Musical Tina: Dramatisches Märchen mit Happy End

Leserinnen und Leser der Backnanger Kreiszeitung besuchen das Musical in Stuttgart. Die Geschichte der weltbekannten Künstlerin Tina Turner rührt die Besucher zu Tränen und sorgt für frenetischen Beifall.

Musical Tina: Dramatisches Märchen mit Happy End

In dem neuen Stuttgarter Musical wird die Geschichte der Künstlerin Tina Turner bewegend nacherzählt. Foto: Manuel Harlan/Stage Entertainment

Von Simone Schneider-Seebeck

Stuttgart/Backnang. Marlies Haffner ist seit fast 50 Jahren Abonnentin der Backnanger Kreiszeitung und hat in den vergangenen Jahren oft die Gelegenheit zu einer Ausfahrt mit ihrer Tageszeitung genutzt. „Das ist ein tolles Angebot“, findet sie und freut sich schon sehr auf den bevorstehenden Abend mit 48 Gleichgesinnten. Vor allem, weil sie die sprichwörtlich letzte Karte ergattern konnte. Musicals sieht sie sich besonders gern an, so war sie schon in Cats, Tanz der Vampire, Miss Saigon und im König der Löwen. Und bei Tina freut sich die Backnangerin schon auf die bekannten Musikstücke. „Man hat viel Gutes von der Darstellerin gehört.“

Auch das Ehepaar Carmen und Erhard Beck aus Großaspach freut sich auf den bevorstehenden Musicalabend. Kaum hatten sie von dem Angebot gelesen, war Erhard Beck gleich nach Backnang gefahren, um für sich, seine Frau und die Schwiegertochter Karten zu kaufen. „Da war schon was los“, erinnert er sich. „Man kann den Ausflug schon genießen, wenn man in den Bus einsteigt.“

Seit etwa zwei Wochen ist das Musical in Stuttgart zu sehen

Zahlreiche Teilnehmer scheinen sich schon zu kennen. Schon am Backnanger Bahnhof gibt es ein großes Hallo, als sich Ausflugsveteranen wieder treffen. Auch Fahrer Alexander Schmid ist bester Laune. Hatte man morgens noch befürchten müssen, dass die Welt im Unwetter untergeht, kann er den Bus nun bei schönstem Wetter der Sonne entgegensteuern. Auf der Fahrt durch die Landeshauptstadt weist er auf die ein oder andere Sehenswürdigkeit hin, den ein oder anderen Scherz auf den Lippen. Gespannt auf den musikalischen Abend ist auch ein Backnanger Paar, das bereits in Hamburg in den Genuss des Musicals gekommen ist. „Das war in Hamburg so toll“, schwärmt sie.

Das Apollo-Theater im Stuttgarter SI-Centrum ist bis auf den letzten Platz belegt. Leserinnen und Leser von neun Tageszeitungen kommen an diesem Abend in den Genuss dieses Musicals, das seit zwei Wochen in Stuttgart für begeisterte Stimmen sorgt. „Es geht um eine ganz besondere Frau“, so Andreas Haas, Vertriebsleiter der Nürtinger und Wendlinger Zeitung, bei seiner Begrüßung. „Dieses Musical ist in Deutschland unter Mitwirkung von Tina Turner entstanden. Authentischer geht es nicht.“ Und das macht insbesondere den ersten Teil der Aufführung unglaublich erschütternd.

Als sich der Bühnenvorhang hebt, sitzt da Tina Turner, mit dem Rücken zum Publikum. Rotes Minikleid, wilde Löwenmähne, wie man sie kennt. Außer ihr ist nur ein Treppenaufgang zu sehen, das Bühnenbild ist und bleibt auch für den Rest des Abends sehr sparsam. Bereits bei den ersten Musiktakten beginnt das Publikum zu klatschen. Während Tina in den Hintergrund geht, erscheinen die Geister der Vergangenheit und man erlebt den Werdegang der Ausnahmekünstlerin von ihrer frühen Kindheit an ungeschönt mit. Als Tochter eines Diakons singt sie sich beim sonntäglichen Gottesdienst fast die Seele aus dem Leib. „Anna Mae, immer bist du so laut“, so der Tadel ihrer Mutter. Die Eltern streiten, der Vater wird gewalttätig, Mutter und ältere Schwester ziehen weg, auch der Vater lässt die junge Anna Mae (Jeanelle) im Stich, die schließlich bei der Großmutter aufwächst.

Das harte Leben der Künstlerin wird ungeschönt gezeigt

Das Leben der jungen Frau ist von harter Arbeit und von Gewalt bestimmt, die sie zunächst klaglos hinnimmt. Als sie später Ike Turner kennenlernt, der ihr Gesangstalent erkennt und sie fördert, fühlt sie sich ihm jahrelang verpflichtet. Sie heiratet ihn, obwohl sie einen anderen liebt, erduldet Demütigungen und Schläge. Die Sprache ist rau. Verstörend und auch eindringlich ist ihr Leben dargestellt, zwischen Auftritten, Erniedrigungen durch ihren Mann, Sorge um die Söhne, Gewalt, bis sie schließlich zusammenbricht. Doch endlich gelingt es ihr, auch mithilfe von Managerin Rhonda Graam (gespielt von Martina Lechner), ihren Mann zu verlassen.

Für sie und die beiden Söhne ist das Leben danach nicht einfach, sie haben kaum Geld. Tina kämpft, auch wenn Plattenproduzent John Carpenter sie geringschätzig als „abgehalfterte Soul-Oma“ bezeichnet. Schließlich der Durchbruch als Solokünstlerin, sie lernt ihren jetzigen Mann, den Musikproduzenten Erwin Bach, kennen. Dabei wird auch deutlich: Sie durchbricht viele Konventionen. Der Mann ist jünger, na und? Ihre Musik ist zu schwarz für die Weißen, zu weiß für die Schwarzen? „Musik hat keine Farben!“, sagt Tina selbstbewusst.

Zum Schluss kehrt sie wieder zum Anfang zurück. Das rote Minikleid, die Löwenmähne, es erklingt „The Best“ und der Saal tobt. Auch die Band ist nun zu sehen. Es gibt ein fulminantes Abschiedskonzert. Zum Abschluss singen die erwachsene Tina (Charlotte Looman) und die kleine Anna Mae gemeinsam „Proud Mary“, das komplette Ensemble füllt die Bühne.

Restlos begeistert steigen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Bus. „Was diese Frau alles geleistet hat!“ Das ist von den meisten zu hören. Etwas enttäuscht ist das Paar, das das Musical nun zum zweiten Mal gesehen hat. Die Hamburger Darstellerin habe dem Original eher entsprochen. Die Musik sei jedoch mitreißend gewesen.

Marlies Haffner hat es nicht bereut, mitgegangen zu sein. Besonders gut hat ihr der zweite Teil gefallen, als die ganzen bekannten Hits gespielt wurden. „Die Sängerin war sehr gut“, findet sie. Begeisterte Stimmen auch von anderen, etwa für die tolle Beleuchtung und das gigantische Schlussbild.

Für Edith Maria Keller und Helga Grubbert ist klar – sie wollen auch bei der nächsten Ausfahrt mitkommen. Und nicht nur die beiden. „Beim nächsten Mal sind wir wieder dabei“, da sind sich viele einig.

Musical Tina: Dramatisches Märchen mit Happy End

Gut gelaunt, tief bewegt und voller Vorfreude auf die nächste Ausfahrt geht es zurück nach Backnang. Vorn im Bild Erhard Beck (links) und Marlies Haffner (rechts). Foto: privat: