Gerd Linke (MDAL/Die Grünen). „Wenn wir die genannten Maßnahmen umsetzen, nehmen wir eine Vorreiterrolle ein“, hob Matti auf Mario Brenners Nachhaken mit Blick auf andere Badeseen der Region hervor, mit deren Betreibern man im Austausch sei. „Wir müssen uns unserer Verantwortung klar werden und vorsorgen“, denn irgendwann könne ein Unfall passieren, verdeutlichte der Amtsleiter. Schließlich stimmte das Stadtparlament den im Gutachten empfohlenen Maßnahmen unisono zu.