Nachbarschaftsstreit in Althütte endet vor dem Backnanger Amtsgericht

Ein 81-Jähriger aus Althütte soll mit einem Stock seinen Nachbarn geschlagen haben. Zunächst widerspricht er, nimmt den Einspruch dann aber zurück.

Nachbarschaftsstreit in Althütte endet vor dem Backnanger Amtsgericht

Der Richter am Amtsgericht Backnang riet dem Angeklagten dazu, den Einspruch gegen den Strafbefehl zurückzuziehen. Archivfoto: Edgar Layher

Von Kristin Doberer

Backnang/Althütte. Seit über zwölf Jahren herrscht dicke Luft zwischen zwei benachbarten Ehepaaren in Althütte. Beide werfen sich gegenseitig Beleidigungen vor, immer wieder kam es zu Streit. Körperliche Aggressionen allerdings habe es nie gegeben, zumindest bis zum 24. September 2022. An diesen Tag soll der 81-jährige Angeklagte mit einem Stock in Richtung des Kopfs des 79 Jahre alten Nachbarn geschlagen haben. Dieser habe den Stock mit seiner linken Hand abgewehrt und sich dabei verletzt. Deshalb muss sich der 81-Jährige wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Backnang verantworten. Klar ist – das zeigen Daten aus dem Krankenhaus sowie anschließende Arztbesuche des 79-Jährigen –, die Verletzung an der Hand hat es gegeben. Abschürfungen am kleinen Finger und dem Ringfinger sowie eine Schwellung an der linken Hand. Wie es zu diesem Verletzungen gekommen ist, dazu erzählen die beiden Streitparteien vor Gericht ganz unterschiedliche Geschichten.

„Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht mit ihm reden wil“

„Zu einem Schlag ist es nie gekommen“, meint der 81-jährige Angeklagte, der Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt hat. Er schildert die Vorkommnisse wie folgt: An dem Vormittag im September sei er in seinem Garten gewesen, um die Einbindung von mehreren Thujabäumen zu entfernen. Dafür habe er einen Stock aus dem Boden gezogen, den er noch in der Hand hielt, als sein Nachbar dazukam, „wie immer Beschimpfungen zeternd, wie immer Streit suchend“. Der 81-Jährige meint, dass er sich nicht auf den Streit einlassen wollte und zurück zum Haus gegangen sei. „Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht mit ihm reden will und habe ihn stehen gelassen“, meint der Angeklagte vor Gericht. Er habe weder gesehen, wie sich sein Nachbar die Verletzung an der Hand zugezogen hatte noch wie dieser anschließend zu Boden gegangen war. Ob es Drohgebärden gegeben hatte, wollte der Richter wissen. „Ich hatte den Stecken halt noch in der Hand“, sagt der 81-Jährige auf die Nachfrage aus. „Vielleicht habe ich ihn etwas hochgehoben und gesagt, er soll verschwinden.“ Zugeschlagen habe er aber nie, dafür sei er viel zu weit entfernt von seinem Nachbarn gestanden.

Die Verletzung an der Hand wurde im Krankenhaus behandelt

Ganz anders stellt der Nachbar das Geschehen dar. Er sei an dem Vormittag auf den 81-Jährigen zugegangen, weil dieser seine Familie „Psychopathen“ genannt haben soll, das habe ihm seine Frau erzählt. Als er das Gespräch gesucht habe – was genau er selbst gesagt hat, wisse er nicht mehr – sei der 81-Jährige „wutentbrannt mit dem Stock hinter der Hecke hervorgesprungen“ und habe versucht, ihn auf den Kopf zu schlagen. Mit der linken Hand habe er den Stock abgewehrt, sich dabei aber verletzt. Der Angreifer sei sogleich wieder verschwunden, „wie bei einer Kuckucksuhr“, meint der 79-Jährige. Der Schmerz durch den Schlag sei so schlimm gewesen, dass ihm schlecht und schwindlig geworden sei. Deswegen habe er sich an der Grundstücksecke auf die Straße gesetzt. Dabei habe er sich weder irgendwo abgestützt, noch sei er auf die Straße gestürzt, beteuert der 79-Jährige auf Nachfrage des Richters, der herausfinden wollte, ob es noch andere Ursachen für die Verletzung gegeben haben könnte. Dass der Verletzte sich sehr langsam abgelegt hatte, das bestätigt auch die Ehefrau des Angeklagten im Zeugenstand, die aufgrund von „Geschrei des Nachbarn“ aus dem Fenster geschaut habe. Ihr Mann sei zu dem Zeitpunkt, als der Nachbar „Aua“ gerufen habe, schon ein Stück entfernt und Richtung Haus unterwegs gewesen. Die Frau des Verletzten rief einen Krankenwagen, der ihn mit ins Krankenhaus nahm.

Die Stimmung unter den Nachbarn ist seit Jahren gereizt

Was beide Streitparteien ebenso wie deren Ehefrauen nicht bestreiten: Die Stimmung unter den Nachbarn ist seit Jahren gereizt. Bei den Auslösern für diesen Streit allerdings gibt es wieder unterschiedliche Geschichten. So meint der 79-Jährige, seine Nachbarn seien charakterlich schlechte Menschen und begründet das unter anderem damit, dass der Nachbar zu seiner Frau gesagt habe, sie gehöre „schon längst unter die Erde“. Laut dem Angeklagten hingegen seien die Nachbarn schon seit Jahren misstrauisch. „Sie dachten immer, wir reden über sie“, so der Angeklagte. Aber auch kleinere Vorfälle habe es über die Jahre gegeben. Schon das Schneiden von Löwenzahn an der Grundstücksgrenze führte zu Diskussionen und Streit. „Wir sind irgendwann gar nicht mehr in den Garten gegangen“, so der 81-Jährige. Auch deshalb ist das Paar nun nach Backnang umgezogen. Man habe „die Nase gestrichen voll“. Der Angeklagte nämlich, der keine Vorstrafen hat, ist sich sicher: „Der wollte mich reinreiten.“

Da es die Verletzung auf jeden Fall gegeben hat und eine offensichtlich andere Ursache, wie zum Beispiel ein Sturz, nicht bekannt wurde, riet der Richter dem Angeklagten dazu, den Einspruch gegen den Strafbefehl zurückzuziehen. Diesem Rat kam der 81-Jährige auch nach, wenn auch widerwillig. Er muss nun auch die Kosten der Verhandlung tragen. „Dann können Sie einen Schlussstrich ziehen“, meint der Richter und wünscht dem Paar mehr Harmonie in der neuen Nachbarschaft.