Kitas dicht, Wahlkampf erlaubt: Neue Regeln im Südwesten

dpa/lsw Stuttgart. Im Kampf gegen die Corona-Pandemie haben Bund und Länder eine härtere Gangart vereinbart. Jedes Bundesland setzt die Beschlüsse aber nach eigenem Gutdünken um. Wie das in Baden-Württemberg ab Montag aussehen soll, wurde peu à peu verkündet. Nun liegt das neue Regelwerk vor.

Kitas dicht, Wahlkampf erlaubt: Neue Regeln im Südwesten

Zwei Passantinnen in der Heilbronner Fußgängerzone hinter einem Maskenpflicht-Hinweisschild. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild

Nachts Wahlplakate kleben: erlaubt. Kinder in die Kita schicken: nur im Notfall. Demonstrieren gehen: möglich. Klamotten shoppen: im Laden fast unmöglich. Das Kabinett hat die neue Corona-Verordnung für Baden-Württemberg beschlossen. Die darin enthaltenen Regeln zur Eindämmung der Pandemie gelten größtenteils ab diesem Montag, wie die Landesregierung mitteilte.

Baden-Württemberg setzt damit überwiegend die Beschlüsse von Bund und Ländern vom Dienstag um. Abweichungen wie eine mögliche Öffnung von Grundschulen und Kitas ab dem 18. Januar - abhängig vom weiteren Infektionsgeschehen - waren schon bekanntgegeben worden. Die Regierung hat zudem eine Liste mit Einrichtungen und Aktivitäten veröffentlicht, die ab Montag geöffnet beziehungsweise erlaubt bleiben - und was verboten oder geschlossen ist. Die Regelungen gelten zunächst bis einschließlich 31. Januar. Eine Auswahl:

KONTAKTBESCHRÄNKUNGEN: Private Treffen von Mitgliedern eines Haushalts sind nur mit einer anderen Person erlaubt - egal ob zu Hause oder in der Öffentlichkeit. Kinder der beiden Haushalte unter 15 Jahre werden nicht mitgezählt. „Dabei ist dringendst empfohlen, feste „Haushaltspartnerschaften“ zu bilden und sich möglichst nur mit diesem einen weiteren Haushalt zu treffen und nicht heute mit Haushalt A, dann mit Haushalt B und am nächsten Tag mit Haushalt C.“ Kinder aus maximal zwei Haushalten dürfen in einer festen, familiär oder nachbarschaftlich organisierten Gemeinschaft betreut werden.

AUSGANGSBESCHRÄNKUNGEN: Weiterhin gilt im Südwesten, dass Menschen nur mit sogenannten triftigen Gründen das Haus verlassen dürfen. Als solche gelten zum Beispiel der Weg zur Arbeit oder ein Arztbesuch. Auch mit dem Hund darf man Gassi gehen. Tagsüber - definiert als die Zeit von 5.00 bis 20.00 Uhr - sind unter anderem auch Einkäufe und Behördengänge erlaubt. Nachts ist die Auswahl schmaler: dann gelten als Grund etwa noch religiöse Veranstaltungen oder - zwei Monate vor der Landtagswahl - Wahlkampfaktivitäten wie das Verteilen von Flyern.

SCHULEN & KITAS: Kitas bleiben geschlossen, gelernt wird zu Hause. Am Donnerstag will die Regierung entscheiden, ob Kitas und Grundschulen angesichts der dann herrschenden Corona-Lage ab dem 18. Januar öffnen können. Alle weiterführenden Schulen bleiben bis Ende Januar geschlossen. Sonderregeln für Präsenzunterricht der Abschlussklassen sind möglich. Auch Notbetreuungen werden eingerichtet.

EINKAUFEN: Geöffnet bleiben weiterhin nur Geschäfte mit Produkten für den täglichen Bedarf wie Lebensmittel, Hygieneartikel und Tierfutter. Auch Banken, Hörgeräteakustiker, Autowerkstätten und Waschsalons stehen auf der Ausnahmeliste. Alle anderen Läden wie Modeboutiquen bleiben geschlossen, dürfen Waren nun aber mittels Lieferdiensten und Abholangeboten (Click & Collect) an die Kundschaft bringen.

