Motorradfahrer fühlen sich diskriminiert

Für die örtlichen Behörden in Welzheim hat die Sicherheit für Motorradfahrer, Fußgänger, Autofahrer und Fahrradfahrer Priorität – aber mit welchen Mitteln? Die Motorradfahrer fühlen sich aufgrund einer Parkplatzsperrung benachteiligt und wollen dagegen protestieren.

Motorradfahrer fühlen sich diskriminiert

Motorradstellplätze am Ebnisee sorgen für Diskussionen unter den Bikern, Pkw-Fahrern und Fußgängern. Foto: G. Schneider

Von Wolfgang Gleich

Welzheim/Kaisersbach. Immer wieder mal geht es eng zu auf den Parkplätzen am Ebnisee. So auch in diesem Sommer, der sich gerade zum Abschied noch einmal von seiner besten Seite zeigt und Ausflügler geradezu animiert, sich mit ihren zwei- und vierrädrigen Fahrzeugen auf den Weg in den Schwäbischen Wald zu machen. Zur Entspannung der Parkplatzsituation hatte die Stadt Welzheim in Absprache mit der Gemeinde Kaisersbach, der Straßenverkehrsbehörde, dem Ebniseeverein sowie dem Kioskbetreiber im Juli die zehn bisher vorgesehenen Motorradstellplätze vor dem Kiosk gesperrt und für rund 60 Motorräder direkt an der Landstraße eine Motorradhaltezone ausgewiesen.

Begründet hat die Stadtverwaltung diese Neuregelung damit, „dass die Beengtheit der Verhältnisse vor dem Kiosk deutlich zugenommen hat, wodurch die Sicherheit für Motorradfahrer, Fußgänger, Autofahrer und Fahrradfahrer deutlich gelitten hat. Verkehrsteilnehmer waren oftmals nicht in der Lage, in den Parkplatz ein- oder auszufahren. Behindertenparkplätze waren zugeparkt, es wurde auf Sperrflächen geparkt und einige gefährliche Situationen waren vorgekommen.“ Die bisherigen Motorradparkplätze habe der Bauhof deshalb mit Gabionen und Blumenkübeln versperrt, die von einer anderen Baumaßnahme übrig geblieben seien. Die Sperrung solle zunächst für die laufende Saison beibehalten werden, danach werde man, beruhend auf einer Bewertung der Erfahrungen, für die Zukunft entscheiden.

Ein privater Sicherheitsdienst verstärkt die örtlichen Beamten

Von der Absperrung des Parkplatzes am Kiosk besonders betroffen fühlen sich die Motorradfahrer, für die der Kiosk, das „Ständle“, bisher ein beliebter, über die Region hinaus bekannter Treffpunkt war, „um nach einer Sonntagsrunde eine Rote zu essen, sich mit Gleichgesinnten zu treffen, die Fahrzeuge zu begutachten und über die gemeinsame Leidenschaft zu fachsimpeln“, wie es ein betroffener Motorradfahrer beschreibt. Als er am 5. September jedoch bei einer Ausfahrt mit seiner Freundin auf den Parkplatz einbiegen wollte, hätten sich ihm zwei Mitarbeiter des Ordnungsamtes in den Weg gestellt und ihn an der Einfahrt in den Parkplatz gehindert. Er habe den Eindruck gehabt, dass an diesem Sonntag neben den Beamten des Ordnungsamtes auch Mitarbeiter einer privaten Securityfirma im Einsatz waren, welche mit Westen mit der Aufschrift „Ordnungsamt Welzheim“ ausgestattet waren. Er fragt, wodurch dieser Einsatz überhaupt gerechtfertigt sei, dessen Kosten seines Erachtens um ein Vielfaches höher seien als die Parkgebühren, die der Parkplatz abwerfe.

Die neu ausgewiesene Motorradhaltezone, beklagt er sich, zwinge die Motorradfahrer, entlang der steilen Straße zu parken. Beim Ausparken müsse das Motorrad dann die abfallende Straße rückwärts in den laufenden Verkehr hineingeschoben werden, um weiterfahren zu können. Dies stelle nicht nur eine Beeinträchtigung des oftmals dichten Fließverkehrs dar, sondern bedeute für die Motorradfahrer eine durch eine andere Regelung vermeidbare Gefährdung. „Bei heißen sommerlichen Temperaturen muss der sicherheitsbedingt eh schon schwer bekleidete Zweiradfahrer nun auch noch einige Meter bis zum Kiosk laufen, während der Autofahrer komfortabel von den Beamten des Ordnungsamtes in den Parkplatz eingewiesen wird.“ Dies alles sei für ihn „absolut inakzeptabel“. Der Leser vermutet hinter dieser Aktion „Hass auf Motorradfahrer“.

