Mit Messer Herausgabe von Wertsachen erpresst

Zwei junge Männer zu 15 und 8 Monaten Bewährungsstrafe verurteilt – Beide bekunden glaubhaft Reue

Mit Messer Herausgabe von Wertsachen erpresst

Von Hans-Christoph Werner

WAIBLINGEN/BACKNANG. Vor dem Jugendschöffengericht Waiblingen haben sich zwei junge Männer zu verantworten. Der eine ist 19 Jahre alt und Auszubildender, der andere 17 Jahre und Schüler. Gemeinsam begangene räuberische Erpressung und schwerer Raub wird ihnen vorgeworfen, dem Älteren zudem Diebstahl und Beleidigung.

Im Mai vergangenen Jahres wissen die beiden Angeklagten, dass auf einem Grillplatz der Gemeinde Burgstetten eine Party steigt. Und weil das bei jungen Leuten nicht so genau genommen wird, wer nun eingeladen ist und wer nicht, stoßen die beiden jungen Männer dazu. Aber ihre Stimmung ist schlecht. Nicht, weil die Party nichts wäre, sondern weil sie kein Geld haben. Einer der beiden Angeklagten weiß von Denis (Name geändert), einem der Festteilnehmer. Der hatte erst vor Kurzem Geburtstag. Und mit Geld würde Denis gerne angeben.

Da kommt dem Duo eine perfide Idee. Warum sich nicht das einfach holen, was man nicht hat? Unter dem Vorwand, mit ihm etwas besprechen zu wollen, locken sie Denis in den Wald. Dann zieht der Auszubildende ein Messer und bedeutet Denis, alle Wertsachen rauszurücken. Aber Denis wehrt sich. Er packt sein Gegenüber. Miteinander ringend gehen beide zu Boden. Der Schüler assistiert und nimmt Denis in den Schwitzkasten.

Denis hat keine Chance. Er rückt sein Handy heraus, eine Lautsprecherbox und 20 Euro in bar. Die Diebe machen sich davon, Denis kehrt zu den Feiernden zurück und ruft die Polizei.

Tage später begegnet Denis dem Auszubildenden ein weiteres Mal. Im Schulbus. Der 19-Jährige fragt Denis nach seiner Handy-Pin. Aber der gibt sie nicht preis. Überdies wirft er ihm vor, dass er bei der Polizei geplaudert habe. Zum Glück für Denis seien jetzt so viele Menschen auf der Straße unterwegs.

Dem vorangegangen war, dass der 19-Jährige im Februar desselben Jahres zu nächtlicher Stunde in der Backnanger Innenstadt unterwegs war. An Wodka und Whisky hatte er sich gütlich getan, was aber seine Stimmung nicht verbessert hatte. Auf dem Weg durch die Stadt rüttelt und zieht er an den Türen der geparkten Autos. Und es findet sich doch tatsächlich ein Wagen, der nicht abgeschlossen ist. Schnell greift er sich das, was er vorfindet: Akkuschrauber, Taschenlampe, Sonnenbrille, ein Versicherungskennzeichen.

Diebesgut schnell unter einem anderen Auto abgelegt

Doch bei seinem Tun wird er von einem Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma beobachtet. Der ruft die Polizei. Und die stellt den Dieb. Der aber hat beim Herannahen des Polizeifahrzeugs das Diebesgut schnell unter einem anderen Auto abgelegt. Der Langfinger kann tun, als sei nichts gewesen. Nach Kontrolle seines Ausweises lassen die Beamten den Angetroffenen auch laufen. Der aber dreht sich um und ruft den Ordnungshütern „Scheißbullen“ hinterher.

Vor Gericht mit ihren Untaten konfrontiert machen die beiden Angeklagten keinen Hehl daraus: Die Anklage stimmt. Wobei dem 19-Jährigen die Sache sichtlich leidtut. Er ist zu Tränen gerührt. Zutiefst bereut er das Getane, entschuldigt sich bei den Polizeibeamten, die als Zeugen aussagen. Auch Denis gegenüber hat er die Sache nicht auf sich beruhen lassen, sondern ihm einen Brief geschrieben. Einander im Gerichtssaal gegenübersitzend wiederholen beide ihr Bedauern. Sie hätten „große Scheiße“ gemacht, es tue ihnen sehr leid. Und sie würden auch alles daransetzen, dass er wieder eine Lautsprecherbox bekommt. Denn die ist seit der Tat verschwunden. Bedauerlicherweise will Denis die Entschuldigung nicht annehmen.

Die Staatsanwältin sieht die Anklage bestätigt. Sie rechnet es dem 19-Jährigen hoch an, dass er Reue zeige und sich entschuldigt habe. Gegen ihn spreche freilich, dass er mehrfach vorbestraft sei (vor allem wegen Diebstahls), die Tat eine hohe kriminelle Energie zeige und er schnell rückfällig geworden sei. Sie hält ein Jahr Jugendstrafe auf Bewährung für angemessen. Bei dem 17-Jährigen stellt sie das Strafmaß ins Ermessen des Gerichts, sofern dieses die Schuld des Angeklagten feststellt.

Die Verteidigerin des 19-Jährigen betont das Geständnis ihres Mandanten, sein Bestreben, das Geschehene wiedergutzumachen. Ein Monat Untersuchungshaft habe ihrem Schützling tüchtig zugesetzt, sodass er jetzt ein anderer sei. Der Verteidiger des 17-Jährigen hält für seinen Mandanten die Verhängung von Arbeitsstunden und das Auferlegen eines Trainingskurses für soziales Verhalten für ausreichend.

Richter spricht von Verwerflichkeit der räuberischen Erpressung

Das Jugendschöffengericht verhängt nach kurzer Beratung folgende Urteile: 15 Monate auf Bewährung für den 19-Jährigen, acht Monate auf Bewährung für den 17-Jährigen. Beide werden für die Bewährungszeit von zwei Jahren einem Bewährungshelfer unterstellt, müssen ein soziales Training absolvieren und sollen je 150 Euro an Denis für die abhandengekommene Lautsprecherbox zahlen. Keinen Zweifel lässt der Vorsitzende Richter an der Verwerflichkeit der räuberischen Erpressung von Denis. Gemeinsam habe man das Opfer ausgewählt, es von anderen separiert, dabei das Vertrauen von Denis ausgenutzt, weil dieser den 17-Jährigen kannte. Das Opfer habe zwar keine körperlichen, dafür aber psychische Schäden durch den Vorfall erlitten. Wegen der damit festgestellten „Schwere der Schuld“ ist eine Bestrafung für beide Angeklagten unausweichlich. Gegen das Urteil können noch Rechtsmittel eingelegt werden.