Milliarden allein machen Bahn nicht pünktlicher

dpa Berlin. Brücken, Gleise, Sensoren - für die Eisenbahn steht so viel Geld bereit wie nie. Das muss nun aber auch verbaut werden, damit mehr und pünktlichere Züge fahren können. Denn da gibt es noch Luft nach oben.

Milliarden allein machen Bahn nicht pünktlicher

Arbeiter stehen auf den S-Bahnschienen kurz vor dem Bahnhof Warschauer Straße in Berlin. Foto: Soeren Stache

Mehr Züge, mehr Verlässlichkeit und höhere Pünktlichkeit: Dafür will die Bahn bis 2030 rund 156 Milliarden Euro investieren.

Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla sprach von einer Rekordsumme, die unter anderem auf dem Klimaprogramm der Bundesregierung beruht. „Damit haben wir die Voraussetzungen für eine funktionale und leistungsfähige Infrastruktur“, sagte Pofalla, der nun neue Planer und Ingenieure sucht. „Jetzt kommt es darauf an, dass wir diese gewaltige Investitionssumme auch abarbeiten können.“

Noch aber spüren die Kunden die Engpässe und den Sanierungsstau im 33.000 Kilometer langen Gleisnetz: Verspätungen gehören zum Alltag.

Im Durchschnitt waren laut Pofalla seit Jahresbeginn 76,5 Prozent aller Fernzüge pünktlich - kamen also spätestens knapp sechs Minuten nach Fahrplan an, so die Bahn-Definition. Der Vorstand betonte, damit schneide man 1,6 Prozentpunkte besser ab als im Vorjahr und erreiche das eigene Jahresziel. Das liegt aber vergleichsweise niedrig.

Für das vergangene Jahr war der Konzern noch deutlich ehrgeiziger gewesen. Statt der angestrebten 82 Prozent kamen wegen Staus im Schienennetz und Mängeln an Fahrzeugen am Ende aber nur 74,9 Prozent der ICE und Intercity pünktlich.

„Bis jetzt sind wir genau auf Zielkorridor“, betonte Pofalla. „Fürs nächste Jahr haben wir uns die 78 Prozent vorgenommen.“ Milliardenschwere Investitionen sollen in den nächsten Jahren mehr Pünktlichkeit und mehr Kapazität bringen.

Dabei gibt es aber ein weiteres Problem: Die Bahn muss hunderte neue Ingenieure, Techniker, Planer und Fachleute für Ausschreibungen finden, um das Geld ausgeben zu können. „Ich muss weiter aufbauen, sonst kriege ich die Masse gar nicht bewegt“, sagte Pofalla.

Allein, um das zusätzliche Geld für Erhalt und Instandsetzung der Schienenwege abzurufen, seien 900 neue Leute notwendig. Gesucht würden Techniker, Planer und Fachleute für Ausschreibungen, die die aktuell 11.000 Kollegen verstärken. „Da rede ich noch gar nicht über Digitalisierung und andere Sachen, wo ich auch noch Personal aufbauen muss.“

Die Bahn hat mit einem gewaltigen Sanierungsstau zu kämpfen. Zahlreiche Brücken sind marode, Stellwerke stammen zum Teil noch aus Vorkriegszeiten. „In unserem Netz trifft Kaiserzeit auf 4.0“, sagte Pofalla. Er verglich das Schienensystem mit einer Produktionshalle. „Wenn es da rein regnet, kann nicht mehr gut produziert werden.“

Damit es weniger Verspätungen und Zugausfälle gibt und mehr Züge fahren können, will die Bahn das Netz ertüchtigen, mit digitaler Leit- und Sicherungstechnik ausstatten und es ausbauen. Züge könnten dann 2030 rund 350 Millionen zusätzliche Kilometer auf dem Netz zurücklegen, so der Plan. 2018 waren es knapp 1,1 Milliarden sogenannte Trassenkilometer. Die Kapazität würde also um etwa ein Drittel zunehmen.

Das soll helfen, bis eine Milliarde zusätzliche Kunden zu gewinnen - gut ein Fünftel mehr als 2018 - sowie 70 Prozent mehr Güterverkehr. Im Fernverkehr soll die Zahl der Kunden von zuletzt knapp 150 Millionen auf 260 Millionen steigen.

Bund und Bahn hatten vereinbart, bis 2030 gemeinsam rund 86 Milliarden Euro in Erhalt und Instandsetzung der Schienenwege zu stecken. Zudem sagte die Bundesregierung dem Staatskonzern in seinem Klimapaket für den Zeitraum elf Milliarden Euro zusätzliches Eigenkapital zu. Außerdem sollen die Bundesmittel für Busse und Bahnen im Nahverkehr steigen, woran die Bahn in dem Zeitraum einen Anteil von drei Milliarden Euro habe.

Der Bedarfsplan Schiene des Bundes, die Digitalisierung der Schiene und weitere Einzelprogramme brächten 40,5 Milliarden Euro, weitere 5,5 Milliarden Euro könnten aus Strukturhilfen nach dem Kohleausstieg fließen, zudem etwa 16 Milliarden Euro von Bund und Ländern für Lärmschutz.