Mit mehr Ausbildung Fachkräftemangel vorbeugen

Die Zahl der Pflegebedürftigen ist auf einem Rekordhoch. Der Landtagsabgeordnete Jochen Haußmann ist für attraktivere Arbeitsbedingungen.

Mit mehr Ausbildung Fachkräftemangel vorbeugen

Rems-Murr. Knapp 4,13 Millionen Menschen in ganz Deutschland waren zum Jahreswechsel 2019/2020 als pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (SDBG XII) eingestuft (plus 20,9 Prozent). Im Rems-Murr-Kreis gemeldet sind davon 18306 Menschen. Das waren 2588 oder 16,5 Prozent Pflegebedürftige mehr als zwei Jahre zuvor.

Mit der Zahl der Pflegebedürftigen steigt auch die Nachfrage nach Personal und da sieht Jochen Haußmann, Landtagsabgeordneter aus Kernen und gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, ein Problem auf Politik und Heimbetreiber zukommen: „Die Entwicklung bei der Zahl der pflegebedürftigen Menschen zeigt, dass wir trotz Anstieges der Beschäftigtenzahlen in der Pflege einen Fachkräftemangel zu befürchten haben. Wir müssen alles daransetzen, die Ausbildungszahlen zu erhöhen. Dabei braucht es neben der generalisierten Ausbildung auch die Möglichkeit der Ausbildung für Helferberufe. Und wir brauchen attraktive Arbeitsbedingungen, damit die Beschäftigten lange in ihrem Beruf bleiben“, sagt Haußmann.

Bis jetzt gibt es noch Zeit, das Problem zu lösen. Denn vollstationär im Heim ist nur der kleinere Teil untergebracht: Zusammengerechnet wurden bei uns rund 79,9 Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause betreut. Das sind im Bundesvergleich etwas weniger als im bundesweiten Schnitt, den die Statistiker mit 80,2 Prozent angeben.

Die überwiegende Mehrzahl der Älteren verlebt den Lebensabend zu Hause oder bei Angehörigen und wird in der Familie gepflegt. Im Rems-Murr-Kreis waren dies nach den aktuellen Zahlen 14545, also rund 79 Prozent der Pflegebedürftigen. Davon erhielten 10860 ausschließlich Pflegegeld, wurden also allein durch Angehörige oder privat organisierte Hilfe gepflegt. Weitere 3685 nahmen entweder ausschließlich oder zusätzlich Leistungen von ambulanten Pflegediensten in Anspruch. In Pflege- und Seniorenheimen wohnten dauerhaft 3644 Frauen und Männer.

Dazu kamen die Pflegebedürftigen in der vollstationären Kurzzeitpflege mit 117 Plätzen, zusammen also 3761. „Der Pflegebereich wird alle zwei Jahre genauer unter die Lupe genommen“, sagt Jochen Haußmann und sieht das angesichts der wachsenden Zahl als richtig an, dort genauer hinzuschauen: „Auskunftspflichtig sind die Träger der Pflegedienste und Pflegeheime und die Pflegekassen und privaten Versicherungsunternehmen für die Daten über die Pflegegeldleistungen.“ Die jüngsten Daten zum Stichtag 31. Dezember 2019 liegen jetzt vor, beziehen sich also noch auf die Zeit vor Beginn der Coronakrise. Doch auch mit dem vorliegenden Datenmaterial bestätigt sich der Trend aus den Vorjahren, sagt Jochen Haußmann: „Mit dem gesellschaftlichen Wandel hin zu mehr Berufstätigkeit wandelt sich auch die Pflege: Sie ist zwar immer noch eine Sache der Familien. Heute greifen diese aber auf professionelle Pflegekräfte zurück. Vor allem die Versorgung von Pflegebedürftigen und hilfsbedürftigen Hochbetagten ist Aufgabe von ambulanten Pflegediensten.“

Aus dem Bedarf ergibt sich: Der Job in der Pflege ist bei steigender Seniorenzahl krisensicher, gutes Pflegepersonal ist gefragt. Der Knackpunkt ist aber die Entlohnung und die mit der Arbeit verbundene Belastung. Insgesamt gab es zum Stichtag der jüngsten Erhebung im Rems-Murr-Kreis 41 Pflegedienste. Zwei Jahre zuvor waren es 39 Pflegedienste. Was die Zahl der Pflegekräfte angeht, sagt die Untersuchung, dass 1475 Pflegerinnen und Pfleger bei hiesigen Pflegediensten angestellt waren, 32 mehr als zwei Jahre zuvor mit damals 1443.

Die Zahl der Pflegeheime im Rems-Murr-Kreis liegt derzeit bei 73, die Zahl der dort Beschäftigten bei 4213. Vor zwei Jahren hatte es 69 Heime mit 3883 Beschäftigten gegeben. Zwei weitere Jahre zuvor – Ende 2015 – lag der Personalstand der hiesigen Pflegeheime noch bei 3592.

„Die Zahl der Beschäftigten geht nach oben“, sagt Jochen Haußmann zu dieser Entwicklung. Aber das reiche nicht: „Die Bundesagentur für Arbeit sagt uns, dass derzeit in der Altenpflege nur 19 arbeitslose Fachkräfte auf 100 Stellen kommen.“ Zu beachten sei dabei, „dass in den 4213 gezählten Pflegeheimbeschäftigten auch die Azubis enthalten sind“. teb