Nervenkrieg bei der Lufthansa - Ufo kämpft ums Überleben

dpa Frankfurt/Main. Die Gewerkschaft Ufo hat Flugbegleiter-Streiks bei Lufthansa und Eurowings angekündigt, kommt bei der Umsetzung aber nicht voran. Es geht um viel mehr als um Lohnprozente oder neue Überstundenregeln.

Nervenkrieg bei der Lufthansa - Ufo kämpft ums Überleben

Flugbegleiter von Lufthansa-Töchtern Eurowings und Germanwings stehen mit Fahnen der Gewerkschaft UFO (Unabhängige Flugbegleiter Organisation) bei einer Kundgebung vor der Unternehmenszentrale. Foto: Oliver Berg

In diesem Sommer werden die Flugbegleiter der Lufthansa und ihrer Tochter Eurowings wohl nicht mehr streiken. Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo will sich nach den Worten ihres Vize-Vorsitzenden Daniel Flohr bei den Vorbereitungen möglicher Arbeitskämpfe mehr Zeit nehmen.

Urabstimmungen werden verschoben und zudem mit längeren Entscheidungsfristen für die Mitglieder geplant, so dass Streiks vor September nahezu ausgeschlossen scheinen. Bei der Muttergesellschaft Lufthansa ist ein Streikzeitpunkt noch völlig unabsehbar.

Dabei steht viel mehr in Frage, ob die Ufo überhaupt noch umfassende Kabinenstreiks wie im November 2015 bei der Lufthansa auf die Beine stellen kann. In den vergangenen Monaten hat die schnell gewachsene Gewerkschaft vieles getan, um sich selbst zu schwächen. Vorstände überzogen sich gegenseitig mit Untreue- und Korruptionsvorwürfen, zwei Staatsanwaltschaften ermitteln und letztlich zerlegte sich der Vorstand komplett. Der langjährige Vorsitzende und wortgewandte „Mr.Ufo“, Nicoley Baublies, reichte mit drei weiteren Vorständen seinen Rücktritt ein. Zurück blieb ein Rumpfvorstand mit drei Köpfen, der nun die Gewerkschaft vor dem Zerfall retten muss.

Der Lufthansa-Konzern hat im Umgang mit dem angeschlagenen Tarifpartner harte Bandagen angelegt und einen juristischen Kleinkrieg angezettelt. So wurden in einem aufwendigen Verfahren die Freistellungen und Gehaltszahlungen an Ufo-Funktionäre überprüft, die bei der Lufthansa angestellt waren. Einzelne Ufo-Vorstände sahen sich auf einmal mit Forderungen nahe der Millionen-Euro-Grenze konfrontiert, schließlich wurde auch die Vertretungsbefugnis der Vorstände bezweifelt.

Selbst einen vermeintlich banalen Vorgang wie die fristgerechte Kündigung laufender Tarifverträge durch die Ufo will Lufthansa nicht mehr akzeptieren, weil die Vorstände nicht rechtmäßig im Amt seien. Für diese Sicht spricht offenbar Einiges: Vor den hessischen Arbeitsgerichten scheiterte Ufo in zwei Instanzen bei dem Versuch, die Lufthansa per einstweiliger Verfügung zu zwingen, die Kündigungen anzuerkennen. Das Hauptsacheverfahren steht noch aus.

An diesem Mittwoch ist ein Ultimatum der Ufo verstrichen, mit dem sie Lufthansa zu vierwöchigen Verhandlungen über alle offenen Fragen bewegen wollte - wieder einmal folgenlos. „Derzeit ist für uns nicht erkennbar, wann und wie Ufo ihrer Rolle als berechenbarer, konstruktiver Tarifpartner wieder gerecht werden kann. Daher finden aktuell keine Gespräche statt“, beschied Lufthansa vor Tagen kühl.

In einer internen Botschaft an die Mitarbeiter gibt sich das Unternehmen besorgt: Im Management gebe es eine „ehrliche Betroffenheit, dass der Tarifpartner sich aus wirtschaftlichen und juristischen Gründen sowie durch Mitgliederschwund und zusammenstürzende Gremien zunehmend auflöst.“ Bei der Ufo hält man solche Äußerungen für ausgemachte Krokodilstränen. Möglicherweise solle die Ufo sogar vernichtet werden, mutmaßt ein Funktionär.

Als Alternative zur Ufo stünden mindestens die Verdi, vielleicht auch die einst von Baublies ins Leben gerufene Industriegewerkschaft Luftverkehr (IGL), bereit. Bei Eurowings rangeln Verdi und Ufo schon seit Jahren um die gewerkschaftliche Vormachtstellung. Die Schwäche der Konkurrenz will man bei der DGB-Gewerkschaft eigentlich nicht kommentieren, doch deutliche Risse zwischen den ohnehin nicht befreundeten Lagern zeigten sich bei der Dortmunder Luftfahrtgesellschaft Walter (LGW), die mit Propellermaschinen kurze Strecken für die Eurowings fliegt.

Als Ufo im Juni überraschend den Abschluss eines Tarifvertrags bei der Zeitfracht-Tochter vermeldete, schäumte Verdi-Verhandlungsführer Volker Nüsse und sprach von einem „Gefälligkeits-Tarifvertrag“, der für viele Beschäftigte Verschlechterungen bringe. Der Verdi-Mann sieht die Konkurrenz im Sturzflug: „Die Ufo instrumentalisiert nach Korruptionsvorwürfen und internen Machtkämpfen die Flugbegleiter der LGW, um noch einen Rest-Anschein als Gewerkschaft zu wahren.“

Ohnehin sieht sich Verdi bei der LGW in der Mehrheit und hat erneute Verhandlungen mit der Geschäftsführung durchgesetzt, um das Ufo-Papier überflüssig zu machen. Das könnte auch bei den größeren Lufthansa-Teilgesellschaften inklusive des Mutterkonzerns geschehen - das Ende der Ufo als Gewerkschaft ohne Streikmacht und gültige Tarifverträge käme näher.