Seit Sommer 2020, ist von der Welzheimer Stadtverwaltung zu erfahren, sei am Ebnisee zusätzlich zu den gemeindlichen und polizeilichen Kräften immer wieder ein privater Sicherheitsdienst im Einsatz. Durch Corona seien die Ausflugsziele im Welzheimer Wald stark frequentiert, so auch der Ebnisee. Speziell zu diesen Zeiten sei die Verstärkung nötig, um Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten. Sie kontrollierten gemeinsam mit dem Gemeindepersonal den Parkplatz, sperrten die Zufahrt, wenn die Kapazitäten erschöpft seien, und verhinderten wildes Parken entlang der Landstraße. Die Kosten hierfür trage die Stadt Welzheim als Ortspolizeibehörde. Es handle sich dabei nicht in erster Linie um eine Frage der Kostendeckung, sondern um eine öffentliche Aufgabe. „Diese Präsenz wird von vielen Menschen gegenüber der Stadt positiv bemerkt.“

Die Kaisersbacher Bürgermeisterin Katja Müller weist darauf hin, dass die Zuständigkeit für den Parkplatz bei der Stadt Welzheim liege. Kaisersbach habe, in Abstimmung mit Welzheim, für Motorradfahrer Stellplätze im Bereich der Infohütte des Ebniseevereins ausgewiesen. Auch um den Parkdruck, der von den zahlreichen Motorradfahrern ausgehe, zu entspannen. Motorradfeindlich sei das sicher nicht. „Ich bin selbst Motorradfahrerin“, so Müller, und sie weiß, wie heiß es in der Lederkombi an einem Sommertag sein kann. Dennoch sei es durchaus zumutbar, 50 Meter vom Parkplatz bis zum Kiosk zu laufen. Dort sitze man dann auch meist in der Sonne.

Die neue Regelung wird sehr unterschiedlich bewertet

Die Parkplatzneuregelung, betont Uwe Lehar für die Stadt Welzheim, „wurde und wird von der überwiegenden Zahl der Verkehrsteilnehmer akzeptiert und teils explizit begrüßt“. Immerhin habe durch die Veränderung die Gruppe der Motorradfahrer einen deutlich größeren Platz erhalten, um die Fahrzeuge im Unterschied zu den anderen Haltern kostenlos abzustellen. Insofern ist die Frage, woraus denn eine Benachteiligung oder gar Feindschaft gegenüber einzelner Gruppen abzuleiten wäre.

Bernhard Feifel, der Leiter des Schwäbisch Gmünder Regionalbüros der „Biker-Union“, dagegen moniert, dass die den Motorradfahrern zugewiesenen Parkplätze die für diesen Zweck ungeeignetsten und gefährlichsten seien, die am Ebnisee überhaupt zu finden seien. Durch das Sperren des Parkplatzes für Biker und das Verbarrikadieren der bisherigen Motorradparkplätze sei kein einziger zusätzlicher Parkplatz am See entstanden, die Aktion habe aber „beträchtliche vermeidbare Nachteile“ gebracht. Die Ständlesbetreiber, durch die Coronabeschränkungen eh schon schwer belastet, hätten schmerzhafte Umsatzeinbußen von bis zu 60 Prozent hinnehmen müssen, da zahlreiche Biker den Treff nicht mehr anfahren oder von den neuen Parkplätzen direkt an den See gehen würden. Feifel hofft nun, dass in einem für den 6. Oktober vorgesehenen Gespräch mit Bürgermeister Thomas Bernlöhr gemeinsam eine Lösung gefunden werden könne, die den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht werde. Bei diesem Gespräch werde man auch eine Liste mit 600 Unterschriften von Bikern vorlegen, in der die Unterzeichner ausdrücklich gegen diese als Diskriminierung empfundene Maßnahme protestierten.