Nach Einbruch: Angst quält die Opfer

34-Jähriger nach Einbruchserie vor Gericht: Betroffene berichten

Nach Einbruch: Angst quält die Opfer

Von Andrea Wüstholz

WAIBLINGEN/STUTTGART. Gut zweieinhalb Jahre nach den Einbrüchen trauen sich die Betroffenen noch immer nicht allein im Dunkeln auf die Straße: Die psychischen Folgen eines Einbruchs wiegen meist schwerer als der Verlust von Wertgegenständen.

„Das ist ein richtiges Trauma für sie.“ Seine Frau leide noch immer, berichtete ein 68-Jähriger aus Remshalden am Donnerstag im Zeugenstand vor dem Stuttgarter Landgericht. Dort muss sich seit dieser Woche ein 34-jähriger Familienvater aus Serbien verantworten. Er wird beschuldigt, an einer Einbruchserie im Rems-Murr-Kreis im Frühjahr 2017 beteiligt gewesen zu sein. Zwei Männer wurden deshalb bereits rechtskräftig verurteilt; nun sitzt der mutmaßlich Dritte im Bunde auf der Anklagebank. Seiner Aussage nach hat der Mann mit den Einbrüchen nichts zu tun.

„Ich habe die volle Wut eigentlich“, sagte der 68-Jährige aus Remshalden, der am Donnerstag als Zeuge geladen war. Die Sache wird jetzt erst verhandelt, weil der Serbe erst im April dieses Jahres festgenommen werden konnte. Nun „ist alles wieder hochgekommen. Die Angst ist immer da“, so der Rentner. Ihn und seine Frau hat der Einbruch am 30. März 2017 auch materiell sehr hart getroffen: Es wurden Schmuckstücke im Wert von vielen Tausend Euro gestohlen, darunter von einem Verwandten angefertigte Unikate. Die Versicherung zahlte laut dem Betroffenen nicht, weil es keine Nachweise gab, dass Einbrecher gewaltsam in das Haus eingestiegen wären. Die Täter waren damals offenbar über ein Toilettenfenster ins Haus gelangt, das nur angelehnt gewesen war.

Bei einer anderen Familie in Remshalden wurde am selben Tag vor gut zweieinhalb Jahren ebenfalls eingebrochen. Als der 48-jährige Bewohner am Abend nach Hause kam, bot sich ihm ein Bild der Verwüstung. Schränke waren durchwühlt und standen offen, die Terrassentür war aufgebrochen, der Schmuck war weg. Ein Erbstück, die Uhr seines Vaters, hatte vielleicht keinen hohen materiellen Wert – aber „sie hatte ideellen Wert für mich“, sagte der Mann als Zeuge vor Gericht.

Phantombild spielt vermutlich noch eine entscheidende Rolle

Eine Betroffene aus Backnang berichtete vom Verlust der goldenen Eheringe ihrer Großeltern; außerdem fehlte eine Vielzahl von Schmuckstücken. Bei ihr waren die Täter übers Badfenster eingestiegen; der Sachschaden belief sich auf mehr als 2200 Euro. Die Versicherung habe bezahlt, aber „ich habe lange nicht schlafen können“, berichtete die Frau.

Eine Vielzahl von Zeugen wird in diesem Verfahren gehört. Am Donnerstag befragte die Kammer mehrere Polizeibeamte sowie einen Anwohner aus Backnang. Der Mann hatte damals beobachtet, wie ein roter BMW älteren Baujahres in der 30er-Zone sehr schnell heranfuhr und wie zwei Personen einstiegen: „Die hatten es richtig eilig.“

Es dürfte genau dieses Auto gewesen sein, das kurze Zeit später zwischen der Spritnase in Backnang und Maubach einer Polizistin auffiel. Beamte hatten dort eine Geschwindigkeitskontrolle installiert. Der Polizistin fiel auf, dass die Personen im BMW sie „ganz verschrocken“ angeschaut hätten. Doch die Polizei hielt den Wagen nicht an; der Fahrer war nicht zu schnell unterwegs gewesen.

Vermutlich spielt ein Phantombild in diesem Prozess noch eine entscheidende Rolle: Nach einem Einbruch in Backnang Mitte April 2017 waren einem Ehepaar zwei Männer begegnet. Gleich darauf stellte das Ehepaar fest, dass Einbrecher über ihr Schlafzimmer ins Haus eingestiegen waren. Ein Polizist, der am Donnerstag ebenfalls als Zeuge aussagte, bat die Frau, noch am selben Tag einem Phantombildzeichner ihre Eindrücke nach der Begegnung mit den Männern zu schildern.

Nach Fingerabdrücken suchte unterdessen ein Kommissar vergeblich. Innerhalb weniger Tage sicherte er in fünf Objekten die Spuren nach Einbrüchen. Die Täter waren offenbar überall mit Handschuhen zugange gewesen. An Zigarettenkippen an Tatorten ließ sich keine menschliche DNA nachweisen. Akribisch analysiert wurden ferner die Spuren an aufgehebelten Fenstern und Türen. Dort nehmen Kriminaltechniker Abformungen vor, anhand derer man beim Landeskriminalamt Einbruchwerkzeuge zuzuordnen versucht. Für das Verfahren sind noch vier weitere Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil fällt voraussichtlich am 7. Januar.