Mieterproteste nähren Streit über Enteignungen

Grünen-Chef Habeck löst vielfachen Protest in anderen Parteien aus

Berlin/Stuttgart (AFP/StN). Der Start einer Unterschriftensammlung für ein Volksbegehren in Berlin hat die Debatte über die Enteignung von Wohnungsgesellschaften angeheizt. Am Samstag sind den Veranstaltern zufolge bundesweit 55 000 Menschen in Berlin und 18 weiteren Städten wie Stuttgart, Mannheim, Heidelberg und Freiburg auf die Straße gegangen, um gegen „Mietenwahnsinn“ zu demonstrieren.

Wenn andere Maßnahmen keinen Erfolg zeigten, damit Kommunen mehr Sozialwohnungen errichteten, „muss notfalls die Enteignung folgen“, sagte Grünen-Chef Robert Habeck der „Welt am Sonntag“. Scharfe Kritik kam von CSU-Chef Markus Söder: „Enteignungen sind nun wirklich sozialistische Ideen und haben mit bürgerlicher Politik nichts zu tun“, sagte er dem „Münchner Merkur“. Die Grünen seien im Kern eine linke Partei. Wer das Eigentum nicht mehr respektiere, „ändert unsere Gesellschaft von Grund auf“. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel erklärte, die Grünen seien „gerade auf dem Weg von der Verbotspartei in den Betonkommunismus“. Gegen Enteignungen hatte sich bereits die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ausgesprochen.

Baden-Württembergs FDP-Chef Michael Theurer sagte unserer Zeitung: „Durch die Enteignung wird keine einzige Wohnung neu geschaffen und der Mangel nicht behoben.“ Jetzt, wo es darauf ankomme, „fällt die bürgerliche Fassade von Robert Habeck“. Dies zeige, „dass die Grünen die Melonen-Partei nie ganz abgelegt haben“, so der Parteivize. „Deutschland braucht eine Renaissance der sozialen Marktwirtschaft statt Ökodirigismus und Sozialismus.“

Während sich die Berliner SPD noch nicht zu einer gemeinsamen Position durchringen konnte, stellte sich die Chefin der Bundespartei klar gegen Enteignungen. Sie verstehe „die Wut auf Wohnungskonzerne, die jeden Cent aus den Mietern rauspressen wollen“, sagte Andrea Nahles der „Bild am Sonntag“. „Aber Enteignung dauert Jahre und schafft keine einzige Wohnung.“ Hingegen schloss der SPD-Linke Ralf Stegner „Enteignungen als letztes Mittel“ nicht aus.