Blauhai, Manta oder „Riesen-Drückerfisch“? Eine 85-jährige Italienerin wurde im Meer vor Mallorca übel zugerichtet. Die Playa de Palma musste zeitweise gesperrt werden.
War ein Blauhai der Übeltäter vor Mallorca?
Von Michael Maier
An der deutschen Hochburg Playa de Palma auf Mallorca herrschte am Dienstag Aufregung, als nach einem mutmaßlichen Haiangriff rote Flaggen gehisst und ein Badeverbot ausgesprochen wurden. Eine 85-jährige italienische Urlauberin erlitt auf Höhe des Balneario 6, besser bekannt als „Ballermann“, eine tiefe Wunde an der Wade. Nach anfänglicher Verwirrung tippen die meisten Experten inzwischen auf den Stachel eines Stechrochens als Ursache.
Der Vorfall ereignete sich gegen 11.30 Uhr. Die Seniorin kam blutend aus dem Wasser und musste mit dem Krankenwagen in eine Privatklinik gebracht werden. Rettungsschwimmer räumten daraufhin umgehend den Strand und warnten per Lautsprecherdurchsage: „Schwimmen ist wegen einer möglichen Hai-Attacke verboten.“
Blauhai oder Manta-Rochen vor Mallorca?
Experten haben jedoch Zweifel daran, dass tatsächlich ein Hai für die Verletzung verantwortlich war. Toni Grau, Generaldirektor für Fischerei und Meeresbiologe auf den Balearen, schließt gegenüber der Tageszeitung Ultima Hora einen Blauhai oder Manta-Rochen als Verursacher aus. Stattdessen vermutet er einen Drückerfisch. „Wenn man sich die Wunde anschaut, wirkt es, als sei daran gezogen worden – es fehlen die typischen Zahnabdrücke an den Rändern“, erklärte Grau.
Auf einem von lokalen Medien veröffentlichten Foto ist eine tiefe und großflächige Wunde an der Wade zu sehen. Die Hälfte der Haut ist in diesem Bereich vom sichtbaren Teil des Beins abgerissen. Das Muskelfleisch scheint jedoch intakt zu sein.
Auch die Stiftung des Palma Aquariums bezweifelt nach Sichtung eines Fotos der Verletzung, dass ein Hai der Verursacher war. Die Hai-Forscherin Gádor Muntaner bestätigte diese Einschätzung laut Medien: „Die Wunde ist nicht markant genug, ich denke nicht, dass das ein Hai war.“ Riesen-Drückerfische greifen laut Wikipedia Taucher an, sobald sie sich auf weniger als zehn Meter nähern.
Haiattacken sind auf Mallorca äußerst selten. Zwar wurden in den vergangenen Jahren immer wieder einzelne Haie in Küstennähe gesichtet – meist harmlose Blauhaie – doch direkte Angriffe auf Menschen gelten als absolute Ausnahme.
Aggressive Bandbrassen knabbern Mallorca-Urlauber an
Experten betonen, dass das Mittelmeer grundsätzlich kein typisches Jagdrevier für gefährliche Haiarten ist und Angriffe nur ganz vereinzelt vorkommen – wenn überhaupt. Rettungsschwimmer suchten mit Jetskis das Wasser ab, konnten jedoch bislang kein verdächtiges Tier entdecken. Zum Zustand der am Mittag stark blutenden Seniorin ist bis Dienstagabend nichts Neues bekannt geworden.
In den vergangenen Wochen und Monaten hatte es auf Mallorca Berichte über aggressive Manta-Rochen und Bandbrassen oder Geissbrassen gegeben. Die mutmaßlichen Bisse der kleinen Brassen sind allerdings eher harmlos. Vermutet wurde dabei auch ein Zusammenhang mit den derzeit übermäßig warmen Wassertemperaturen von mehr als 30 Grad rund um die Insel. Im Übrigen wird nun auch ein Blaubarsch ("Bluefish") mit seinem kräftigen Kiefer als möglicher Übeltäter gehandelt. Diese Raubfische suchen im Sommer jedoch bevorzugt kühleres Wasser auf und meiden die unmittelbare Strandnähe.