Meilenweit entfernt vom Ruhestand

Stadtrat Heinz Franke feiert heute seinen 70. Geburtstag – Das Backnanger SPD-Urgestein blickt zufrieden auf Lebensleistung zurück

Machtmensch, Alphatier, seit 25 Jahren Stadtrat, seit 31 Jahren Chef des Vereins Kinder- und Jugendhilfe und treibende Kraft bei der Hospizstiftung – Heinz Franke hat viel erreicht in seinem Leben. Trotzdem ist er noch meilenweit entfernt vom eigentlichen Ruhestand. Genau genommen managt er mit dem Verein und der Stiftung zwei mittelständische Unternehmen und mischt in der Lokalpolitik immer noch kräftig mit. Heute wird der Schaffer 70 Jahre alt.

Meilenweit entfernt vom Ruhestand

Nach einem kardiologischen Warnschuss hat ein Arzt Heinz Franke mehr Bewegung verordnet. Der Schaffer hat sich dies zu Herzen genommen und marschiert täglich mindestens eine halbe Stunde lang, egal bei welchem Wetter oder zu welcher Tageszeit, gerne auch mit Hund Frodo. Foto: A. Becher

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Als Heinz Franke 2011 als Geschäftsführer des Kreisdiakonieverbands in den Ruhestand ging, bedeutete dies längst noch nicht, dass er sich damit aufs Altersteil zurückziehen würde. Der Backnanger umschreibt es so: „Ich habe damals lediglich aufgehört, für meinen Lebensunterhalt zu arbeiten, und habe dies noch keinen Tag bereut. Aber ich habe nicht aufgehört, an all den Sachen zu arbeiten, die mir wichtig sind. Nur jetzt halt in anderer Form. Mehr selbstbestimmt.“

Konkret bedeutet dies, dass der unwirkliche Rentner es jetzt genießt, morgens auszuschlafen und in aller Ruhe die Zeitung zu lesen. „Normalerweise nehme ich vor 10 Uhr keine Termine wahr.“ Dann aber kommt Franke auf Hochtouren, „meine Tage sind noch sehr ausgefüllt“. So ist er zum Beispiel seit 1988 Vorsitzender des Vereins Kinder- und Jugendhilfe Backnang, der inzwischen immerhin etwa 100 Mitarbeiter beschäftigt. „Ich versuche mich zwar aus dem operativen Geschäft herauszuhalten, aber die Punkte Netzwerke, Strategie oder Weiterentwicklung sind dank meiner vielen Beziehungen nach wie vor meine Themen.“ Auch der Neubau des stationären Hospizes und die Weiterentwicklung der Hospizstiftung insgesamt „hat mich auf Trab gehalten – und hält es mich nach wie vor“.

Auf die Hospizangebote im Landkreis können wir alle stolz sein

Die Hospizarbeit ist ohnehin eine besondere Lebensleistung des Jubilars. Franke: „Auf diese Errungenschaften können wir im Landkreis alle stolz sein. Dass so viele ganz unterschiedliche hospizliche Angebote unter einem Dach angeboten werden, das gibt es sonst nirgendwo.“ Und auch bei dieser Stiftung handelt es sich mit über 40 hauptamtlichen und rund 150 ehrenamtlichen Mitarbeitern beinahe um einen mittelständischen Betrieb, wobei Franke nicht nur Vorstandsmitglied, sondern auch Geschäftsführer ist. Besonders freut er sich darüber, dass das Hospiz nicht nur eine Einrichtung für die Backnanger ist, sondern offen für alle Menschen in der Region, „das ist mittlerweile im gesamten Landkreis angekommen“. Frankes Fazit: „Es gibt mir ein gutes Gefühl, aus dem Nichts heraus ein so gutes Hospizangebot hinbekommen zu haben, das macht mich sogar ein wenig stolz.“

Auch auf dem politischen Sektor hat Franke lange Zeit nur Erfolge gefeiert. Seit 25 Jahren ist er Stadtrat, und nun kommen mindestens fünf weitere Jahre dazu. Auch dem Ortschaftsrat Heiningen gehörte er von 1994 bis 2014 an, von 1997 an sogar als Ortsvorsteher. Der Spaß an der Kommunalpolitik ist jedoch derzeit etwas getrübt. Zum einen gab es zuletzt Anfeindungen aus der rechten Ecke, „die Zusammensetzung im Gremium ist jetzt nicht unbedingt Motivation“. Zum anderen leidet Franke als SPD-Urgestein unter der aktuellen SPD, auch wenn die Parteipolitik auf kommunaler Ebene eigentlich keine Rolle spielen sollte. „Ich bin immer noch ein großer Anhänger des Godesberger Programms, auch wenn es dieses Jahr bereits 60 Jahre alt wird.“

