Narren in Unterweissach starten mit einer Taufe in die Saison

Nach fünf Jahren ohne diese feuchtfröhliche Veranstaltung vor dem Rathaus baden jetzt wieder zwei Täuflinge im Schlammwasser. Und Bürgermeister Daniel Bogner muss trotz tapferer Gegenwehr seinen Amtssitz übergeben. Bis Aschermittwoch regieren nun die Narren.

Narren in Unterweissach starten mit einer Taufe in die Saison

...vor dem Rathaus in Unterweissach die kalte Frischwasserdusche, bei der Daniel Bogner (rechts) tatkräftig mithalf und auch seinen Spaß hatte. Fotos: Tobias Sellmaier

Von Simone Schneider-Seebeck

Weissach im Tal. „Jetzt grinst er noch, mal sehen, ob er nachher auch noch was zu lachen hat“, gab sich Heike Strohmaier, die ehemalige Vorständin und erfahrene Moderatorin des Unterweissacher Carnevals-Clubs (UCC), kampfeslustig. Noch blickte an diesem ausgesprochen schattigen Samstag der Bürgermeister frohgemut aus dem Fenster seines Amtssitzes. Doch das sollte nicht lange so bleiben.

Dabei hatte es eigentlich ganz freundlich angefangen. „Ganz herzlich begrüße ich natürlich zuerst den neuen Bürgermeister von Unterweissach“, gab sich die Narrenqueen zunächst harmlos. Doch schon allein die Menge an Narren, die sich vor dem Rathaus in Unterweissach versammelt hatten, hätte stutzig machen sollen. Neben dem heimischen UCC waren der Backnanger Karnevals-Club, die Reichenberger Burghexen, die 1. Narrenzunft Auenwald, die Murreder Henderwäldler und die Karnevalsvereine aus Murr und Sulzbach angereist. Sogar aus Bayern war Verstärkung angerückt mit dem Retzbacher Carneval-Club.

Ganz in ehrbares Schwarz gewandet, ergriff nach einer musikalischen Einlage der Rotachgugga aus Wört wieder die Narrenqueen das Wort. „Nachdem mich mein Horst verlassen hat, hab ich mir gedacht, jetzt muss ich mich nach einem anderen umgucken“, so Strohmaier. Und was liegt näher, als sich nach was Jüngerem umzuschauen? „Denn alt werden sie von ganz allein“, so ihr Fazit. Da käme doch so ein junger Bürgermeister ganz gelegen. Sein Argument, dass er verlobt sei, ließ sie dabei nicht gelten: „Das ist praktisch so, als wenn ich in den Laden gehe und mir einen Kochtopf angucke, den aber dann doch nicht kaufe, weil ich mir denke, dass ich woanders vielleicht doch was Besseres finde.“

Weissacher Narren können Unkraut von Blumen wohl unterscheiden

Eisern widerstand Bogner den Avancen, selbst die Aussicht auf warme Socken und eine kuschelige Decke konnte ihn nicht umstimmen. Tapfer konterte er jeden Einwurf der kampfeslustigen Narrenqueen. Sparen sei das Gebot der Stunde, das gelte vor allem in Zeiten der Energiekrise. Doch Heike Strohmaier ließ nicht locker. Bepflanzung der Blumenkästen, die wenig Wasser braucht und kaum Pflege? „Man gibt dem Kind einen neuen Namen und schon ist alles im Reinen. Ihr glaubt wohl, ihr könnt uns ein Unkraut für eine Blume vormachen“, konterte sie messerscharf.

Doch der Rathauschef ließ sich nicht unterkriegen. Keinerlei Steuergelder steckten etwa in seinem Amtszimmer, alles sei beim Alten geblieben, bis auf die Uhr – mit BVB-Logo. „Ha, der traut sich was“, so der Kommentar.

Bürgermeister Daniel Bogner musste zugeben, dass noch nicht alles rund laufe

Auch dass der VfB-Verächter sich lediglich ein Dienstfahrrad geleistet habe, stimmte die Narrenqueen nicht versöhnlich. Einen wunden Punkt sprach sie mit der Digitalisierung der Gemeinde an. Und da bröckelte langsam der Widerstand des Rathauschefs. Dass noch nicht alles rundlaufe, musste er schließlich doch zugeben. „Große Worte und nichts dahinter“, so die Kontrahentin, richten müssten schließlich doch alles die kleinen Bürger.

Immerhin konnte sich Daniel Bogner dann mit den Plänen für das laufende Jahr etwas verteidigen: die Anlage des naturnahen Wasserspielplatzes, Außenanlage und Spielgeräte für das neue Kinderhaus, Sanierung der Talstraße in Oberweissach, Umbau und Erweiterung des Feuerwehrgerätehauses im Aichholzhof, barrierefreier Umbau des historischen Rathauses, „damit“, so viel Gehässigkeit musste sein, „dann auch endlich Personen in deinem Alter, liebe Narrenqueen, ins Rathaus kommen können“.

Doch ach, alles nutzte nichts, denn „ein elementares Bauprojekt“ habe er in seiner Aufzählung vergessen, nämlich das Vereinsheim des UCC. Und daher genug des Geplänkels – bis eine befriedigende Lösung gefunden sei, suche man sich eben auf eigene Faust eine Bleibe. „Er hat es nicht anders gewollt! Er gibt uns keinen eigenen Raum! Dann nehmen wir uns halt das ganze Rathaus!“ Da blieb denn doch nichts anderes übrig, als die weiße Flagge zu hissen und den Rathausschlüssel an die resolute Narrenqueen zu übergeben.

Dem Schlammbad und der kalten Dusche folgte noch ein Sprung übers Feuer

Der nächste Höhepunkt des doch empfindlich frischen Samstagabends folgte sogleich – die Taufe zweier Närrinnen. Noch einmal wurde der nicht gerade einladend wirkende Schlamm aufgerührt, dann die beiden Damen vor die Wanne gezerrt. Doch auch ihr Widerstand half nichts. „Lehm und Wasser sollen weihen die Toren“, so Heike Strohmaier. Und ab ging es in den Lehm. Von dem hatten zumindest auch die Umstehenden etwas, durch das heftige Gestrampel von Carmen Leix und Stephanie Zwickel regnete es braune Brühe, von der auch der Bürgermeister nicht verschont blieb. Eine kalte Dusche, ein Sprung übers Feuer und die Taufe war überstanden. Geschenke gab es von den Taufpaten, den Rotachgugga bei Stephanie Zwickel, den Murrhardtern bei Carmen Leix.

Und mit einem kräftigen „Lasse mers kracha!“ lud Strohmaier zur anschließenden Party ins Bürgerhaus ein.