Kanzler in Washington

Merz’ Besuch bei Trump war ein Erfolg, die Probleme bleiben

Es ist hilfreich, wenn der Bundeskanzler nun einen guten Draht nach Washington hat. Aber Trump bleibt Trump, kommentiert Tobias Peter.

Merz’ Besuch bei Trump war ein Erfolg, die Probleme bleiben

 

Von Tobias Peter

Der Besuch in Washington ist ein Erfolg für Friedrich Merz. US-Präsident Donald Trump hat den Kanzler weder beschimpft noch in die Ecke gedrängt. Dabei sind das alles Dinge, die der mächtigste Mann der Welt Gästen aus dem Ausland gern antut. Es ist, als sei es dankenswerterweise gelungen, einen Exhibitionisten dazu zu bringen, dass er einmal seinen Mantel zugelassen hat. Das bedeutet noch nicht viel. Aber fürs Erste war kaum mehr zu erwarten.

Merz hat ein großes Talent, auf andere Staats- und Regierungschefs zuzugehen. Das gilt für die Vertreter kleinerer Länder wie Litauen oder Finnland, die Merz‘ offenes Auftreten als Wertschätzung empfinden. Es gilt aber auch für den französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Das ist ein echter Fortschritt, der nach den Jahren des eher spröden Olaf Scholz in Europa von vielen herbeigesehnt wurde. Auch den vorerst guten Draht, den Merz nun zu Trump hat, hätte Scholz wohl nicht aufbauen können.

Austausch bei Steaks und Donuts

Trump und Merz hatten also, auch jenseits der offiziellen Pressekonferenz, einen freundlichen Austausch bei Steaks, Donuts und Cola. Was für eine große Erleichterung diese Nachricht auslöst, zeigt aber auch, wie angeschlagen das deutsch-amerikanische Verhältnis ist. Die Probleme sind groß und sie bleiben selbstverständlich auch nach dem Besuch von Merz in Washington bestehen. Auch wenn Deutschland sich gerade in einem Punkt substanziell auf die USA zubewegt.

Deutschland und Europa müssen mehr Verantwortung für sich selbst übernehmen. Das hat schon Barack Obama in seiner Zeit als US-Präsident eingefordert. Jetzt wird Deutschland erheblich mehr Geld in Verteidigung investieren. Das geschieht unter dem Druck einer doppelten Zeitenwende: Wladimir Putin bedroht Europas Sicherheit. Und es ist in Zeiten Trumps nicht mehr absolut sicher, ob die USA sie im Ernstfall garantieren würden. Es ist nicht Merz‘ Fehler, dass die Änderung der deutschen Politik nun unter hohem Zeitdruck geschehen muss. Hauptsache, es passiert endlich.

Mit wem verliert Trump die Geduld?

Wie brüchig das transatlantische Bündnis ist, zeigt sich gerade in der Ukraine-Frage. Der Kanzler tut viel, um die USA für eine gemeinsame Politik mit Europa an Bord zu halten. Doch auch beim Besuch in Washington wurde klar: Man muss Trump immer wieder aufs Neue erklären, dass der russische Präsident Wladimir Putin der Aggressor in diesem Krieg ist. Merz kann und muss hoffen, dass Trump die Geduld mit Putin verliert. Es kann aber genauso gut sein, dass Trump einfach nur die Geduld verliert und Europa mit dem Konflikt alleinlässt. Trump handelt oft situativ. An strategischer Weitsicht fehlt es ihm.

Das zeigt sich am deutlichsten in der Art und Weise, wie er die eigene Wirtschaft, aber auch den Rest der Welt mit dem Zollkonflikt gefährdet. Gerade für Deutschland steht viel auf dem Spiel. Die Europäer müssen Trump jetzt immer wieder erklären, dass er gegen seine eigenen Interessen verstößt – ohne dabei belehrend zu wirken. Das bleibt eine schwierige Mission für Merz, auch wenn sein erstes Treffen mit Trump gut verlaufen ist.

Ist der deutsche Kanzler jetzt also der Regierungschef, bei dem Trump zuerst anruft, wenn er mit den Europäern etwas klären will? Das ist denkbar. Das brutale Zerwürfnis zwischen Trump und seinem einstigen Berater Elon Musk zeigt aber auch, wie schnell noch die besten Beziehungen zum US-Präsidenten in die Brüche gehen können. Das Unberechenbare an Trump bleibt. Die historische Aufgabe von Friedrich Merz ist deshalb vor allem, schnelle Schritte zu einem starken und handlungsfähigen Europa voranzubringen.