Enttäuscht ist der Jubilar auch darüber, dass er wegen der Schwäche der SPD aus dem Kreistag rausgeflogen ist. „Ich wäre gerne noch weiter im Aufsichtsrat der Rems-Murr-Kliniken geblieben und hätte dort gerne weiterhin meinen Sachverstand über die rein wirtschaftliche Seite hinaus eingebracht. Die optimale Versorgung der Bürger war mir schon immer ein besonderes Anliegen.“

Aber „ein paar körperliche Einschläge“ und der besondere Geburtstag hinterlassen auch beim Backnanger Hansdampf in allen Gassen ihre Spuren. So räumt er mit etwas Wehmut in der Stimme ein: „Obwohl ich das Gefühl habe, es gibt noch so viel zu tun und ich müsste noch mehr machen, bin ich inzwischen ein Stück weit auch an meine körperlichen Grenzen gekommen.“ Selbst über sein Engagement bei der Hospizstiftung sagt er: „Auch da wird nach dem Neubau die Zeit kommen, wo ich mich zurückziehe.“

Ein kleines Kürzertreten ist durch das Ausscheiden aus dem Kreistag bereits passiert, wenngleich die eingesparte Arbeit „quantitativ nicht die Welt ist“. Zumindest nicht im Vergleich zu dem hohen Maß an Verantwortung, das er im Verein und in der Stiftung trägt: „Dort halte ich für zwei mittelständische Betriebe meinen Kopf hin, und dabei geht es um Millionenumsätze.“ Gleichzeitig beschreibt sich Franke selbst: „Es ist eine meiner Stärken, dass ich nicht übermäßig ängstlich bin. Würde ich immer alle Risiken bedenken, ich hätte nie etwas wagen dürfen.“

Varianten zum Jubeltag: Entweder ab durch die Mitte oder groß feiern

Zuletzt hat Franke zwei Szenarien durchgespielt, wie er seinen Geburtstag verbringen könnte: „Entweder ab durch die Mitte und im Bregenzer Wald in aller Ruhe den Tag begehen, oder groß feiern, weil man ja nie weiß, ob es nicht einmal der letzte Runde ist.“ Ehefrau Erika hat sich gegen die Fluchtvariante ausgesprochen, „das kannst du nicht machen“. Und so vereint Franke zu seinem Ehrentag all jene um sich, die ihm im Lauf des Lebens wichtig waren: „Der Bregenzer Wald muss warten, das machen wir hinterher.“ Für ihn ist der 70er viel mehr als alle Geburtstage zuvor Anlass zurückzublicken und sich zu erinnern, „auch mit etwas Wehmut, weil doch manch vertraute Gesichter und Wegbegleiter nicht mehr da sind und weil die Zeit, die noch bleibt, recht überschaubar ist“.

Zur Person
Heinz Franke

Heute vor 70 Jahren wurde Heinz Franke in Backnang geboren. Er hat mit seiner Frau Erika zwei Töchter und freut sich über drei Enkel.

Die beruflichen Stationen des diplomierten Verwaltungswirts sowie Diakons und Sozialarbeiters waren: Stadt Winnenden, Gemeinde Weinstadt, Erlacher Höhe, Diakonisches Werk Göppingen und zuletzt von 1992 bis 2011 Geschäftsführer des Kreisdiakonieverbands Rems-Murr-Kreis.

Kommunalpolitisch aktiv war Franke von 1994 bis 2014 im Ortschaftsrat Heiningen, davon 17 Jahre als Ortsvorsteher. Er saß von 2014 bis zum Sommer 2019 für die SPD im Kreistag und ist seit 1994 Stadtrat in Backnang (Fraktionsvorsitzender). Seit er nicht mehr Ortsvorsteher von Heiningen ist, fungiert er auch als ehrenamtlicher Stellvertreter des Oberbürgermeisters. Franke ist Vorsitzender des Vereins Kinder- und Jugendhilfe Backnang (Famfutur, Sowas, Backnanger Tafel), geschäftsführender Vorstand der Hospizstiftung Rems-Murr seit der Gründung 2002 und Heimleiter im Stationären Hospiz.

Heinz Franke wurde unter anderem bereits mit dem Bundesverdienstkreuz, der Backnanger Kanne, dem Backnanger Ehrenteller und dem silbernen Städtetag-Abzeichen ausgezeichnet.