Symbolbild: Stefan Bossow
Stuttgart/Backnang. Das Prinzip des Dual Use – also die doppelte beziehungsweise zivile und militärische Nutzung von Infrastrukturen – spielt aktuell eine zentrale Rolle in der europäischen Verkehrspolitik. Der Landtagsabgeordnete Ralf Nentwich (Grüne) sieht darin eine Chance für den Ausbau der Murrbahn: „Die Murrbahn ist nicht nur eine Lebensader für Pendlerinnen und Pendler, sondern auch eine wichtige Ost-West-Verbindung im Herzen Europas“, so Nentwich weiter. „Wenn wir es schaffen, sie in die europäischen Military-Mobility-Programme einzubringen, schaffen wir die Grundlage für einen schnellen, unbürokratischen Ausbau – und gleichzeitig für mehr Sicherheit und Nachhaltigkeit.“
Eine entsprechende Anfrage Nentwichs beim baden-württembergischen Verkehrsministerium erbrachte eine Antwort, die Hoffnungen nährt. Wie aus dem Schreiben des Verkehrsministeriums hervorgeht, liegt der Fokus der EU zunehmend auf der Förderung solcher Projekte, die sowohl der nationalen Sicherheit als auch dem zivilen Personenverkehr dienen. Und weiter: „Die Möglichkeit, über europäische und bundesweite Dual-Use-Förderprogramme zusätzliche Mittel zu erschließen, schätzen wir als sehr positiv ein.“ Das EU-Programm „Connecting Europe Facility“ (CEF) und insbesondere dessen Teilbereich „Military Mobility“ biete Kofinanzierungsraten von bis zu 50 Prozent der Projektkosten (siehe Infotext). Deutschland habe davon bereits in der Vergangenheit stark profitiert.
Das Land will aktiv darauf hinwirken, dass der Ausbau beantragt wird
Der zweigleisige Murrbahnausbau werde als „strategisch äußerst bedeutsam“ eingestuft, so das Ministerium weiter. Daher könne das Projekt für eine Kofinanzierung infrage kommen. Der Antrag dafür müsse vom Bund gestellt werden. Es sei geplant, potenziell geeignete Strecken frühzeitig auf Bundes- und EU-Ebene einzubringen. Das Land werde aktiv darauf hinwirken.
„Es wäre ein Meilenstein und Durchbruch, wenn es gelingt, die Murrbahn als strategisch relevante Infrastruktur sowohl für den zivilen als auch für den militärischen Bereich aufzuwerten – mit dem klaren Ziel, sie hoffentlich nie militärisch nutzen zu müssen, sondern für die Menschen in der Region. Das ist mir als Theologe und Friedenspolitiker wichtig zu sagen“, betont Ralf Nentwich. Der nächste Schritt ist für den Grünen-Abgeordneten klar: Er will sich in einem Schreiben an den Bundesverteidigungsminister wenden und die Bundestagsabgeordneten aller demokratischen Parteien sowie die IG Schienenkorridor dazu aufrufen, das Projekt gemeinsam zu unterstützen. „Diese Chance dürfen wir nicht verstreichen lassen. Wenn Bund, Länder und Europa an einem Strang ziehen, könnte der Ausbau der Murrbahn ab 2028 in die neue Förderperiode aufgenommen werden – und das in einem schnellen, unbürokratischen Verfahren im Sinne der nationalen Sicherheit“, betont Nentwich. pm
Programme Ein zentrales Element in Nentwichs Initiative ist die gezielte Nutzung der europäischen Förderinstrumente. Programme wie die „Connecting Europe Facility“ (CEF) und insbesondere deren Teilbereich „Military Mobility“ wurden von der Europäischen Union geschaffen, um Infrastrukturen zu fördern, die sowohl dem zivilen Personen- und Güterverkehr als auch im Krisenfall militärischen Zwecken dienen können – im Sinne des Dual-Use-Gedankens.
EU-Mittel Gerade Bahnstrecken wie die Murrbahn, die eine strategisch wichtige Ost-West-Verbindung zwischen Stuttgart und dem Hohenloher Raum bildet, erfüllen die europäischen Kriterien für förderfähige Projekte: Sie sind von regionaler Bedeutung, aber zugleich Teil eines größeren transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V). Damit könnte die Murrbahn in die europäische Kernnetzplanung aufgenommen werden und hätte Anspruch auf eine Förderung, die bis zu 50 Prozent der Investitionskosten abdecken kann.
Bundesmittel Neben den EU-Mitteln kommen auch nationale Programme des Bundes in Betracht, etwa im Rahmen des Bundesschienenwegeausbaugesetzes (BSWAG) und des Förderprogramms „Klimaschutz durch Schienenverkehr“. In der Kombination dieser Mittel entstünde eine solide Finanzierungsbasis, um die Murrbahn auszubauen.