DIENSTLEISTUNGEN: Friseure, Masseure, Tätowierer, Piercer und Prostituierte dürfen ihre Dienste weiterhin nicht anbieten. Auch Sonnen- und Kosmetikstudios bleiben geschlossen. Öffnen dürfen hingegen medizinisch notwendige Angebote (auch ohne Rezept) wie Ergo- und Physiotherapie, Fußpflege/Podologie, Logopädie und Rehasport. Fahrschulen dürfen nur noch Online-Unterricht anbieten.

GASTRONOMIE: „Restaurants, Bars, Clubs und Kneipen aller Art bleiben geschlossen“, hat die Regierung beschlossen. Bis 20.00 Uhr darf man aber Essen abholen. Lieferangebote seitens der Restaurants bis zur Haustür sind auch danach erlaubt. Weiterhin gilt ein Verbot von Ausschank und Verzehr alkoholischer Getränke im öffentlichen Raum. Kantinen müssen überall dort schließen, „wo es die Arbeitsabläufe zulassen“. Angebote zum Mitnehmen sind jedoch erlaubt.

ARBEITEN: Treffen im dienstlichen Rahmen sind den Angaben zufolge genehmigt. Allerdings sollten Arbeitgeber - wann immer machbar - Homeoffice ermöglichen. Ferner gelten in Büros und Betrieben Regeln wie eine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, wenn ein Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann.

VERANSTALTUNGEN: Zusammenkünfte und Veranstaltungen im öffentlichen Raum sind per se erst einmal verboten. Zu den Ausnahmen zählen hier unter anderem Demonstrationen, Hochzeiten, Betriebsversammlungen oder Gerichtsverhandlungen. Auch Gottesdienste und Beerdigungen sind unter Hygieneauflagen möglich. Gemeinsam gesungen werden darf aber nicht.

FREIZEIT: „Sport entweder alleine, zu zweit oder mit den Angehörigen des eigenen Haushalts im öffentlichen Raum sowie auf öffentlichen oder privaten weitläufigen Sportanlagen oder -stätten im Freien erlaubt“, heißt es von der Regierung. Skilifte und Schwimmhallen etwa müssen geschlossen bleiben. Golfplätze und Reitanlagen im Freien dürfen öffnen. Auf Spielplätzen im Freien darf getobt werden. Wandern und Spazieren sind auch erlaubt. Kultur- und Freizeiteinrichtungen wie Kinos, Zoos, Theater und Museen hingegen bleiben zu.

REISEN: Die Landesregierung appelliert an die Menschen, auf private Reisen sowie Ausflüge zu touristischen Zielen zu verzichten. Zuletzt hatten vor allem beliebte Wintersportgebiete massenhaft Publikum angezogen - was neben Verkehrsproblemen vor allem zahlreiche Verstöße gegen die Corona-Regeln mit sich brachte. Die Behörden wollen dem mit verstärkten Kontrollen und Zugangsbeschränkungen vorbeugen. Generell verboten bleiben touristische Busreisen und Übernachtungsangebote. Weiterhin möglich sind Geschäftsreisen sowie Reisen und Übernachten „in besonderen Härtefällen“, wie es in den Regularien heißt.

AUSNAHME BEI 15-KILOMETER-REGEL: Bund und Länder hatten eigentlich beschlossen, dass in Landkreisen mit mehr als 200 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche sich Menschen ohne triftigen Grund nicht mehr als 15 Kilometer vom Wohnort entfernen sollen. Baden-Württemberg setzt diese Regel aber nicht um, weil sie nach Auffassung der Landesregierung nicht den gewünschten Effekt erreicht. Solche Hotspots lagen zuletzt vor allem in der Region Pforzheim.

Innenminister Thomas Strobl (CDU) hatte am Freitag bekanntgegeben, dass die Polizei in Baden-Württemberg seit Beginn des Lockdowns im November mehr als 116 000 Verstöße gegen die Corona-Verordnung festgestellt hat. Gegen die seit 16. Dezember geltenden Ausgangsbeschränkungen hätten Menschen rund 11 500 Mal verstoßen.