Mehrwertsteuersenkung etwa zu 60 Prozent weitergegeben

dpa Frankfurt/Main. Seit Anfang Juli gelten niedrigere Mehrwertsteuersätze. Damit will die Bundesregierung den Konsum in der Corona-Krise ankurbeln. Doch was kommt tatsächlich bei den Verbrauchern an?

Mehrwertsteuersenkung etwa zu 60 Prozent weitergegeben

Verbraucher profitieren der Bundesbank zufolge vor allem bei Lebensmitteln und Industriegütern von der Mehrwertsteuersenkung. Foto: Jens Büttner/zb/dpa

Verbraucher profitieren der Bundesbank zufolge vor allem bei Lebensmitteln und Industriegütern von der Mehrwertsteuersenkung.

Die seit Anfang Juli bis zum Jahresende geltenden niedrigeren Steuersätze scheinen bei den meisten Nahrungsmitteln und Industriegütern (ohne Energie) vollständig weitergegeben worden zu sein, heißt es in dem am Montag veröffentlichen aktuellen Bundesbank-Monatsbericht. Bei Dienstleistungen sei die Senkung dagegen wohl nur zu einem Drittel weitergereicht worden.

Bezogen auf den harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) insgesamt könnte die Änderung zu gut 60 Prozent weitergegeben worden sein. Der Großteil der Preise sei im Juli geändert worden.

Um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abzufedern und die Wirtschaft wieder anzukurbeln, hatte die Bundesregierung den Mehrwertsteuersatz vom 1. Juli an für ein halbes Jahr verringert: von 19 auf 16 Prozent beziehungsweise von 7 auf 5 Prozent. Das soll den Konsum als wichtige Stütze der heimischen Wirtschaft ankurbeln. Händlern und Dienstleistern steht es aber frei, ob und wie sie die niedrigeren Steuersätze an die Verbraucher weitergeben.

Der Bundesbank zufolge gab es bei Nahrungsmitteln und Industriegütern teilweise Preisrückgänge über den Mehrwertsteuereffekt hinaus. Einige Händler hatten im Vorfeld angekündigt, nicht die Preise ihrer gesamten Produktpalette zu senken, sondern stattdessen auf ausgewählte Produkte sehr hohe Rabatte anzubieten.

Viele Dienstleister dürften nach Einschätzung der Bundesbank den größten Teil der Mehrwertsteuersenkung dagegen einbehalten haben. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie treffen Hotels, Gaststätten, Friseure und andere Dienstleister hart. Zu Umsatzeinbrüchen kommen zusätzliche Kosten zur Einhaltung der Hygienevorschriften hinzu, wie die Aufstellung von Trennwänden.

Lediglich in wenigen Dienstleistungsbereichen, die nicht negativ von den Beschränkungen betroffen waren und deren Preise relativ einfach anzupassen seien, seien die niedrigeren Steuersätze vollständig weitergegeben worden, heißt es im Monatsbericht. Dazu zählte beispielsweise die Telekommunikation.

Die Inflationsrate in Deutschland pendelt seit einiger Zeit um die Nullmarke oder liegt im negativen Bereich. Im Oktober lagen die Verbraucherpreise nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 0,2 Prozent unter dem Niveau des Vorjahresmonats. Die für europäische Vergleichszwecke harmonisierten Verbraucherpreise (HVPI) gingen im Jahresvergleich sogar um 0,5 Prozent zurück.

Die Bundesbank rechnet damit, dass die Preise mit Auslaufen der Mehrwertsteuersenkung im Januar 2021 wieder anziehen. „In der zweiten Jahreshälfte 2021 dürfte die Teuerungsrate sogar vorübergehend recht hoch ausfallen, weil die Preise ein Jahr zuvor durch die Mehrwertsteuersenkung gedämpft waren“, schrieben die Experten.

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