Die Linken-Politikerin Reichinnek erntet im ZDF-Studio nicht nur Widerspruch – sie punktet sogar beim Thema Erbschaftssteuer. Zudem spricht sie über die Ermordung von Charlie Kirk.
Heidi Reichinnek (Linke) war am Sonntagabend bei Caren Miosga zu Gast.
Von Christoph Link
Also vielleicht einen Systemwechsel, möglicherweise Richtung demokratischer Sozialismus à la DDR? Caren Miosga kam in ihrer Talkrunde mit der Linken-Fraktionsvorsitzenden Heidi Reichinnek am Sonntag gleich am Anfang zur Sache, und Reichinnek konterte klar und deutlich.
Mal abgesehen von den vielen negativen Erscheinungen sei ja die „öffentliche Daseinsfürsorge“ und der ÖPNV in der DDR ganz gut gewesen, und wie jetzt der Kapitalismus hierzulande laufe, das sei „nicht gut“. Deutschland habe ein Verteilungs- und Gerechtigkeitsproblem und dass Kinder und Jugendliche in Armut lebten und Rentner und Rentnerinnen Pfandflaschen sammeln müssten, sei unerträglich. Seit der Agenda 2010 sei der Mindestlohnsektor „explodiert“, aber der ausgezahlte Mindestlohn sei „nicht armutsfest“.
Reichninnek drängt auf Reform der Erbschaftssteuer
Ob sie das System abschaffen wolle, fragte Miosga daraufhin, und Reichninnek verweigerte ein „Nein“, sondern antwortete mit Ideen für eine Reform des Systems: Dreiviertel der Vermögen seien vererbt, mittlere Familieneinkommen unterlägen einem Steuersatz von 40 Prozent, aber wer 100 Millionen habe, komme mitunter mit einem geringeren Steuersatz davon: „Wir haben eine massive Vermögensungerechtigkeit im Land. Da muss ich doch ran.“
Auf die Beispiele von positiver Unternehmerschaft wie Biontech oder dem verstorbenen DM-Gründer Götz Werner, die ihre Millionengewinne „ehrlich erwirtschafteten“ und die vielleicht auch einen respektvollen Tonfall verdienten, wie Caren Miosga meinte, ging Reichinnek nicht näher ein. „Wir müssen das Geld holen, wo es ist“, meinte die Linken-Chefin. Was geplant ist, blendete die ARD mit Schautafeln ein: eine Vermögenssteuer von einem Prozent ab einer Million Euro, fünf Prozent ab 50 Millionen und zwölf Prozent ab einer Milliarde Euro. Außerdem eine Erhöhung der Erbschaftssteuer – eine Freistellung bis 200.000 Euro, sechs Prozent als Eingangssteuersatz und 60 Prozent ab einem Erbe von drei Millionen Euro.
Ökonomin: Erbschaftssteuer derzeit „Dummensteuer“
In Norwegen funktioniere die Vermögenssteuer ganz gut, meinte die Ökonomin Philippa Sigi-Glöckner, ein SPD-Mitglied, und auch bei der Erbschaftssteuer sieht sie Handlungsbedarf: die sei derzeit noch eine „Dummensteuer“. Wer klug plane, der komme da fein raus. Im vergangenen Jahr habe es 45 Fälle von Erbschaften über 200 Millionen Euro gegeben, die nur mit 1,5 Prozent versteuert worden seien, während andere Erbschaften in Höhe von 200.000 Euro mit Steuersätzen von zehn bis 16 Prozent belangt worden seien. Ein Problem der Linken-Vorschläge sei aber, dass sich diese hohen Steuersätze – etwa zwölf Prozent bei einer Milliarde Euro - wohl gar nicht umsetzen ließen.
Ähnlich sah dies Michael Bröcker, Chefredakteur von Tablemedia, der aber auch fundamental seinen Widerstand gegen die Linken-Ideen aussprach. „Bei allen Vorschlägen der Linken sieht man durch die Bank, dass sie die Unternehmen höher besteuern wollen – das ist ein Problem für unseren Wirtschaftsstandort.“ Der Geist des Linken-Wahlprogramms sei für Investoren wirklich schreckhaft, es sei ein Wohlstandsvernichtungsprogramm und damit auch ein Demokratiegefährdungsprogramm. Allerdings räumte auch Bröcker ein, dass die Linken beim Thema Erben einen wunden Punkt angesprochen hätten. Da gebe es eine „Unwucht“, sagte Bröcker und wiederholte damit einen Begriff von Reichinnek, es gebe zu viele Schlupflöcher, und wenn der Zeitpunkt des Erbens komme, seien viele Unternehmen gerade „nicht liquide“, weil sie ihr Vermögen in Immobilien oder Stiftungen gesteckt hätten. „Das ist ein Thema, da müssen wir ran.“ Wenig hielt Bröcker von der Idee der Linken, mehr Transparenz bei Vermögenswerten zu schaffen. Was das denn heißen solle, ob man da seine Gemälde oder sein E-Auto angeben müsse, so etwas sei doch „eine Vorstufe zum Denunziantentum“.
Reichinnek gegen Lieferung neuer Waffensysteme
Kurz nahm Heidi Reichinnek auch zur Außenpolitik Stellung. Zum einen verteidigte sie ihren Kommunikationsberater Felix S. Schulze, der einen als spöttisch wahrgenommenen Post zur Ermordung des US-Republikaners Charlie Kirk nach Protesten wieder gelöscht hat. Kirk sei als Person schon „sehr problematisch gewesen“, meinte Reichinnek, und sie wundere sich darüber, dass die Junge Union ihn nun so betrauere, was sie beim Tod von US-Demokraten nicht getan habe. Man freue sich nie über den Tod von irgendjemandem, sagte Reichinnek: „Aber man muss auch an der Stelle kein Mitleid oder keinen Respekt vor dieser Person haben.“
Über die Bundeswehr sagte sie, dass sie sich wünsche, dass sie verteidigungsfähig sei, was Ausrüstung und Personal anbelange. Das dürfe aber nicht bedeuten, dass die Aufrüstung kein Preisschild habe. Gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin brauche es „Druck“, aber der müsse durch schärfere Sanktionen, eine Aufnahme von russischen Deserteuren, ein Vorgehen gegen russische Oligarchen erfolgen. Einen Sinn in der Lieferung neuer Waffensysteme sieht sie nicht: „Wo soll das enden?“ Für Friedensverhandlungen müsse China ins Boot geholt werden.